Pantomimekünstler Carlos Martìnez
«Ich war schon immer fasziniert von der Bibel»
Der Pantomime Künstler Carlos Martínez feiert 2022 sein 40-jähriges Bühnenjubiläum und ist zu diesem Anlass mit seinem neuen Programm «Vitamimo» im Rahmen einer Europa-Tournee auch wieder in Deutschland und der Schweiz zu sehen.
Schwarz gekleidet, mit weissen Handschuhen, das Gesicht weiss geschminkt und ein leuchtend roter Mund – in der Figur des klassischen Pantomimen erzählt Carlos Martínez Geschichten ohne Worte, allein mit Mimik, Gestik und Körperhaltung. Die Stille ist sein Metier – seit 40 Jahren: Konzentriert auf das Wesentliche und ohne jeden Schnickschnack lässt er im dunklen Bühnenraum seine Erzählungen zum Leben erwachen.
Mit seinen von ihm selbst entwickelten Vorstellungen mit menschlichen Geschichten möchte Martínez erreichen, dass «sich die Leute wiedererkennen». Anfang der 2000er Jahre machte der Pantomime biblische Geschichten zum Thema seiner Aufführungen. Das Programm « Meine Bibel» , das im ganzen deutschsprachigen Raum in unzähligen Kirchengemeinden gezeigt wurde, bietet einen frischen Zugang zu den «alten» Geschichten und fand grosse Begeisterung.
Mit Preis gekürt
Im Interview mit Bibel TV sprach Carlos Martínez im Herbst 2020 über seine Beweggründe für die künstlerische Auseinandersetzung mit biblischen Inhalten. Zum Programmnamen «Meine Bibel» habe ihn einst seine Mutter inspiriert, die morgens häufig die Frage stellte: «Carlos, wo ist meine Bibel?» Zu seiner Motivation für dieses Programm, in dem er unter anderem Noah, Abraham und die Schöpfungsgeschichte spielt und für das er 2002 in Deutschland mit dem Preis der ökumenischen Stiftung Bibel und Kultur ausgezeichnet wurde, erklärte Martínez: «Ich war schon immer fasziniert von der Bibel.»
In der Schöpfungsgeschichte spielt er sogar Gott, wie dieser die Welt erschafft. Zu seinen anfänglichen Befürchtungen sagte er gegenüber Bibel TV: «Als ich es das erste Mal vorführte, dachte ich, die Kirchen bringen mich um. Ich stelle schliesslich Gott dar.»
Diese Furcht war jedoch unbegründet, vielmehr nahm das Publikum sein Stück mit Begeisterung an, was wohl in erster Linie an der ehrfürchtigen Darstellungsweise des Künstlers lag. Dazu erklärte er: «Gottes Gefühle mit Respekt und Humor darzustellen, das berührt mich auch noch nach 700 Vorstellungen.»
Danach gefragt, warum er Bibelgeschichten spielt, erklärte Martínez: «Die Menschen sollen sehen können, dass die Bibel nicht lebensfremd ist.»
Auch kirchenferne Menschen erreicht
So ist es sein Ziel, den Menschen die Bibel näherzubringen, indem er sie menschlicher mache und das Ganze auch mit Humor verbinde.
Wie das christliche Internetportal jesus.de berichtet, erreicht Carlos Martínez mit seinen biblischen Pantomime-Geschichten auch Menschen, die sonst kaum etwas mit Gott am Hut haben. So habe ihn zum Beispiel eine Frau nach einer Aufführung gefragt, ob diese Geschichten in der Bibel stünden? Auf sein Ja habe sie gesagt: «Das schaue ich zu Hause in der Bibel von meinem Grossvater nach. Die mache ich sonst nie auf.»
Seit vierzig Jahren ist der 1955 in der spanischen Provinz Asturien geborene Pantomime mit seiner stillen Kunst nun auf den Bühnen der Welt zuhause. Er liess sich nicht dadurch beirren, dass viele den Niedergang der klassischen Pantomime vorausgesagt hatten: Bis heute erforscht er ihre Ausdrucksformen, verfeinert und vertieft sie, versorgt sie mit neuen Impulsen und lotet ihre Grenzen aus. In enger Zusammenarbeit mit seinem Team hat er in vier Jahrzehnten zehn abendfüllende Soloprogramme entwickelt und in ungezählten Auftritten auf kleinen und grossen Bühnen in Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika präsentiert.
Gemeinschaftsprojekte und Pantomime-Lehrer
Vielfältige gemeinschaftliche Projekte mit Künstlerinnen und Künstlern anderer Genres inspirieren ihn. Und ein Studium, abgeschlossen mit einer Masterarbeit über die Körpersprache im Theater, sorgt darüber hinaus für ein stabiles wissenschaftliches Fundament. Seine Expertise als Referent für Körpersprache und nonverbale Kommunikation ist auf der ganzen Welt gefragt, als Pantomime-Lehrer unterrichtet er Amateure und Profis. Die Grundlage von Carlos Martínez' Bühnenkunst ist eine vielgestaltige Ausbildung an Pantomimen- und Schauspielschulen, verbunden mit der tiefen Überzeugung, dass ein Künstler jeden Tag, bei jedem Artikel zum 40-jährigen Bühnenjubiläum Auftritt, ja sein ganzes Leben lang Neues hinzulernt. Mit hohem Trainingsaufwand, intensiver Körperarbeit und einem unbeirrten Feilen an Technik und Timing arbeitet Carlos Martínez stetig an seinen Fähigkeiten.
Seine Stücke erwachsen aus einer immensen Neugier auf all das, was das Leben ausmacht. Sie entstehen durch konzentrierte Wahrnehmung, akribische Beobachtung und ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, heisst «Pantomime» doch im Altgriechischen «alles nachahmend». Seine grosse Liebe zum Schauspiel, seine Begeisterung für den Auftritt vor Publikum und seine feinen Antennen für das Komische sorgen dafür, dass seine Performance trotz höchster Präzision immer spielerisch leicht daherkommt. Er ist ein Meister der Pointe, wenn er – schwupps – aus einem X ein U macht und mit einem kecken Zwinkern die Wirklichkeit kurzerhand auf links dreht.
Humor, Fantasie und Tragödien
Mit der Fantasie, Weisheit und visionären Kraft eines Künstlers schafft er aus der Stille Zeit und Raum. Carlos Martínez ist ein Menschenfreund, ein Humanist durch und durch, der bei jedem Auftritt den stillen Dialog und die gestische Zwiesprache mit seinem Publikum geniesst. Mit seiner für jedermann verständlichen universellen Kunst, die keine Übersetzung benötigt, greift dieser Poet der Stille seit 40 Jahren immer wieder auch allumfassende Themen auf, erzählt von Liebe und Hass, von Mut und Verzweiflung, von Versagen und Hoffnung, von Lüge und Ehrlichkeit, von Leben und Tod. Er wirbt für Respekt, er verteidigt die Menschenrechte, er demonstriert die Notwendigkeit eines sorgsamen Umgangs mit der Umwelt, und er zeigt immer wieder, wie viel auch ohne Worte gesagt werden kann – gerade in einer Welt, die immer lauter wird. Ein Auftritt von Carlos Martínez schafft Unrecht nicht ab, lässt die Tragödien des Lebens nicht vergessen und bringt die Welt nicht wieder ins Lot – aber man kann an einem solchen Abend Kraft schöpfen und Vertrauen in die Menschlichkeit gewinnen.
Sein 40-jähriges Bühnenjubiläum feiert Carlos Martínez mit dem Programm «Vitamimo». Im anspielungsreichen Titel stecken «Mimo», die spanische Kurzform für die Kunst der Pantomime, «Vitamine» als lebenswichtige organische Verbindungen und Nahrungsergänzung für die Seele, und natürlich «Vita», das Leben – ein Leben für die Pantomime.
Informationen zur aktuellen Tournee finden sich hier.
Zum Originalartikel bei promisglauben.de
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Autor: Markus Kosian
Quelle: promisglauben.de
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