Sänger und Songwriter Toni Kraus
«Ich hatte ein grosses Loch im Herzen!»
Toni Kraus (24) war bereits mit sechs Jahren als «klaane Flugficht» ein Star der Volksmusik. Nach teils stillen, teils dramatischen Jahren meldet sich der Künstler wieder zurück – mit neuer Tiefe, neuem Stil und geprägt vom Glauben an Jesus Christus.
Am Telefon meldet sich ein aufgeräumter und freundlicher junger Mann mit leichtem sächsischem Akzent. Im Gespräch erzählt er von seinen Highlights und Tiefpunkten als Mensch und Musiker. Es ist deutlich zu spüren: Hier möchte jemand ehrlich erzählen, was Sache ist – und sich nicht «instagrammable» ins rechte Licht setzen.
Ach, wie süss
Mit sechs Jahren hatte Toni seinen ersten richtigen Fernsehauftritt. Kindlich charmant begeisterte er als «klaane Flugficht» die Volksmusik-Fans. Er moderierte zusammen mit Florian Silbereisen und trat auch mit seinem Vater Thomas «Rups» Unger (Mitgründer der «Randfichten») auf. Damals hiess es einfach nur: «Wie süss.» Doch bis heute hält Toni fest: «Ich habe mir nie vorstellen können, etwas anderes zu machen als Musik.» Dabei hätte der studierte Medienmanager mit Schwerpunkt Journalismus auch andere Möglichkeiten gehabt. «Am Ende sollte man das machen, wo man sich wohlfühlt wie ein Fisch im Wasser – das ist bei mir in der Musik.» Die bedeutet für Toni mehr als Auftritte auf der Bühne; er schreibt auch für sein Leben gern Songs.
Zerrissene Kindheit
Tonis Kindheit und Jugend waren geprägt vom Erzgebirge, den Wäldern und der Natur. Er lacht: «Wir waren wohl die letzte Generation, die ohne Handy aufgewachsen ist.» Doch idyllisch war sein Leben nicht. Als er drei Jahre alt war, trennten sich seine Eltern. Und obwohl er zu beiden ein gutes Verhältnis hatte und noch hat, zerriss ihn die Frage aller Scheidungskinder: Ist das vielleicht meine Schuld? Er wusste ja, dass er «nicht geplant» war. Nie hatten seine Eltern ihm das vorgeworfen – Zweifel blieben trotzdem. Dazu kam, dass er im Gymnasium als Volksmusik-Star gemobbt wurde.
Pornosucht
Glaube spielte damals keine grosse Rolle in Tonis Familie. Nur sein Patenonkel Rainer betete für ihn und schenkte ihm auch eine Kinderbibel. Er leitete vor Ort eine Gruppe des Blauen Kreuzes und war einer der wenigen sichtbaren Christen für Toni. 2014 besuchte er eine Zeltevangelisation mit Lutz Scheufler. Der sprach das Thema Pornografie an: «Glaubt doch nicht, dass ihr irgendwann einmal heiratet und dann hat sich das Ganze von selbst erledigt: Nein. Ihr müsst euch davon trennen.»
Das war Tonis Thema. Längst wusste er, dass er abhängig von Pornografie war. An diesem Abend ging er zum Kreuz vor und sprach ein Übergabegebet. Die Auswirkungen waren jedoch gering. «Danach wurde es so richtig brenzlig.» Das sollte ersetzt werden durch: Er bekam Angst, dass seine Freundin ihn betrügen könnte und verliess sie. Dabei brachen seine alten Fragen wieder auf: «Bin ich nicht gut genug für sie?» Das wollte Toni von da an sich selbst und den Frauen beweisen. Frauengeschichten prägten die nächste Zeit. «Wenn ich darauf zurückblicke, schüttelt es mich heute.»
Wenn der Körper «Stopp!» ruft
Als Anfang 2020 der Corona-Lockdown kam, war eine normale Arbeit als Musiker nicht mehr möglich. Toni schrieb Texte, plante für die Zeit danach und überlegte, mit seiner damaligen Freundin zusammenzuziehen. Doch die Beziehung zu ihr ging sehr dramatisch auseinander. So wachte er am 13. Juli 2020 mit einer halbseitigen Gesichtslähmung auf. Die Ärzte fragten ihn, ob er gerade Stress hätte. «Oh ja – und nicht zu knapp.» Ihre Aussichten konnten Toni aber nicht beruhigen. Die Gesichtslähmung könnte irgendwann von selbst wieder verschwinden, sie könnte aber auch bleiben, war die Aussage. «Ich war entstellt. Ich konnte weder singen noch richtig reden. Ich konnte noch nicht einmal mehr mein Essen im Mund behalten.»
Wer könnte jetzt helfen?
Die Liste derjenigen, die in dieser Situation helfen könnten, war verschwindend kurz. Eigentlich fiel Toni nur Gott ein. Und er dachte direkt an sein Problem mit der Pornografie. «Vielleicht will Gott, dass ich mich jetzt mit meinen Dämonen auseinandersetze.»
Toni besorgte sich ein gutes Buch zum Thema und erfuhr, dass ein Ausstieg am ehesten möglich ist, wenn man Unterstützung durch eine Gruppe hat (zum Beispiel die Anonymen Sex- und Liebessüchtigen) und einen Rechenschaftspartner. Er nahm den Kampf auf und erneuerte seine Hinwendung zu Gott. Er suchte sich eine Gemeinde und begann, sein Leben nach der Bibel auszurichten. In der Leipziger «Zeal Church» fand er ein geistliches Zuhause. Dort liess er sich taufen und ist Teil des Worship-Teams. Übrigens: Auf dem Weg dorthin wurde er auch wieder gesund. Für Toni ist es völlig klar: «Gott hat mich geheilt.»
Neustart – auch musikalisch
Im Rückblick merkt Toni, wie hilfreich es war, sein Leben zu ordnen. Dabei halfen ihm die Bibel und eine Therapie genauso wie konkrete Wegbegleiter. Er entschuldigte sich bei Frauen, mit denen er zusammen war. Jetzt sieht er, dass er viele Dinge früher nur getan hatte, «um dieses grosse Loch in meinem Herzen zu füllen, um mir und anderen zu beweisen, was für ein Kerl ich bin – doch das hat nie funktioniert. Glücklich gemacht hat es mich erst, als Gott dieses Loch gefüllt hat.»
Seine Sehnsucht nach einer Partnerschaft hat er übrigens zum Thema seiner aktuellen Single «Mein Zuhause» gemacht. Darin erzählt er, dass er sich entschieden hat, auf die richtige Frau zu warten und bis dahin enthaltsam zu leben. Die meisten Fans freuen sich mit ihm, auch wenn einige es überzogen finden. Doch Toni möchte auch in Zukunft von dem singen, was ihn bewegt. «Sicher nicht nur Christliches, aber Gott wird einen grossen Raum in meinen Liedern behalten.»
Wie ein Leben ohne Pornografie gelingen kann, darüber informiert auch die Initiative Porno-frei.
Hören Sie sich hier das Lied «Mein Zuhause» an:
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Jesus.ch
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