Alkohol und Bulimie
«Die Welt ist hart und hässlich…»
Anne Lamott, Autorin von rund 20 Büchern, durchforstete die Literatur auf ihrer inneren Suche. Sie trank viel, litt unter Bulimie und lebte auf einem Hausboot. «Es war ein grosses Wunder, einen Gott zu finden, der mich einfach entzückend fand.»
«Ich war ein sehr ängstliches Kind», erinnert sich Anne Lamott. «In den fünfziger Jahren, als ich aufgewachsen bin, gab es ein Buch mit dem Titel 'The Overly Sensitive Child' ('Das übermässig sensible Kind'), das sich an Eltern richtete, die ein Kind hatten, das wirklich Traurigkeit empfand und sich bewusst war, wie sehr das Leben der Menschen beschädigt war.» Damals, in den 1950ern, habe es kein Bewusstsein für Gleichberechtigung gegeben, oder für das Recht der Frauen, ihre Gefühle zeigen zu dürfen.
«Frauen kamen zu uns nach Hause – einige von ihnen hatten Ehemänner, die sie misshandelten – sie kamen mit blauen Augen, und anscheinend waren sie alle die Treppe hinuntergefallen oder in einen Schrank gelaufen. Und so lernte ich, nicht zu sehen, was vor sich ging, weil es meine Eltern unglücklich machte.»
Sie lernte, dass es ihren Eltern Unbehagen und Scham bereitete, so sensibel zu sein und ihr Herz so offen zu zeigen. «Und so habe ich versucht, das abzuschotten. Als mir das nicht gelang, hatte ich das Gefühl, dass ich das Problem in der Familie war.» Ihre Eltern waren Atheisten, ein Grossvater war Missionar in Japan. «Aber ich habe immer den Weg zu christlichen Familien gefunden.»
Vom Tisch gewiesen …
In den fünfziger Jahren wurde man vom Tisch weggeschickt, ohne zu essen, wenn man andere Ansichten, schlechte Gefühle oder geheime Überzeugungen hatte. «Man ging auf sein Zimmer, ohne zu essen. So entwickelte ich auch noch eine Essstörung. Später, als ich sechzehn war, brach die Frauenbewegung aus, und ich begann zu verstehen, dass ich sagen konnte, was wahr ist, dass alle Frauen auf dem Recht bestehen konnten, traurig über das zu sein, was wir zu ertragen hatten oder was man über uns erzählt hatte. Wir durften wütend sein.»
Anne Lamott studierte Philosophie, brach das Studium aber nach zwei Jahren ab. «Aber ich begann, Sören Kierkegaard zu lesen. Er schreibt über Abraham und Isaak auf dem Berg, wo Abraham die Entscheidung getroffen hat, Isaak zu opfern, weil Gott es ihm aufgetragen hat. Er ist sich darüber im Klaren, dass er und seine Familie ohnehin dem Untergang geweiht sind, wenn er dem Wort Gottes und der Stimme Gottes nicht glaubt, so dass es keine Rolle spielt. Und so ist er bereit, diesen Glaubensschritt zu machen.» Rechtzeitig schreitet Gott dann ein…
Auch Anne Lamott machte diesen Glaubensschritt. «Ich dachte: 'Wenn ich mich nicht für Gott entscheide, bin ich sowieso verloren, die Welt ist hart und hässlich und isolierend und beschämend und wettbewerbsorientiert.' Das war der Tag, an dem meine Heilung begann.»
Eine aussergewöhnliche Begegnung
Sie durchforstete zahlreiche literarische Werke. Mit 31 lebte sie auf einem Hausboot in San Francisco Bay. «Ich war oft betrunken, bulimisch und krank. Eines Tages ging ich in die 'St.-Andrews-Presbyterian'-Gemeinde, wo ich immer noch hingehe. Und als ich diese schäbige, heruntergekommene Kirche mit dem Charlie-Brown-Weihnachtsbaum vor der Tür betrat, bekam ich diesen Anstoss vom Heiligen Geist. Ich hörte die Gospelmusik, die ich immer geliebt habe, und ich hörte die spirituellen Hymnen, mit denen ich aufgewachsen war, weil meine Familie die Weavers, Ronnie Gilbert und Pete Seeger liebte. Ich bin einfach hineingegangen und habe mich hingesetzt.»
Es sei eine kleine Gemeinde gewesen, vielleicht vierzig Leute – und es sind immer noch vierzig Leute. Zunächst war sie an den Predigten nicht interessiert und sobald diese begannen, ging Anne wieder. «Sie versuchten nicht, mich dazu zu bringen, mit ihnen die Bibel zu studieren. Sie brachten mir einfach Wasser, das Jesusmässigste von allem. Und ich kam immer wieder, bis ich schliesslich eines Tages spürte, wie Jesus mir nachging.» Sie entschied sich für ein Leben mit ihm.
Nüchtern geworden
Einige Zeit nach ihrer Hinwendung zu Jesus wurde sie nüchtern. «Und ich bin es geblieben, was wirklich ein Wunder ist. Ich wusste nicht, wie man richtig isst. Ich war rund 15 Kilos zu leicht. Ich hatte Herzprobleme als Folge meiner Bulimie und Anorexie. Ich hatte keine Selbstliebe. Es war also ein grosses Wunder, einen Gott zu finden, der mich einfach entzückend fand.»
Mit 35 wurde sie Mutter, sie hatte kein Geld und der Vater haute einfach ab. Als ihr Sohn Sam sieben war, kam der Vater zurück, um ihn abzuholen. «Sam wurde ebenfalls alkoholkrank und mit 19 wurde er selbst Vater. Doch das Wunder ist, dass er mit 22 clean wurde und blieb – er wurde ein wunderbarer Vater.»
Eine Stimme finden
Bereits früher wurde bei ihrem Vater Hirnkrebs diagnostiziert. «Er schrieb ein Buch darüber und ich ebenso. Und in meinem Buch habe ich auch über meine Sensibilität geschrieben. Die Leute liebten es. Und sie sagten: 'Das habe ich noch nie laut gesagt, doch ich fühle mich genau so. Ich bin so wütend auf meine Eltern, und ich liebe sie so sehr.'»
Ein weiteres Buch folgte, in dem sie erklärte, «dass man als sensibler Mensch manchmal die Augen zusammenkneift, um die Tränen zurückzuhalten, weil es anderen Menschen unangenehm ist, und dass man ein Gleichgewicht findet, bei dem man manchmal die Augen zusammenkneift und manchmal die Tränen mit anderen teilt. Wenn man wächst und reift.» Mehr und mehr entdeckte Anne Lamott, «dass ich als reifende Christin so bin, wie Gott mich geschaffen hat, nämlich wunderbar gemacht».
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Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Calling / gekürzte Übersetzung : Jesus.ch
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