Trost im Essen oder Hungern
Essstörungen während Pandemie dramatisch angestiegen
Seit der Pandemie ist die Zahl der Personen mit Essstörungen dramatisch angestiegen. Abbie Young kämpfte selbst jahrelang mit diesem Problem: Zunächst rang sie mit Übergewicht und später mit Magersucht. Heute hilft sie anderen durch ihre Mitarbeit bei der christlichen Coaching-Organisation «tastelife».
«Ich hatte seit der Grundschule Probleme mit dem Essen, als sich ein gesunder Appetit als kleines Kind in eine ungesunde Beziehung zum Essen und ein negatives Körperbild verwandelte», erinnert sich Abbie Young.
Als Teenagerin tat sie sich schwer, mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen. «Ich suchte Trost im Essen, was dazu führte, dass ich übergewichtig war und ein gefährlich niedriges Selbstwertgefühl hatte.»
Als sie älter und selbstbewusster wurde, versuchte sie, das Essen zu kontrollieren. «Ich probierte viele Diäten aus, was für eine Heranwachsende, die ihre Identität formt, ein gefährlicher Weg ist. Als ich 16 Jahre alt war, hungerte ich mich selbst aus und bekam Angst vor bestimmten Lebensmitteln, weil ich mich zu sehr an verschiedene Modediäten gewöhnt hatte. Dies zeigte sich in einem Kampf mit Magersucht. Es war schrecklich – Essstörungen rauben einem die Freude, überwältigen jeden Gedanken und hauchen einem ständig Lügen in den Kopf.»
Lüge wird zur zweiten Natur
Sie gewöhnte sich so sehr daran, besorgte Familienangehörige darüber zu belügen, was sie angeblich gegessen hatte, «dass es zur zweiten Natur wurde, eine tägliche Menge an Nahrungsmitteln aufzulisten, die ich in Wirklichkeit aber gar nicht zu mir genommen hatte.»
Nach ein paar Jahren des Kampfes hatte sie ein sehr niedriges Gewicht und reiste als 18-Jährige mit dem Rucksack durch Südostasien. «Meine Mutter besuchte mich in Thailand und aus irgendeinem Grund wurde ich enorm müde.»
Es sei gewesen, als ob ein Schalter umgelegt worden wäre. «Es fühlte sich an, als ob jede Mahlzeit, die ich jemals ausgelassen hatte, mit aller Macht auf mich zurückfiel. Ich konnte mich nun nicht vom Essen abhalten. Es war, als ob ein hungriges Monster in mir lebte, das nicht gestillt werden konnte. Die Scham- und Schuldgefühle waren alles verzehrend und ich fuhr schliesslich mit meiner Mutter nach Hause, um zu versuchen, mich zu bessern.»
Achterbahn … und Ausbruch
Die folgenden Jahre waren ein langsamer und stetiger Kampf mit zu viel Essen und dem Versuch, dies durch Diäten oder Nicht-Essen zu kompensieren. «Ich hatte wahrscheinlich das Schlimmste einer Essstörung hinter mir, aber mein Essverhalten war stark gestört und meine Gedanken über Essen und mich selbst waren völlig durcheinander. Zu diesem Zeitpunkt hätte es niemand gemerkt, wenn er mich angeschaut hätte, aber ich kämpfte immer noch sehr und fühlte mich völlig hoffnungslos.»
Im Alter von etwa 22 Jahren war sie die Jojo-Diäten und den ständigen Kampf so leid, dass sie sich ihrer Schwester öffnete. «Sie betete für mich und erzählte mir von einer Bibel-Passage in Matthäus Kapitel 6, wo es darum geht, dass wir uns nicht darum sorgen sollen, was wir essen oder trinken.»
Das machte ihr Mut. «An diesem Tag beschloss ich, aus der Diätindustrie auszusteigen, denn sie hatte mich verwirrt und mich in einem Netz aus falschen Wahrheiten und Ideologien gefangen. Ich beschloss, die befreiende Reise anzutreten und zu essen, was ich wollte. Ich lernte, auf meinen Körper zu hören und begann zu verstehen, dass uns dieser unglaubliche Körper gegeben wurde, der uns sagen kann, wann wir hungrig sind und wann wir aufhören sollten zu essen.»
Wahrheit weitergeben
Abbie Young freute sich: «Ich war extrem gesegnet, dass ich diese Wahrheit schnell erfassen und auf mein Leben anwenden konnte. Ich wurde viel schneller frei als viele Menschen, die damit kämpfen. Ich wurde so leidenschaftlich frei, dass ich das Gefühl hatte, es sei unfair, dass ich diese wahre Freiheit bekam, während so viele damit zu kämpfen haben.»
Sie begann, für die christliche Wohltätigkeitsorganisation «Tastelife» zu arbeiten, die Menschen dazu ausbildet, einen neunwöchigen Gemeinschaftskurs zu leiten, der Personen mit ernährungsbedingten Problemen und auch deren Betreuern hilft.
«Unglücklicherweise sind die Fälle von Essstörungen aufgrund der Covid-19-Pandemie im letzten Jahr in die Höhe geschossen.» Deshalb lädt Abbie Kirchen und Gemeinden ein, sich dem Thema zu widmen und zum Beispiel die Online-Trainings des Kurses durchzuführen, um für Betroffene da sein zu können.
Zum Thema:
Wie man Riesen bekämpft: Déborah Rosenkranz: #weilduwaswertbist
Heruntergemagert auf 44 Kilo: Sie fand einen Weg aus der Essstörung
Tabea Germann: Auch dankbar für die dunklen Zeiten
Autor: Abbie Young / Daniel Gerber
Quelle: womanalive.co.uk / gekürzte Übersetzung: Livenet
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