Erich Reber
Ein Mann im Feuerofen
In einer Disco hatte Erich Reber einst zu Jesus gefunden. Sein Leben als Christ ist seither alles ausser gewöhnlich: Erich ist mit einer starken Gabe der Prophetie und Heilung gesegnet, leidet selbst aber wegen seiner Trigeminus-Neuralgie oft Höllenqualen. Über dieses Spannungsfeld sprach Jens Kaldewey mit dem Berner Oberländer.
Dieses Gespräch, das zuerst in einem Newsletter von Kingdom Ministries sowie im Prophetischen Bulletin der Stiftung Schleife erschien, wurde bereits im Mai 2019 geführt. Es hat seither sehr viele Menschen berührt und ermutigt. Das Interview hat nichts an Aktualität eingebüsst, da Erich Reber leider auch im Jahr 2020 nicht vor schwerem Leiden bewahrt wurde.Die Livenet-Redaktion hat daher entschieden hat, das Interview «Ein Mann im Feuerofen» in leicht gekürzter Form einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Geführt hat das Interview Jens Kaldewey, ein langjähriger Freund von Erich:
Erich, kannst du uns
kurz erzählen, worin eigentlich dein Leiden besteht?
Erich Reber: Mein aktuelles Leiden dauert jetzt acht Jahre, vor vier
Jahren hat es sich stark verschlimmert. Vor diesen acht Jahren hatte ich den
ersten MS-Schub (Multiple Sklerose), der eine Trigeminus-Neuralgie ausgelöst
hat. Nach ärztlich anerkannter Auffassung gehört die Reizung dieses
Gesichtsnervs zu den schlimmsten Schmerzattacken, die ein Mensch haben kann.
Auf der Schmerzskala von 1–10 wird dieser Schmerz bei Faktor 10 angesiedelt.
Tag und Nacht kommen diese Attacken, etwa 60-mal am Tag. Das kann jeweils bis
zu zwei Minuten dauern. Der Schmerz
schiesst plötzlich ein und fühlt sich an, wie von brennenden Kohlen berührt zu
werden. Unerträglich. Ich werde also ständig «überfallen» (auf Wikipedia findet
sich ein verständlicher Artikel zur Trigeminus-Neuralgie).
Was ist besonders
schlimm für dich in deinem Leiden?
Körperlich die Attacken selbst. Psychisch plagt es mich,
dass ich in diesem Zustand meiner Familie nicht das sein kann, was ich sein
möchte. Ich möchte meiner Familie praktisch mehr helfen
können. Das Schlimmste sind aber die Hunderte von meist gutgemeinten
Ratschlägen, die mich ständig erreichen.
Wie erlebst du
Gott in deinem Leiden?
Als das Leiden angefangen hat, waren wir als ganze Familie
in Israel im Einsatz. Dort stiess ich zwei Tage vor meinem ersten Schub in der
Bibellese auf «Daniel im Feuerofen». Mir war die Geschichte vertraut, aber ich
erkannte zum ersten Mal, dass die drei Freunde gebunden in den Feuerofen geworfen wurden. Nebukadnezar sah
dann im Feuerofen eine vierte Person, die aussah wie ein «Göttersohn». Sie ging
dort im Feuer umher und die drei Freunde liefen ebenfalls frei im Feuer umher.
Da spürte ich die Erkenntnis in mir: Wir werden nicht vor jedem Feuerofen
bewahrt, aber Gott ist mit uns im Feuerofen und wir können im Feuer frei sein.
Diese Geschichte ist mir dann zur ganz persönlichen Botschaft geworden.
Seit der ersten Minute meines Leidens habe ich noch nie eine Situation erlebt, keine Minute, wo Jesus nicht bei mir war oder wo Anklage von mir Besitz ergriffen hätte. Ich weiss, der Ofen ist nicht Gott, aber Gott ist im Ofen. Das Leiden wirft mich noch tiefer auf Gott, zieht mich noch mehr zu ihm hin. Ich habe mir immer gewünscht, dass ich wie Jesus mehr Mitleid haben könnte mit den Menschen, nach der Aussage: «Es jammerte ihn». Seit meiner eigenen Leidenszeit ist mein Mitleid mit den Nöten anderer Menschen grösser geworden. Auch mein Gebetsleben ist vertieft worden, besonders das, was Paulus als «unaussprechliche Seufzer» bezeichnet. Einen Sinn, den ich zu erkennen glaube, ist der, dass mein Leiden mich aus der Sichtbarkeit, aus einem starken öffentlichen Engagement herausgenommen hat und dazu geführt hat, viel mehr Zeit mit Gott allein im Gebet zu verbringen. Heute weiss ich, was Alleinsein mit Gott heisst
Kommt es nicht
doch vor, dass du an ihm zweifelst, dein Vertrauen auf Gott manchmal doch
wackelt?
Nein, bis jetzt nicht. Aber meine Sehnsucht, die «irdische
Hütte» zu verlassen, ist manchmal sehr stark. Ich muss hier noch etwas einfügen. Ich habe mich schon vor
35 Jahren sehr identifiziert mit dem Buch von Lydia Prince «Vergässe ich dein,
Jerusalem». Sie hat in einfachsten Verhältnissen in Jerusalem gewohnt, in einem
Kellerraum, und hat dort einen sterbenden Säugling aufgenommen und dessen Heilung
erlebt. Diesen Raum habe ich mir immer vorgestellt. Dann konnte ich diesen Raum
tatsächlich sehen, drei Tage vor meinem ersten Schub auf der bereits erwähnten Reise,
bei Marcel Rebiai in der Gemeinschaft der Versöhnung. Als ich diesen unbenutzten
Kellerraum betrat, kam die Gegenwart Gottes so stark über mich, dass es mich zu
Boden warf. Gott sprach zu mir: «Jetzt beginnt der dritte Teil deiner Berufung,
auch ein mahnender und nicht nur ein tröstender Prophet zu sein.»
Was hat dir über
die Jahre geholfen, die Schmerzen zu ertragen?
Was soll ich sagen? Das Wissen, nicht von Gott verlassen zu
sein. Das Wissen, dass das nicht das Ende ist, dass letztlich ewige
Herrlichkeit mich erwartet. Mein Arzt hat mir gesagt, er hätte noch nie
jemanden getroffen, der solche Schmerzen so ertragen hatte. Ich konnte ihm von
Jesus erzählen. Geholfen hat mir auch, dass Gott die Gabe der Prophetie nicht
von mir genommen hat, sondern dass ich mitten im Leiden Menschen helfen kann
durch diese Gabe.
Einmal hat sich jemand gemeldet, der aus einer angesehenen und mächtigen Königsfamilie kam im Nahen Osten. Ich war mitten in einer Morphiumkur, die mich sehr einschränkte und dämpfte. Da sagte Gott mir: «Dies ist ein Josef, den ich dir schicke.» Ich hatte in der Nacht vorher noch die Josefsgeschichte gelesen, die ich ihm dann am nächsten Tag vortrug. Da erzählte er mir von einem Traum, den er als Kind immer gehabt hatte. In diesem Traum seien seine Geschwister am Boden gesessen und hätten gegessen, und er sei etwa einen Meter über ihnen geschwebt mit einem schwarzen Buch in seinen Armen und seine Geschwister hätten sich vor diesem Buch verneigt. Jedes Jahr hat er diesen Traum mindestens einmal gehabt und seine Geschwister hatten ihn deswegen ausgelacht. Fünfzehn Jahre später ist er Christ geworden und musste fliehen. Er hat die Gabe der Traumdeutung und wird von eben diesen Geschwistern heimlich befragt.
Ein altes Lied, für viele kitschig, begleitet mich: «Wenn du einmal meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her» – das erlebe ich.
Was war ganz und
gar nicht hilfreich?
Menschen, manchmal Fremde, manchmal Freunde, die mir ihre
Meinung mitteilten, warum ich jetzt leiden müsste, und oft waren diese
Meinungen richtend. Es wurden mir Anweisungen erteilt. Zum Beispiel: «Du darfst
nicht mehr sagen, du hast MS. Stattdessen sollst du ‹Mein Sieg› sagen.» Jemand
erklärte, weil ich nicht mit ihm in einen apostolischen Dienst gegangen wäre,
wäre ich so bestraft worden, aber nun würde ich nochmals eine Chance bekommen.
«Du verbreitest Irrlehren, wenn du nicht sagst, dass jeder geheilt wird.» «Du
bist so krank, weil du gesagt hast, dass Gott auch heute noch Heilung und
Wunder tut.» Einmal kam um sechs Uhr morgen jemand, der mir Grapefruitsaft brachte.
Gott hätte ihm gesagt, ich müsste das regelmässig trinken.
Nicht hilfreich, sondern störend und erschwerend sind für mich auch festgefahrene Dogmen und Glaubensüberzeugungen, die man absolut setzt, zum Beispiel, dass Leiden und Herrlichkeit nicht zusammenpassen, während ich glaube: Durch Leiden zur Herrlichkeit. Gerade letzte Woche sagte mir jemand: «Gott schickt nie Krankheit.» In dieser Absolutheit stimmt das nicht.
Was würdest du dir von deinen Mitchristen wünschen im Blick auf deine Nöte?
Dranbleiben am Gebet für mich, vielleicht mit dem für mich
besten Satz: «Dein Wille geschehe.» Dem Kranken unbedingt Mündigkeit
zusprechen, ihn ernst nehmen und ihm zutrauen, dass er selbst schon Gottes
Stimme gehört hat.
Hast du die Hoffnung, dass es je einmal besser wird mit der Krankheit oder bereitest du dich mehr oder weniger auf ein baldiges
Sterben vor?
Von diesem Leiden (Trigeminusneuralgie) kann man eben nicht
sterben. Auch eine MS führt nicht zum baldigen Tod. Ich
rechne nicht mit meinem baldigen Sterben. Der Auftrag ist noch nicht zu Ende.
Die Heilungs- und Prophetieveranstaltungen und die prophetischen Dienste gehen
weiter. Werden weitergehen.
Wie entwickelt
sich die dritte Phase in deinem Dienst, ein mahnender Prophet zu sein?
Oft im Verborgenden. Nachts erhalte ich Eindrücke über Menschen,
die ich prophetisch ermahnen soll und rufe sie dann am nächsten Tag an. Einmal
zum Beispiel wurde mir gezeigt, dass eine bestimmte Person Gott ein grösseres
finanzielles Versprechen gemacht und es nicht eingehalten hatte. Ich rief die
Person an, die das bestätigte und den Gehorsam nachholte. Auch einen
christlichen Verband musste ich mal anrufen und ihn ermahnen. Einmal sah ich
einen Politiker im Fernsehen und wusste, ich sollte ihm ein Wort der Korrektur
geben, eine Kursänderung seiner Politik sei erforderlich. Doch wie sollte ich
ihm das mitteilen? Zwei Monate später sass diese Person ungeplant neben mir in
einem Restaurant. Während des Essens konnte ich ihm das Wort sagen.
Ich denke, dass dieser Dienst sich weiterentwickelt, obwohl ich mir das nicht ausgesucht habe. Das geht mir gegen den Strich, ich bin nicht der Typ dafür. Ich bin eigentlich harmoniesüchtig...
Welche Hilfe ist
dir deiner Familie zuteilgeworden? Was
könnten sozusagen andere Menschen, deren Eltern oder Partner schwer leiden,
davon lernen?
Es ist ein Unterschied, ob es sich um eine akute, aber
vorübergehende Erkrankung handelt, zum Tod oder zum Leben, oder eine chronische
Erkrankung über längere Zeit mit völlig ungewissem Ausgang. Bei solchen Erkrankungen
ist wichtig, dass die Angehörigen ihre eigenen Bedürfnisse nicht nur
zurückstecken, wie es bei akuten Erkrankungen nötig sein kann, sondern auch auf
sich selbst achtgeben. Dann aber doch die praktische Hilfe und das
grundsätzliche zu einem stehen. Behandelt werden wie ein Baum, der einfach da
ist und unter dessen Schatten man gelegentlich sitzt. Das Gefühl zu bekommen,
man ist ein wichtiger Baum im Garten der Familie, auch wenn man keine grossen
Sprünge mehr machen kann.
Du hast ja eine Reihe
prophetischer Botschaften für Europa, für den Westen erhalten. Die können wir
hier jetzt nicht erörtern. Aber gibt es so etwas wie zwei, drei rote Fäden in
diesen Botschaften, wenn du sie zusammenfassen müsstest?
Es wird noch eine grosse Ernte geben. Ich glaube daran, dass
es noch einen grossen Aufbruch geben wird, aber daneben auch Erschütterungen.
Hundertausende werden Jesus erkennen, als der, der er ist. Europa kommt noch
dran. Das hat schon begonnen.
Zum Thema:
Livenet-Talk: Prophetische Worte in Corona-Zeiten
Warum eine Methode nicht genügt: Der «fünffältige Dienst» und unser Auftrag in der Gesellschaft
Tipps aus der Schleife: Prophetie ist Beziehung mit Gott
Autor: Jens Kaldewey
Quelle: Prophetisches Bulletin
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