Ein absolutes Ja zum Leben
«Nach der Diagnose brauchen Eltern Unterstützung»
Mona und Stefan Weber haben einen Sohn mit Trisomie 21. Eltern in ähnlicher Situation will Mona sagen: Jedes Kind ist lebenswert und eine Bereicherung für die Familie.
Mit ihrem Ehemann Stefan und den beiden Söhnen Gion und Kellan lebt Mona Weber (*1984) im Oberthurgau. Obwohl ihnen ihr Familienleben ziemlich normal erscheint, würden dies viele Menschen anders bewerten – Kellan hat nämlich das Down-Syndrom.
Ein unerschütterliches Ja zum Leben
Nach Monas erster Schwangerschaft verlief auch die zweite problemlos. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung. Erst ein paar Tage nach der Geburt wurde der Verdacht auf Trisomie 21 geäussert und kurz darauf bestätigt. «Das änderte alles und doch nichts. Wir hatten schon neun Monate Zeit, unseren Sohn kennenzulernen und wussten, wer er ist. Keine Diagnose konnte das ändern, nichts hätte unsere Liebe mindern können.» Die Diagnose war erst einmal nebensächlich. «Kellan ging es die ersten Tage nicht gut und wir machten uns grosse Sorgen.» Die Prognosen der Ärzte waren düster. «Für uns blieben die Aussagen darüber, was Kellan aufgrund des Down-Syndroms künftig nicht können würde, in negativer Erinnerung.»
«Unsere Seelen waren auf Achterbahnfahrt», blickt Mona auf diese Zeit zurück. «Gleichzeitig erfüllte uns in diesen Tagen ein unglaublicher Friede.» Der Glaube von Mona und Stefan fand in jener Zeit zu neuer Tiefe. «Unser gemeinsames Gebet gab uns Halt und Kraft.» Die folgenden Monate erforderten viel Zeit im Spital und bei Arztterminen. In dieser Zeit verstärkte sich ihr Ja zum Leben, gerade auch durch diese Stürme und Herausforderungen.
Inklusion fordert Aufwand
«Für uns sind beide Kinder ein riesiger Segen, da spielt die Anzahl Chromosomen keine Rolle.» Erst mit der Einschulung von Kellan rückte das Down-Syndrom wieder in den Vordergrund. «Wir hatten Glück, denn unsere Schule war bereit, den Weg mit uns zu gehen.» In der Volksschule wird Kellan von einer Unterrichtsassistentin und dem Lehrerteam hervorragend unterstützt. «Es ist uns klar, dass es zur Integration von allen die Bereitschaft braucht, eine Extrameile zu gehen.» Es muss ständig geprüft werden, welche Möglichkeiten vorhanden und sinnvoll sind. Die Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigung ist Mona ein grosses Anliegen.
Ein ganz normales Familienleben
Nach dem schwierigen Lebensstart führt Kellan das Leben eines gesunden Kindes. Er hat zwar einen Herzfehler, wird durch diesen aber nicht eingeschränkt. So führen Webers ein normales Familienleben. «Wir haben uns beruflich so organisiert, dass entweder Stefan oder ich zu Hause sein können.» Für ihre Kinder da zu sein, hat für sie einen hohen Wert – ganz unabhängig davon, ob ihr jüngerer Sohn über ein zusätzliches Chromosom verfügt.Natürlich bringt der Alltag auch Herausforderungen mit sich. Doch diese gibt es ja in jeder Familie. Lieber blicken sie aufs Positive. «Wir lernen von Kellan, auch kleine Schritte zu sehen und diese zu feiern. Er hat uns total aus dem Leistungsdenken gerissen. Dafür bin ich extrem dankbar.»
hope21
«Wenn wir Menschen mit Trisomie 21 nicht mehr unter uns haben, werden sie uns zunehmend fremd und die Angst, ein solches Kind zu haben, nimmt zu.» Mona ist erschüttert, dass sich bei der Diagnose Trisomie 21 neun von zehn Betroffene für eine Abtreibung entscheiden. «Was ist, wenn das Kind ohne extra Chromosom zur Welt kommt, aber eines Tages einen Unfall hat und anschliessend schwer behindert ist? Ist es dann weniger wert? Wir haben keine Garantie im Leben, dass alles gut kommt und wir immer selbst entscheiden können.»
Mona will sich dafür einsetzen, Menschen mit Down-Syndrom einen Platz in unserer Gesellschaft zu geben. Als sie erfuhr, dass ein Netzwerk betroffener Familien geschaffen werden sollte, fühlte sie sich angesprochen. Sie meldete sich zur Mithilfe und wurde schnell Teil des Kernteams uns schliesslich Präsidentin von hope21. Seit 2020 setzt sich der Verein für Frauen und Paare ein, welche für ihr Kind die Diagnose Down-Syndrom erhalten haben. «Wir verknüpfen sie mit Menschen, die dies selbst erlebt haben.»
Heute sei die beste Zeit, um ein Kind mit Trisomie 21 zu haben. Angebote zur Unterstützung in medizinischen und praktischen Belangen sind vorhanden und können in Anspruch genommen werden. Weil aber auch eine emotionale Begleitung wichtig ist, schliesst hope21 eine wesentliche Lücke. «Der Austausch mit Familien, die diesen Weg schon gehen, ist Gold wert, ganz besonders im Entscheidungsfindungsprozess.»
Der persönliche Kontakt ist wichtig
hope21 ist ein konfessionell neutraler Verein. «Man muss nicht Christ sein, um sich bei uns zu engagieren.» Jedem, unabhängig seines Hintergrunds und Glaubens, wird kostenlose Beratung und Unterstützung angeboten. Bei der Diagnose Down-Syndrom wird zu einer schnellen Entscheidung gedrängt. «Es ist wichtig, dass Eltern einen sicheren Ort haben und über ihre Unsicherheiten und Ängste sprechen können.»
Für viele betroffene Eltern von Kindern mit dem Down-Syndrom ist der persönliche Kontakt mit anderen wichtig. Für hope21 geht es einfach darum, verfügbar zu sein. So kann auf niederschwellige Weise, zum Beispiel über WhatsApp oder E-Mail, Kontakt aufgenommen werden.
Zur Website:
hope21
Zum Thema:
Geschichte der Familie Trummer: Welt-Down-Syndrom-Tag: Jedes Leben ist lebenswert
Packende Videokampagne: Menschen mit Downsyndrom: «Wir sind gefährdet!»
Buch über besondere Menschen: Down-Syndrom sollte eigentlich Up-Syndrom heissen
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet
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