«I can't get no ...»
Warum Gott nicht der Erfüller unserer Sehnsüchte ist
Gibt es ein «von Gott geschaffenes Vakuum» im Herzen jedes Menschen? Eine Sehnsucht, die nur von Gott erfüllt werden kann – und auch ausgefüllt wird? Der Gedanke ist attraktiv und nicht ganz falsch, doch er greift zu kurz. Denn viele Sehnsüchte bleiben unbeantwortet.
«I can't get no satisfaction» (Ich finde keine Befriedigung) war der erste weltweite Nummer-1-Hit der Rolling Stones. Er dreht sich um die Erfahrung, dass uns Konsum und selbst menschliche Nähe letztlich unbefriedigt zurücklassen. Das gilt für unseren Hunger nach Liebe, Nahrung, Anerkennung, Vergnügen, Besitz, Sex, Schlaf und allem anderem. Auch mehr davon stillt unsere Sehnsucht nicht lange.
Der alttestamentliche Autor des Predigerbuchs fasst dies mit dem desillusionierenden Gedanken zusammen: «Alles ist vergänglich und vergeblich, sagte der Prediger, nichts hat Bestand, ja, alles ist vergebliche Mühe!» (Prediger, Kapitel 1, Vers 2). Christen erkennen oft die Vergeblichkeit, im Konsum Befriedigung zu finden. Und deshalb suchen sie Befriedigung auf höherer Ebene, bei Christus. Bei aller Erfüllung, die ein Leben mit Gott bringen kann: Befriedigung ist letztlich nicht das Ziel. Christus ist weder die Antwort auf unseren natürlichen Appetit noch auf unsere Konsumwünsche. Was wäre, wenn er unsere Wünsche ändern möchte, statt sie zu erfüllen? Gott ist Gott und keine Antwort auf unsere Bedürfnisse.
Das Missverständnis mit Pascal
Als junge Menschen leben wir oft von einem grossen Einschnitt zum nächsten. «Wenn ich erst einmal in der Schule bin … wenn ich erst einmal aus der Schule bin … wenn ich erst einmal verheiratet bin…». Aber irgendwann wird uns bewusst, dass wir offensichtlich nie an dem Punkt ankommen, wo «es» geschafft ist. Natürlich haben wir Dinge erreicht, doch gleichzeitig bleibt auch in Glaubensfragen eine gewisse Unzufriedenheit bestehen: Wir sehnen uns nach mehr.
Das passt nicht gut zusammen mit verbreiteten Gedanken wie diesem, der Blaise Pascal zugeschrieben wird: «Im Herzen eines jeden Menschen befindet sich ein von Gott geschaffenes Vakuum, das durch nichts Erschaffenes erfüllt werden kann als allein durch Gott, den Schöpfer, so wie er sich in Christus offenbart.» Es ist schon etwas daran, doch Christus tut viel mehr, als unser Leben vollkommen zu erfüllen. Die Hinwendung zu Gott ist eine wunderbare Sache, doch in gewisser Weise schafft sie auch eine neue Unzufriedenheit. Wir wissen jetzt um Erlösung und Vollendung, gleichzeitig erleben wir uns sehr stark auf dem Weg dorthin und nicht am Ziel, also voll Sehnsucht und unzufrieden.
Biblische Unzufriedenheit
Als Christen sind wir davon überzeugt, dass ein Leben ohne Gott unbefriedigend ist. Was aber nicht den Umkehrschluss zulässt, dass ein Leben mit ihm hier und jetzt absolut befriedigt. Schon viele Gläubige haben festgehalten: «Gott wird mich nicht enttäuschen», doch eigentlich lässt sich dieser Satz nur in der Zukunftsform ehrlich sagen. Tatsächlich hat Gott viel mehr vor, als uns jetzt die Erfüllung zu schenken, die wir uns wünschen und vorstellen können. C.S. Lewis meinte einmal, dass «unser Herr unsere Wünsche nicht zu stark, sondern zu schwach findet… Wir sind zu leicht zufrieden.»
Wie erlebten die Menschen in biblischen Zeiten diese Spannung? Jeremia war im Auftrag Gottes unterwegs, doch der sogenannte «weinende Prophet» war mit seinem Leben so überfordert, dass er sogar den Tag seiner Geburt verfluchte (Jeremia, Kapitel 20, Vers 14). Er wusste, dass er das richtige tat, doch sein Leben war voller Leid und Schmerzen. Auch Paulus, der meistgenannte Missionar im Neuen Testament, war von einer tiefen Unzufriedenheit geprägt. «Noch bin ich nicht am Ziel angekommen. Aber eins steht fest: Ich will vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur noch auf das Ziel vor mir» (Philipper, Kapitel 3, Vers 13). An der Spitze dieser heiligen Unzufriedenheit steht ein Kapitel im Hebräerbrief. Hier werden sogenannte Glaubenshelden beschrieben. Und das Kapitel schliesst mit der Feststellung: «Sie alle haben Gott vertraut, deshalb hat er sie als Vorbilder für uns hingestellt. Und doch erfüllte sich Gottes Zusage zu ihren Lebzeiten noch nicht. Denn Gott hatte einen besseren Plan: Sie sollten mit uns zusammen ans Ziel kommen» (Hebräer, Kapitel 11, Verse 39-40).
Auf dem Weg
Es gibt etliche Paradoxien im christlichen Glauben: Die Erfüllung gehört dazu. Tatsächlich finden wir in der Beziehung zu Christus tiefe Erfüllung. Gleichzeitig ist es normal und gesund, wenn wir dabei unzufrieden sind. Genau das will Gott für uns. Er möchte nicht, dass wir jetzt schon genug von ihm haben. Wir können und sollen uns immer mehr wünschen. Oft wird er unsere Wünsche verändern, statt sie zu erfüllen. Oder wir akzeptieren es, jetzt ein unbefriedigtes Leben zu führen, tun aber das, was Christus möchte. Wenn wir wünschen, was Gott wünscht, können wir sicher sein, dass wir einmal bekommen, wonach wir uns sehnen. Jesus drückt dies so aus: «Glücklich sind, die Hunger und Durst nach Gerechtigkeit haben, denn sie sollen satt werden» (Matthäus, Kapitel 5, Vers 6).
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Christianity Today
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