Christen in den Sozialen Medien
Livenet-Talk: Christfluencer und Sinnfluencer
Wussten
Sie, dass 71 Prozent der Schweizer und sogar 99 Prozent der jungen Leute auf den Sozialen
Medien aktiv sind? Da stellt sich für uns Christen die Frage, inwiefern wir uns
auf den Sozialen Medien bewegen sollten und welche Botschaft wir weitergeben
möchten.
Der Livenet-Talk über christliche Influencer, eben auch gerne «Christfluencer» oder «Sinnfluencer» genannt, wurde von der SEA-Jugendbeauftragten Jaël Binggeli moderiert wird. Talkgäste waren Manuel Schmid, ehemaliger Pastor des ICF Basel und heutiger Podcaster und Blogger bei der Online-Community reflab der Reformierten Kirche (www.reflab.ch), sowie Simon Brechbühler, Sozialarbeiter und Host von URBN.K., dem Youtube-Kanal der Katholischen KircheZürich.
Soziale Medien als Christ nutzen
Manuel Schmid ist schon seit vielen Jahren bei Facebook und empfindet seine Fotos und Beiträge dort wie die Timeline seines eigenen Lebens, wo er auch Privates preisgibt. Er versteht sich als «Bubble-Jumper», der von verschiedenen Leuten lernt und die Begegnung mit ganz unterschiedlichen Menschen und Meinungen liebt. Facebook nutzt er auch gerne als Werbeplattform für reflab, weil er es wichtig findet, dass andere davon erfahren.
Für Simon Brechbühler hingegen wirkt Facebook zu schwer und hat zu lange Texte; daher sind seine wichtigsten Tools Instagram und WhatsApp. Dabei interessiert er sich für Insights, also für die Frage: «Was interessiert die Leute?» Privat nutzt er nur WhatsApp.
Vermischt sich Privates und Berufliches?
Bei Manuel fliesst beides ineinander. «Ich habe keine Botschaft, sondern ich bin die Botschaft.» Für ihn gehe es nicht darum, Kirche zu promoten, sondern er selbst zu sein und auch schon mal zuzugeben, dass man einen schlechten Tag hatte. Das spreche die Leute an, denn so könnten sie sich identifizieren.
Simon hingegen gibt nicht viel Privates preis, da er seine Familie schützen will. Er möchte authentisch sein und in die digitale Lebenswelt der Jugendlichen eintauchen. Als Teil dieser Lebenswelt habe er Zugang zu jungen Leuten, zu denen er sonst keinen Kontakt bekommen hätte.
Verletzlichkeiten nicht verstecken
Manuel möchte authentisch sein: «Ich bin kein Botschafter der Marke 'Christlicher Glaube', 'Reformierte Kirche' oder 'Jesus'. Ich lasse Menschen teilhaben an meinem Leben – und mein Leben ist ergriffen vom christlichen Glauben mit allen Verletzlichkeiten und Zerbrochenheit.»Er möchte gerne vorleben, wie man sich auf den Sozialen Medien präsentiert. «Die Kunst ist, dass man ein Gespür dafür bekommt, was man auf den Sozialen Medien posten sollte und was nicht. Jugendliche brauchen Vorbilder, wie man sich kompetent auf den Sozialen Medien einbringt.»
Agieren auf Augenhöhe
Simon betrachtet den kirchlichen und den persönlichen Aspekt: «Kirche muss sich Gedanken machen, wie sie im digitalen Lebensraum auftreten will. Da kann man als Kirche ein unglaubliches Learning machen.» Während im traditionellen Gottesdienst der Pfarrer in seiner Predigt meistens als einziger erzähle, komme es in den Sozialen Medien zum Gesprächsaustausch. «Social Media sind viel ehrlicher, direkter und persönlicher. Wenn ich mich als kirchlicher Mitarbeiter auf den Sozialen Medien bewege, muss ich mich mit dem Dialog, der Interaktion auseinandersetzen. Das ist ein Agieren auf Augenhöhe, das ich sehr spannend finde.»
Simon findet es wichtig, dass wir als Christen unsere Verantwortung wahrnehmen und uns auf den Sozialen Medien einbringen: «Als Christ muss ich mir Gedanken machen, was auf mein Profil kommen soll. Wenn ich eine christliche Glaubenshaltung habe, positioniere ich mich. Meine christliche Prägung schwingt immer mit. So sind Posts und Stories von Christen auch immer kleine Formen von Zeugnissen. Daher finde ich es so wichtig, dass kirchliche Mandatsträger sich auf den Sozialen Medien engagieren.»
In der Vielfalt den Konsens finden
Die Vielfalt von Meinungen sei nicht das Problem, meint Simon, sondern es müssten Pfarrer und Priester geschult werden, damit sie auf den Sozialen Medien Einfluss nehmen können. Es gehe nicht primär darum, zu missionieren, sondern etwas vom eigenen Leben als Christ preiszugeben, wenn es authentisch ist.
«Für mich bedeutet Einheit, respektvoll mit Differenzen umzugehen», erklärt Manuel. «Die Leute müssen merken, dass man unterschiedlicher Meinung sein und die Dinge anders sehen kann, aber trotzdem am Glauben festhält. Und nachher kann man zusammen ein Bier trinken gehen!» Er plädiert für mehr Menschenfreundlichkeit und weniger Verurteilung.
Durch Soziale Medien Einfluss nehmen
Die grosse Chance sieht Manuel darin, dass Christen durch die Sozialen Medien ganz anders präsent und zugänglich werden können. Während z.B. die Hürde, in eine Freikirche zu gehen, gross sein könne, sei es viel einfacher, mal online bei einer Kirche vorbeizuschauen. So bekämen Christen eine Sprache, ein Gesicht.
«Soziale Medien eröffnen neue Wege und einen neuen Zugang, um in den Dialog zu kommen», erklärt Simon. Er ist überzeugt davon, dass in der Kirche ein Kulturwandel kommen wird. Und es werde ein neues Mandatsverständnis geben. Auch über hybride Formen müsse man nachdenken: Wie verbindet man Offline und Online miteinander? Wie kommt man – auch in der Seelsorge – vom Digitalen ins Analoge? Simon ist soziales Engagement wichtig: «Als Sozialarbeiter liegt mir Diakonie, soziales Handeln am Herzen. Da ist mir Jesus ein grosses Vorbild: Er war für andere da.»
Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk an:
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Autor: Meike Ditthardt
Quelle: Livenet
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