Schweizer Ordenslandschaft
Inderinnen retten ein Kloster
Kirchen und Klöster werden zu Kunst- oder Tanztempeln umgestaltet. Davor wurde das Kloster «Visitation» gerettet und konnte so die ursprüngliche Bestimmung bewahren – mehr noch, es wurde wiederbelebt und hat nun verstärkten Kontakt zur Bevölkerung.
Der 1679 gegründete Frauenkonvent konnte die Überalterung abwenden und sich mit jungen Schwestern aus Indien eine neue Ausrichtung geben. Dazu blieb ein wichtiger Ort von geistlichen Diensten erhalten und seine regionale Strahlkraft wurde gefestigt.
Die drei Klöster in Solothurn entstanden im Zuge der Gegenreformation, wobei vorerst beide Konfessionen nebeneinander lebten. Später gab die Solothurner Regierung der «Katholischen Reform» den Vorrang, was zurück zum Katholizismus bedeutete.
Junge Schwestern überwinden alte Gemäuer
Mit der tatkräftigen und geistlichen Unterstützung aus Indien, erlebt die Stadt nun auch, wie es ist, wenn das «christliche Missionarsland Schweiz» selber zum «geistlichen Entwicklungsland» wird.
Die Vorstandsmitglieder des Fördervereins des Klosters Visitation beschreiben locker ihren Auftrag: «Betrachten und beten können die Schwestern selber sehr gut. Dafür brauchen sie uns nicht. Aber wir können sie organisatorisch unterstützen.» So steht der elfjährige Verein auch heute noch zu 100 Prozent hinter dem Projekt.
Als damals nur noch Nonnen im Alter zwischen 75 und 90 Jahren in der Geminschaft lebten, stand die Frage im Zentrum, wie man eine Auflösung des Konvents abwenden kann und kam auf die Idee mit den Ordensschwestern aus Indien. Pater Antony Kolencherry, der indische Ordensgründer, erweckte mit der damaligen Klostervorsteherin und der Solothurnerin Silvia Rietz zusammen den Förderverein zum Leben.
Nebst geistlichen Angeboten und Veranstaltungen ist der Klosterladen eine gute Kontaktstelle in die Stadt. Die Inderinnen bieten Früchte und Gemüse aus dem eigenen Garten an, sowie Konfitüre aus der Eigenproduktion und Tee und Gewürze aus Indien. Livenet war im Gespräch mit der Mitgründerin und Präsidentin des Fördervereins, Silvia Rietz.
Was macht das Kloster Visitation besonders erhaltenswert und welches sind
Mehrwerte für die Solothurner Bevölkerung?
Silvia
Rietz: Das
Kloster Visitation ist aus historischer und spiritueller Hinsicht
erhaltenswert. Der Orden der Visitation wurde 1610 in Frankreich durch Franz
von Sales (1567–1622) und Johanna Franziska von Chantal (1572–1641) unter dem Namen
«Sœurs Religieuses de la Visitation Sainte Marie» gegründet. Im Zuge der Wirren
des Dreissigjährigen Kriegs (1618-1648) flohen Schwestern aus dem Burgund und
liessen sich 1645 in Solothurn nieder. 1679 bezogen die Visitationsschwestern
das heutige Kloster an der Grenchenstrasse 27. Diese Klosteranlage ist in ihrer
baulichen Struktur und Substanz vollständig erhalten und als einer der letzten
Zeugen dieser einst weit verbreiteten französischen Ordensarchitektur zu
würdigen. Ein Ort, an dem seit rund 370 Jahren gebetet wird und der zu den
Perlen der Barockstadt Solothurn gehört.
Die Schwestern aus Indien und die noch lebende Visitantin Sr. Marie-Dominique Bucher leben die salesianische Spiritualität (nach Franz von Sales) und bieten neben regelmässigen Gottesdiensten auch andere liturgische Veranstaltungen an. Dies in einer Zeit und Region, in der Eucharistiefeiern reduziert werden. Von daher deckt das Kloster Visitation ein spirituelles Bedürfnis ab.
Wie
wirkte sich die Arbeit des Fördervereins aus?
Als
wir vor zwölf Jahren mit dem Förderverein starteten, lebten noch acht betagte
Visitationsschwestern, und unsere Aufgabe war es, sie tatkräftig bei den
Alltagsarbeiten zu unterstützen und die bis dahin relativ undurchdringlichen
Klostermauern durchlässiger zu machen. Beides ist uns mit praktischer Hilfe und
mit Klosterführungen, Konzerten und Vorträgen gelungen. Nur wurde die kleine
Gemeinschaft immer kleiner und es galt, Lösungen für die Zukunft zu
finden. Mit den von Pater Antony Kolencherry nach Solothurn gebrachten
Schwestern aus Indien kehrte junges Leben in das alte Gemäuer ein. Damit
änderten sich auch die Aufgaben des Fördervereins, der sich heute für einen
finanziellen Zustupf und die Integration der indischen Schwestern einsetzt.
Welche
Highlights haben Sie im Zusammenhang mit dieser Rettungsgeschichte erlebt?
Jeder
Gottesdienst, den wir gemeinsam mit den Schwestern in der Klosterkirche feiern
dürfen, ist ein «Highlight». Einen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte durften
wir im August dieses Jahres erleben: Mit der Jubiläumsfeier «11 Jahre
Förderverein Kloster Visitation» konnten wir vielen Interessierten das Kloster
zeigen, neue Vereinsmitglieder gewinnen und mit dem Konzert von Linard Bardill
auch junge Familien ansprechen.
Wie
sehen Ihre Zukunftsvisionen aus?
Wie lange die
Schwestern in Solothurn bleiben können, hängt einerseits vom Goodwill von
Bischof Felix Gmür und von Generalvikar Markus Thürig ab; und natürlich, wie
weit sich die Schwesterngemeinschaft weiterentwickelt und ihr Postulat hier verwirklichen
kann. Wir hoffen, dass wir mit unserem Beitrag helfen können, den
Lebensunterhalt der Gemeinschaft zu sichern und sie in ihrem Alltag und Wirken
unterstützen dürfen. Dies nicht nur zum Segen der Schwestern, sondern für die
ganze Region. Den
finanziellen Aspekt erfüllen wir mit den Mitgliederbeiträgen und mit Spenden.
Deswegen freuen wir uns für die Schwestern über jedes Neumitglied und über jede
Spende.
Zur Webseite:
Kloster Visitation
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet
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