New Monastic Movements wachsen
«Ab ins Kloster» wird immer attraktiver
Am vergangenen Wochenende trafen sich 120 Erwachsene und Kinder am Neuenburgersee zum «Round Table 2020», einem Austausch von «neuen monastischen Bewegungen» in Europa. Die vielfältige Bewegung wächst.
Sie kommen aus dem «Stadtkloster» in Thun oder Zürich, dem «Kleikloster Amsterdam», sie nennen sich «La Grande Tablee», «Stadsklooster Tilburg» oder einfach «Satellit Köln»: neue monastische Gemeinschaften entstehen in ganz Europa, vorwiegend in Städten.Evangelische Christen, Singles, Ehepaare und Familien leben nach mönchischen Traditionen zusammen und träumen davon, an einem neuen geistlichen Aufbruch in Europa mitzuarbeiten. Am vergangenen Wochenende trafen sich Vertreter aus 12 dieser locker verbundenen kommunitären Lebensgemeinschaften zum jährlich stattfindenden «Round Table» in «Le Camp» (Vaumarcus NE, Schweiz). Auch Vertreter älterer Gemeinschaften waren dabei: etwa die Christusträger (Schloss Ralligen, Thunersee), die es seit 50 Jahren gibt, aber auch grosse keltische Kommunitäten wie die «Northhumbria Community» dienen den jungen Bewegungen als Inspiratoren. Enge Beziehungen bestehen zur weltweiten «24/7 Prayer» – Bewegung und zum «Senfkornorden» (Order oft he Mustard Seed, OMS), der nach dem Vorbild Zinzendorfs aus deren «Boiler Rooms» hervorgegangen ist.
Allein und gemeinsam – und Bier
Die Spannung «allein und gemeinsam» zog sich als Thema durch die Tagung. Vertreter älterer Gemeinschaften machten deutlich, dass die Gemeinschaft – übrigens auch eine «normale» Gemeinde – nicht zum Gottesersatz werden darf: «Die tiefe, intensive Beziehung der Liebe zu Gott muss immer an erster Stelle stehen. Nur von da aus können wir uns selbst und den Nächsten lieben», erklärte etwa per Videobotschaft Ian Mobsby von der «Society of the Holy Trinity».
Probleme des «Gemeinsam» wurden in Gruppen diskutiert, z.B. die Frage, wie in Kommunitäten Entscheidungen fallen oder wie neue Mitglieder integriert werden – bis hin zur Frage, ob auch Nicht-Christen Teil einer solchen Lebensgemeinschaft sein können. Aber auch leibliche Genüsse kamen nicht zu kurz; so wurde z.B. das selbstgebraute Bier des Klosters aus Steffisburg vorgestellt: «Kloster und Bier, das ist eine Liebesbeziehung» erklärte Adrian Kolb im Rückgriff auf alte Klostertraditionen.
A300 – Ausbildung und Abenteuer
Um junge Menschen für ein kommunitäres Leben als «City Monks» fit zu machen, wurde vor zwei Jahren die abenteuerliche Ausbildung «adventure300» (in Anlehnung an 300 Kämpfer um Gideon) ins Leben gerufen, von der nun in Vaumarcus die ersten Absolventen ausgesandt wurden. Neben klassischer Schulung haben sie zwei Jahre lang Pilgerreisen absolviert, andere Kommunitäten besucht, Ausdauertraining absolviert, Bogenschiessen gelernt und sich im kommunitären Leben geübt. Das Ziel von A300 ist es, auf unorthodoxe und ganzheitliche Weise Gründer für neue monastische Lebensgemeinschaften auszubilden (Livenet berichtete).
Brennpunkt Steffisburg
Monastische Projekte von evangelischen Christen gibt es rund um den Erdball. Viele laufen unter dem Sammelbegriff «New Monasticism». Andere sind eine Ausdrucksform der «Fresh Expressions of Church», einer Bewegung, die sich für eine vielfältige kirchliche Landschaft stark macht.In der Schweiz ist die «Alte Gärtnerei» in Steffisburg Brennpunkt dieser neu-mönchischen Lebensform. Auch «Manor House» (oder «Le Vieux manoir») genannt, existiert diese Lebensgemeinschaft von 17 Erwachsenen und vielen Kindern im Dorfkern von Steffisburg seit 2012 als «neuzeitliches Kloster». Diese Gemeinschaft war auch Einladende und Organisator des «Round Table». Die Mitglieder leben in ihren eigenen Wohnungen, haben ihre «normale» Arbeit in z.T. verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, praktizieren tägliches gemeinsames Gebet, leben gemeinsam das Kirchenjahr, arbeiten zusammen, feiern Feste und nehmen Menschen auf, die unterwegs sind. Die «Alte Gärtnerei» hat bereits Ableger erzeugt: Im Sommer 2016 gründeten zwei ihrer Familien in Thun das «Stadtkloster». Im Herzen von Thun wohnen sie seitdem mit jungen Flüchtlingen zusammen und betreiben einen öffentlichen Gebetsraum.
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet