Kristin Smedley
Mutter von blinden Söhnen musste selbst neu sehen lernen
Als Kristin Smedley erfuhr, dass ihr Sohn blind ist, brach für sie eine Welt zusammen. Drei Jahre lang versuchte sie, die Blindheit des Kleinen wegzubeten, bis sie erkannte, dass sie blind für sein Leben und seine Bestimmung war.
«Ich hatte viel Erfolg im Leben. Meine Theorie, sich Ziele zu setzen, hart zu arbeiten ging lange Zeit auf», blickt Kristin Smedley zurück. «Ich wusste schon von klein auf, dass ich Lehrerin werden wollte, und ich habe mein ganzes Leben lang darauf hingearbeitet und auch den Job, den Ehemann, das Haus und all diese Dinge erreicht.»
Sie träumte davon, Mutter zu werden. «Ich habe ein phänomenales Vorbild in meiner Mutter, in meiner Oma und in verschiedenen Frauen um mich herum, die gute Mütter sind.» Sie wurde schwanger. «Man will einfach ein gesundes Baby. Meine Träume wuchsen auch für das Kleine in meinem Bauch: Wird dieses Baby ein Pitcher für die Phillies oder ein Touchdown–Fänger für die Eagles sein?»
«Die schlimmsten Worte»
Glücklich hielt sie bald darauf ihren kleinen Michael im Arm. «Ich habe alles, wofür ich gearbeitet und wovon ich geträumt hatte erreicht.» Als der Kleine vier Monate alt war, sagte ein Arzt zu mir die schlimmsten vier Worte, die ich je gehört habe: 'Ihr Sohn ist blind.' Ich bin nicht stolz darauf, aber meine erste Frage war: 'Wird er Baseball spielen?' Der Arzt sah mich an, als sei ich verrückt, und sagte: 'Nein.' Ich fragte: 'Wird er Auto fahren?' Und er sagte: 'Nein.' Ich fragte: 'Wird er wenigstens zur Schule gehen können und dort Erfolg haben?' Und er antwortete: 'Wahrscheinlich nicht auf einer normale Schule.'»
Kristin Smedley wurde im festen Glauben erzogen, dass Gott stets Gutes für seine Kinder will. «Ich dachte mir: Was für ein Gott tut so etwas? Das ist hart. Und ehrlich gesagt, dachte ich: Das ist gemein. Ich schaue mir diesen perfekten kleinen Menschen an, und all meine Hoffnungen und Träume für ihn wurden ausgelöscht.»
Keinen Ausweg gesehen
In den nächsten drei Jahren entfernte sie sich von ihrem Glauben. «Ich konnte mir einfach keinen Reim auf einen Gott machen, der so etwas zulassen würde. Ich habe jede Nacht versucht, die Blindheit meines Sohnes wegzubeten. Doch an jedem neuen Tag war Michael immer noch blind. Das ging drei Jahre lang so weiter. Ich grub mich immer tiefer in die Grube der Hoffnungslosigkeit und sah keinen Ausweg.»
Michael hatte die seltene Blindheit LCA CRB1. Laut Statistik liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein zweites Kind betroffen ist, bei fünfundzwanzig Prozent. «Ich war optimistisch. 25 Prozent sind viel, 75 Prozent aber noch viel mehr. Wenn es wirklich einen Gott gibt, dann würde er mir das auf keinen Fall zweimal zumuten.»
«Mami, bist du hier drin?»
Im achten Monat sass sie einmal auf der Bettkannte und weinte. «Das kannst du mir nicht noch einmal antun, das wirst du mir nicht noch einmal antun.» Da hörte sie Michael den Flur entlang hüpfen. «Er stand direkt vor mir und fragte: 'Mami, bist du hier drin?'» Dann fragte der Kleine strahlend: «Mami, ist das nicht der beste Tag überhaupt?» Kristin dachte, dass dem Kleinen so viel fehlt und sein Leben ein einziger Kampf würde. «Ich fragte: 'Michael, warum denkst du, dass dies der beste Tag aller Zeiten ist?'» Er sagte: «Die Sonne scheint und ich habe alle meine Spielsachen, und Mami, ich bin so glücklich!»
Wenn Hollywood diesen Moment verfilmen würde, gäbe es einen Blitz, der in die Herzen einschlägt und ein Feuerwerk entzünden würde. «Es war, als hätte Gott einen Güterzug genommen und mir damit an den Kopf geschlagen und gesagt: 'Kristin, sieh dir diesen kleinen Menschen an. Die Blindheit stört ihn nicht. Sie stört dich. Er findet alles heraus. Er hat dreieinhalb Jahre auf diesem Planeten verbracht und all die Dinge getan, die er tun wollte.'»
Eigene Blindheit geheilt
«Meine Blindheit gegenüber Michaels Leben und seiner Bestimmung in dieser Welt wurde geheilt. In diesem Moment verpflichtete ich mich, dafür zu sorgen, dass ich sein wichtigster Wegweiser in dieser Welt bin, um ihm die Mittel an die Hand zu geben, die er braucht, um die Dinge zu tun, die seinen Zweck in dieser Welt erfüllen und nicht meine Träume für ihn.» Weiter erkannte sie: «Wir müssen unsere eigenen Träume für unsere Kinder loslassen, damit ihre Träume leuchten können.»
Doch Kristin Smedley erlebte einen weiteren Rückschlag und Rückfall ins alte Muster nach der Geburt ihres zweiten Sohnes: «Als Mitchell geboren wurde und bei ihm im Alter von etwa vier Monaten genau dieselbe Blindheit diagnostiziert wurde, hätte ich gerne gesagt, dass es mir gut geht, dass ich mein Wunder erlebt habe. Ich konnte das aber nicht.» Für ein paar Wochen stürzte sie wieder ab. Doch Michael hüpfte weiterhin fröhlich durch die Wohnung. «Ich brauchte ein Vorbild, das mir zeigte, dass Blindheit nur dann ein Hindernis sein kann, wenn ich es zulasse. Für Michael war die Blindheit nur ab und zu eine Unannehmlichkeit. Mit diesem Wissen und diesem kleinen dreieinhalbjährigen Vorbild war ich in der Lage, Mitchell und Michael an die Hand zu nehmen und in ein aussergewöhnliches Leben zu starten.»
Neue Träume
In den öffentlichen Schulen gehörten die beiden zu den Besten. «Michael steht kurz vor seinem Abschluss an der 'Penn State University'. Er gehört zu den besten 0,5 Prozent von 10'000 Absolventen. Und Mitchell gehört zu den besten drei Prozent aller Highschool–Abgänger, die letztes Jahr an den SATs teilgenommen haben. Er ist ein erfolgreicher Studienanfänger und hat eine Country–Musik–Radioshow, welche die Charts anführt. Zu sagen, dass es ihnen gut geht und sie erfolgreich sind, ist fast schon eine Untertreibung.»
Heute reflektiert Kristin Smedley: «Das alles wäre jedoch nicht möglich gewesen, wenn sich meine Wahrnehmung von Blindheit, ihrem Leben und ihrem Weg nicht geändert hätte. Und der andere Teil der Gleichung war der Zugang zu den Ressourcen und den angepassten Dingen, die sie brauchten, um all die Dinge zu erreichen, die sie erreichen wollten.»
Heute ist Kristin Smedley Mutter von drei Kindern, Anwältin in der Blindengemeinschaft und Mitveranstalterin des Podcasts «Brilliantly Resilient». «Ich bin dieses Jahr 50 geworden und bin voller Freude, egal, was in meinem Leben gerade läuft.»
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Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Calling / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch
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