Schutz von innen und aussen

«Sturzprophylaxe für Leitende»

Daniel Zindel (Bild: Livenet)

Im Rahmen der Talk-Serie über Leiterschaft war Livenet zu Besuch bei Daniel Zindel. Im Gespräch geht es um menschliche Urkräfte, welche Gutes bewirken, einen Leiter aber auch aus der Bahn werfen können.

28 Jahre lang war Daniel Zindel Leiter der Stiftung «Gott hilft» in Zizers. Das Abgeben der Verantwortung war nicht einfach, und er beschreibt seine diesbezüglichen Gefühle als «drei weinende und ein lachendes Auge.» Einerseits sei die weichende Last physisch spürbar, andererseits sei das Loslassen mit Schmerz verbunden. «Ich musste ein Königreich übergeben.»

Zur Ruhe setzen will sich Daniel Zindel aber noch nicht. Als Pfarrer hat er mit einem Pensum von 70 Prozent ein Pfarramt übernommen.

Daniel Zindel als Autor

In den vergangenen Jahren erschienen von Daniel Zindel mehrere Bücher. Eines davon ist «Hüttenzeit». Ein neuerer Beitrag schrieb er im Buch «Von der dunklen Seite der Macht», welches kürzlich von Michael Herbst und Thomas Härry herausgegeben wurde (Livenet berichtete). Dabei nahm er sich dem Thema «Sturzprophylaxe für Leitende» an. «Einerseits sind es unsere Haltungen, unser Glaube, der uns hält. Teilweise genügt dies aber nicht und dann braucht es auch äussere Leitplanken.»

Er glaubt, dass jede Gemeinde und Organisation eine Antwort auf die Frage finden muss, wie konstruktiv mit den Kräften Sex, Geld und Macht umgegangen werden soll. Es sei wichtig zu wissen, wo man leicht versucht werden kann, und dann gelte es, sich entsprechend zu schützen.

Grenzüberschreitungen

Um eigene und erfahrene Grenzüberschreitungen zu erkennen und sich davor zu schützen, investiert sich Daniel seit Jahren für gute Kontrollmechanismen. Er spricht von Tools, die in seiner Institution entwickelt wurden und später auch an anderen Orten Anwendung fanden. Es brauche eine gute innere Haltung, gleichzeitig aber auch äussere Schutzmechanismen. «Ich will vor Gott transparent leben und ihm gegenüber verantwortlich sein. Gleichzeitig braucht es externe Mechanismen. Wenn beides zusammenkommt, sind wir auf einer relativ sicheren Seite. Risiken haben wir aber immer und wir können nie ganz ausschliessen, dass nicht auch der besten Bahn dieser Welt einmal ein Zug entgleist.»

Menschen sind die besten Schutzmechanismen

«Persönlich habe ich das Geschenk, eine unbestechliche Frau zu haben, die mir nicht nur Unterstützung und Inspiration schenkt, sondern mir auch Fragen stellt oder mich sogar in Frage stellt.» Widersprüche zwischen seinem Reden und Tun erkenne sie sehr gut und spreche ihn auch darauf an. In seiner Frau habe er sein wichtigstes Kontrollsystem. «Dann habe ich ein Leitungsteam in der Gemeinde, wo wir einander nicht nur fördern, sondern auch fordern. Weiter schätze ich es, einen Stiftungsrat zu haben, der ebenfalls gut hinschaut.» Machtteilungen begrüsst Daniel sehr, auch wenn es zuweilen mühsam ist, wenn er mit seinen Ideen nicht durchkommt.

Persönliche Erschütterungen

Im Talk berichtet Daniel auch von persönlichen Erschütterungen und wie er diese verarbeitet hat. «Dadurch bin ich nachhaltig dünnhäutiger geworden, gleichzeitig aber auch resilienter, da ich weiss, dass mein Glaube trägt. Ich weiss, dass Gott trägt. Mein Glaube ist nicht wahnsinnig gross, aber ich glaube an einen grossen Gott.»

«Woher ziehe ich meine Lebenskraft?», wirft Daniel eine weitere wichtige Frage in den Raum. Anhand einer Wettertanne illustriert er, wie verschiedene Wurzeln für Gesundheit und Stabilität wichtig sind. «Eine dieser Wurzeln ist sicher die Spiritualität, eine andere das nahe Umfeld – bei mir war dies meine Frau und meine Kinder, die sehr eindrücklich hinter mir standen – und dann noch das System und das Team.»

Leiten ist nicht (nur) eine Last

Trotz Schwierigkeiten und Gefahren bringe die leitende Aufgabe aber sehr viel Schönes mit sich. «Ich habe geweint, als ich mein Büro geräumt habe», blickt er auf das Ende seiner langjährigen Tätigkeit zurück. Damit eine leitende Aufgabe möglichst vor schwerem Versagen und Leid verschont bleiben kann, lohne es sich, gute Leitplanken, Kontroll- und Schutzmechanismen zu haben.

Das gesamte Gespräch von Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich mit Daniel Zindel kann hier verfolgt werden: