Drogen braucht er nicht mehr
«Ich weiss, wer ich bin und wo ich hingehöre»
Früher betäubte er die quälende Leere in seinem Innern mit Drogen und Alkohol. Doch heute freut sich Jeremy Joseph, von der radikalen Veränderung seines Lebens zu erzählen.
Als Katholik wuchs der Vater von Jeremy Joseph (*1993) in Sri Lanka auf. Aufgrund des Bürgerkriegs floh er in die Schweiz. Hier begann ein neuer spiritueller Weg, den auch Jeremy später gehen sollte. Doch alles der Reihe nach.
Der Vater, ein leidenschaftlicher Pastor
In Zürich traf Jeremys Vater auf Zeugen Jehovas und glaubte, bei ihnen die Wahrheit gefunden zu haben. Später wurde er von Christen zu einer echten, lebendigen Beziehung mit Gott geführt. «Von da an lebten meine Eltern für Jesus und gründeten mehrere Kirchen», beschreibt Jeremy die Zeit, in welcher er geboren wurde. Er war oft mit den Eltern unterwegs, erlebte deren unermüdlichen Einsatz für Menschen, aber auch den Widerstand, die durchstochenen Autoreifen und die Morddrohungen von militanten Hindus. Auch in der Kirche, wo ständig über Liebe gesprochen wurde, gab es Konflikte und Machtkämpfe.
«Meine Eltern investierten sich in Menschen, welche sich dann gegen sie wandten.» Dies zu sehen veranlasste Jeremy, Menschen zu hassen und sich vom christlichen Glauben abzuwenden. «Ich wollte niemandem vertrauen.»
Auf der Suche nach Identität
«In unserem Wohnviertel gab es fast nur Ausländer.» Inmitten der verschiedenen Kulturen schufen sich die Kids ihre eigene Welt. «Wir bauten eine Art Secondo-Kultur auf und verstanden einander besser als unsere eigenen Eltern.» Jeremy vermisste klare Zugehörigkeit und tragende Wurzeln. «Wir mussten selbst herausfinden, wer wir sind und als Kind ist das nicht einfach.» Die quälende Frage, wer er eigentlich ist, sollte ihn auch die nächsten Jahre umtreiben.
Die tamilische Kultur legt grossen Wert auf Anstand. «Ich hatte oft das Gefühl, dass ich strenger erzogen wurde als andere Kinder. Viele Dinge schienen mir untersagt zu sein.» Dinge wie beispielsweise Piercings waren streng verboten. Als Pastorenkind stand er unter Druck, immer ein Vorbild zu sein. «Dieser Druck kam mehr vom Umfeld als von den Eltern. Trotzdem sah ich mich vieler Freiheiten beraubt.» Innerlich begann Jeremy zu rebellieren.
Zugedröhnt mit Ablenkungen und Kicks jeder Art
Mit 13 begann Jeremy zu rauchen und Alkohol zu trinken, bald darauf kiffte er. Mit 15 machte er erste Erfahrungen mit härteren Drogen und Alkoholeskapaden entwickelten sich zum Lebensstil. «Ich hatte vier Alkoholvergiftungen und meine Eltern mussten mich wiederholt auf der Polizeistation abholen.»
Als Teenager litt Jeremy unter Depressionen und hatte eine ständige Wut im Bauch. Um der quälenden Leere in seinem Innern und den Selbstmordgedanken zu entfliehen, betäubte er sich mit Drogen und Alkohol. In seiner Clique gehörte Rapmusik dazu, deren Texte Gewalt, Sex, Drogen verherrlichten. Das gehörte nun alles dazu. «Gewalt, Drogendealen und Einbrüche waren immer wieder ein Thema bei uns.» Die Jugendlichen litten zunehmend unter psychischen Problemen, es gab auch mehrere Selbstmorde. Einige wurden ausgewiesen, andere landeten im Gefängnis. «Beim Versuch, die anderen zu beeindrucken, eskalierte es immer wieder.»
Als einer nach dem anderen verhaftet wurde oder starb, machte sich Jeremy ernsthafte Gedanken, betäubte diese aber mit Suchtmitteln. «Ich wusste, dass es mir irgendwann gleich gehen würde wie meinen Kumpels, sah aber keinen Ausweg.»
Hawaii
«Als ich einen Tiefpunkt erreichte, wusste ich, dass ich mein Leben ändern musste.» Jeremy war verzweifelt, sah er aber keinen Weg, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. In dieser Situation boten ihm seine Eltern an, eine christliche Schule in Hawaii zu besuchen. Mit dem innigsten Wunsch, dem Alltag zu entkommen und gleichzeitig der Aussicht auf eine schöne, neue Welt, sagte er sofort zu. Mit dem Wunsch, neue Abenteuer zu erleben, reiste Jeremy 2010 nach Hawaii.
«Die Leute begrüssten und umarmten mich.» Die Ankunft in Hawaii war überwältigend. In seiner früheren Clique waren die Jugendlichen zwar zusammen, zogen sich aber gegenseitig runter. Doch hier erlebte er echte Annahme. «Die Liebe und die Freude dieser Menschen waren unglaublich, das hat mich tief berührt.» Jeremys Herz wurde weich und er begann, sich für den christlichen Glauben zu öffnen. «Die Predigten über die Liebe Gottes lösten viel aus. Nie hatte ich Gott als liebenden Vater gesehen.» Ein übernatürlicher Friede erfüllte ihn. Diese Erfahrung überstieg alles, was er bisher kannte.
Schweiz, Absturz, Neuanfang
Nach sechs Monaten kehrte Jeremy mit neuer Lebensfreude in die Schweiz zurück. Leider wurde er bald rückfällig. «Ich hatte keine christlichen Freunde und hing bald wieder mit meiner Clique ab.» Zuerst hielt er sich noch von Suchtmitteln fern, doch bald schon hatten ihn Alkohol und Drogen wieder im Griff. «Meinen Glauben habe ich aber nicht verloren.»
An einem Abend im Jahr 2011 stürzte er so richtig ab. «Ich hatte alle möglichen Drogen konsumiert.» In diesem Zustand war es, als würden sich Jeremys innere Augen öffnen. Klar sah er vor sich, wie ein Leben mit Gott und ein Leben ohne Gott aussehen würde. «Dies dauerte nur eine Sekunde, doch ich könnte lange erzählen, wie die jeweiligen Leben aussehen.» In diesem Augenblick hörte er eine Stimme: «Jeremy, du musst dich heute entscheiden!» Das genügte. «Ich wusste, dass ich alles loslassen und nur noch mit Gott unterwegs sein wollte.» Diese Erfahrung gab ihm die Kraft, um von jeglichen Suchtmitteln loszukommen. Nach wenigen Wochen trank und rauchte er nicht mehr und auch Drogen waren kein Thema mehr.
Ein neues Leben
Das alles liegt jetzt zehn Jahre zurück und Jeremys Leben hat sich seither radikal verändert. «Heute weiss ich, was meine Identität ist», erklärt er. «Durch Jesus habe ich ein total neues Leben gefunden.» Und dieses Leben drückt sich in verschiedensten Bereichen aus. Seit 2018 ist er mit Danuxy verheiratet und Vater eines zweijährigen Sohnes und einer neugeborenen Tochter. Als Familie leben sie in Solothurn.
Eine Berufsausbildung hatte Jeremy nie gemacht. Das hindert ihn jedoch nicht, zu tun, wofür sein Herz brennt. Wie schon sein Vater, wurde Jeremy Pastor und sucht mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Dabei geht es oft darum, den Leuten zuzuhören, er freut sich aber auch, von seinem Glauben und seinen Lebenserfahrungen zu erzählen. Immer wieder stellt er fest, wie viele Menschen orientierungslos durchs Leben gehen. Es ist Jeremys Leidenschaft, Menschen zu helfen, damit auch sie sagen können: «Ich weiss, wer ich bin und wo ich hingehöre.»
Bei der SMG Schweizerische Missions-Gemeinschaft erzählt Jeremy seine Geschichte:
Zum Thema:
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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch
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