Helen Naylor

«Alles, was meine Mutter mir sagte, war eine Lüge»

Zoom
Helen Naylor (Bild: helennaylorwriter.com)
Helen Naylor wuchs im Glauben auf, sie sei die Tochter von  chronisch kranken Eltern. Doch eine Entdeckung im Erwachsenenalter stellte ihre Welt auf den Kopf…

«Bei meinen Eltern wurden Krankheiten diagnostiziert, als ich sieben Jahre alt war. Bei meinem Vater handelte es sich um Herz- und Lungenprobleme und gleichzeitig wurde bei meiner Mutter Myalgische Enzephalomyelitis (ME) diagnostiziert», erinnert sich Helen Naylor.

«Diese Krankheiten beherrschten unser Leben.» Ihre Mutter brauchte viel Ruhe, oft klagte sie über Unwohlsein und Schlafbedürfnis. Sie verbrachte jeden Nachmittag im Bett.

Weiter durfte Helen beim Einkaufen nicht dabei sein. Das Abenteuer des Süsswarenladens – der Höhepunkt eines Kinderwochenendes – entfiel.

Ihr Vater ging jeden Tag in die Kneipe und liess Helen bei ihrer Mutter, die sich ins Schlafzimmer zurückzog, um nicht gestört zu werden. Die Jahre vergingen, während Helen sich selbst überlassen im Haus herumschlich.

Eine erste Überraschung

Mit subtilen Bemerkungen untergrub die Mutter Helens Selbstvertrauen. «Sie sagte mir, dass ich dicke Finger hätte – nicht wie ihre, ihre waren perfekt. Und ich hätte kurze Beine – nicht wie ihre, ihre waren perfekt. Sie hat mich ständig gewogen.» Das lange Alleinsein und die Beschimpfungen liessen Helen depressiv werden.

Als Helen 16 Jahre alt war, kündigten ihre Eltern an, dass sie nach Amerika gehen würden, um die Familie zu besuchen. Plötzlich war ihr überschaubares Leben voller Möglichkeiten.

Das Unglaublichste war, wie gut es den Eltern plötzlich ging. Vorbei war es mit dem Gehstock, der nachmittäglichen Bettruhe, der Lethargie und Schmerzen. Beide Elternteile plötzlich voller Energie.

Die Wahrheit kommt ans Licht

Zurück in England war die überraschende Frische wieder verflogen. «Wir waren wieder bei den Rollstühlen und Stöcken und Behindertenausweisen. Ich war verwirrt, warum wir nicht unsere Sachen packten und nach Amerika zogen, weil es ihnen dort so viel besser ging.»

Vermehrt begann sich Helen Fragen zu stellen. Doch erst 17 Jahre später, nach dem Tod ihrer Mutter, erfuhr sie die ganze Wahrheit – in Mutters Tagebüchern. «Ich fand heraus, dass sie mich als Kind körperlich missbraucht hatte. Noch vor dem Schulalter hatte sie mich unter Drogen gesetzt. Einmal hatte sie mir einen Arm gebrochen und es gab viele andere Verletzungen.»

Münchhausen-Syndrom

Sie fand auch heraus, dass die Mutter, während Helen in der Schule war, Ausflüge machte. Helen begann zu begreifen, dass alles, was ihre Mutter ihr je erzählt hatte, Lügen waren: «Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hatte. Im letzten Jahr ihres Lebens ging sie für drei Monate nach Birmingham und man testete sie auf buchstäblich alles – einschliesslich ungewöhnlicher Versionen der Parkinson-Krankheit. Sie testeten ihr Gehirn, ihren Magen, buchstäblich alles, und die Ärzte sagten, sie hätten nichts gefunden.»

Helen ist überzeugt, dass Mutter unter dem Münchhausen-Syndrom litt – einer psychischen Störung, die dazu führt, dass eine Person Krankheiten vortäuscht oder herbeiführt, um die Aufmerksamkeit anderer zu gewinnen.

Halt gefunden

Alles, was Helen zu wissen glaubte, war falsch gewesen. Abgesehen von ihrem Glauben: «Gott wirkt auf erstaunliche Weise.» Ihre Mutter ging in die Kirche und zum Bibelunterricht. Sie erzählte Helen die Botschaft von Jesus Christus, als sie sieben Jahre alt war. Dennoch führte sie ein zutiefst verlogenes Leben, das enorme Auswirkungen auf ihre Tochter hatte, die heute noch, mit 39 Jahren, in Therapie ist.

In den Jahren vor Mutters Tod, als sie mit dem zerstörerischen Verhalten ihrer Mutter zu kämpfen hatte, begann Gott «in Träumen und Visionen» zu Helen zu sprechen und sie zu warnen, sich auf Beziehungen zu verlassen.

Helen schreibt Gott zu, dass er sie durch viele ihrer dunkelsten Momente geführt hat: «Im Alter von 16 Jahren hatte ich das Gefühl, dass ich nichts habe, wofür es sich zu leben lohnt. Und dass ich keine Zukunft habe und dass ich völlig wertlos bin. Wenn ich mir mein Leben jetzt anschaue, so habe ich eine tolle Familie und ich habe ein Buch veröffentlicht, wovon ich schon immer geträumt hatte. Das alles verdanke ich Gott.»

Anderen geholfen

Helen will andere Menschen ermutigen. «Ich weiss, dass viele Menschen eine wirklich schwierige Kindheit hatten.» Zum Beispiel wegen Alkoholismus oder Drogen.

Von Gott habe sie Klarheit und Frieden erhalten. Dies will sie mit ihrem Buch («My Mother, Munchhausen's and Me») verbreiten. «Ich finde es erstaunlich, dass Gott in der Lage ist, meine Geschichte zu benutzen. So viele Menschen haben mich kontaktiert und gesagt: 'Du meine Güte, Du hast mir gerade mein Leben erklärt.'»

Zum Thema:
Glauben entdecken
Neurologe war überrascht: Frei von epileptischen Anfällen
Sharon Jaynes: «Wir müssen überlegen: Wem habe ich nicht vergeben?»
Helmut Eschbacher: Von Versöhnung, chronischer Krankheit und Wundern

Datum: 28.03.2022
Autor: Megan Cornwell / Daniel Gerber
Quelle: Woman Alive / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch

Kommentar schreiben

Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich neu, um diesen Artikel zu kommentieren.
Anmelden
Mit Facebook anmelden

RATGEBER

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...

Adressen

CGS ECS ICS