True Talk über Ehe & Sexualität
Leo und Susanna Bigger: «Wir entziehen uns beim Sex nicht»
Was ist das Geheimnis einer guten Ehe? Und wie kann man Gott in die Sexualität mit einbeziehen? Im Interview berichtet die ICF-Pastoren Leo und Susanna Bigger über ihre Ehe, Sexualität und ihre Beziehung zueinander. Was ist ganz allgemein gesprochen das Geheimnis einer guten Ehe?
Leo: Die Zeit zusammen ist entscheidend. Aber die Ehe ist auch wie ein Feuer. Die junge Liebe brennt, aber später muss man immer wieder Holz nachlegen, damit es nicht erlischt. Auch in der Ehe muss man kreativ sein, sich immer wieder überlegen, wie man man die Liebe lebendig erhält. Ehe-Wochenenden sind eine Möglichkeit. In unserem Fall ist das Wandern ein Thema oder zusammen Fahrrad fahren. Einfach Dinge, die man gemeinsam machen kann.
Susanna: Leo macht sich viele Gedanken um die Kirche. Wie sieht sie schön aus, wie kann eine Predigt kreativ gestaltet sein. Genauso viele Gedanken macht er sich auch über die Familie. Zusammen auf dem Sofa sitzen ist auch gemeinsam verbrachte Zeit, aber das ist oft langweilig. Es geht darum, was wir gerne machen. Leo liebt es wie ich draussen zu sein. So haben wir etwas gefunden, das wir gemeinsam als Familie tun können, nämlich wandern oder einen Klettersteig bezwingen.
Das alles hat ja auch viel mit Kommunikation zu tun. Streitet ihr viel? Wenn ja, wie?
Susanna: Wir streiten nicht. Wir sind einfach ruhig und jeder verzieht sich.
Leo: Ich verkrieche mich in meiner Höhle und wenn für mich das Problem gelöst ist, komme ich wieder hervor und alles ist gut. Konflikte dauern bei uns nicht wochenlang an, zwei Stunden vielleicht und dann ist es wieder gut. Ich verliere anschliessend vielleicht ein oder zwei kurze Sätze darüber.
Susanna: Wir haben das Konzept, dass wir uns in einem geschützten Rahmen drei positive Dinge und drei negative Dinge nennen. Das ist konstruktiver als verletzende Auseinandersetzungen.
Leo: Ich habe einen versöhnlichen Geist, ich bin nicht nachtragend. Und ich gehe davon aus, dass Susanna ihr Bestes gibt, so wie ich mein Bestes gebe. Wenn Susanna drei Dinge sagt, die sie nerven, dann setze ich alles daran, diese zu ändern, selbst wenn es mir nicht einleuchtet. Dadurch diene ich ihr, denn wenn sie nicht glücklich ist, kann ich es auch nicht sein und umgekehrt. Das beruht auf Gegenseitigkeit, es ist keine Einbahnstrasse, sondern wir sind ein Team.
Susanna: Bereitschaft für den andern ist ein Grundsatz unserer Beziehung.
Wenn ihr zurückschaut, hat sich eure Beziehung in der Zwischenzeit verändert?
Leo: Sie entwickelt sich. Das ist normal und das ist notwendig. Und das ist auch das Schöne. Erst ist man Single, dann ein Paar, schliesslich kamen bei uns dann die Kinder. Die Kinder ändern dann alles. Im finanziellen Bereich, im Privatbereich. Durch das viele Reisen werden die Freitage mit der Familie bewusst geplant, spontan geht es nicht mehr. Mit Kindern muss man die Ehe bewusster leben und muss Wünsche und Bedürfnisse planen.
Wie lebt ihr gemeinsam eure Beziehung zu Gott?
Leo: Wir beide haben uns entschieden, der Church und Gott zu dienen. Wir sind eine Familie, in der Jesus durch alles hindurch das Zentrum ist, bezogen auf die Arbeit, Freizeit, Geld, Sexualität, auf alles.
Susanna: Ich bin Frühaufsteherin, Leo ist ein Spätaufsteher. Daher macht jeder seine Zeit mit Gott auf unterschiedliche Weise.
Leo: Wir haben einen regelmässigen Austausch über Visionen, Projekte, Predigten, alles wird ausgetauscht. Wir reden über die verschiedenen Themen oft intensiv.
Susanna: Viele Menschen haben ein bestimmtes Bild, was miteinander «Stille Zeit» machen bedeutet. Davon habe ich mich persönlich verabschieden müssen. Jeder von uns hat einen anderen Zugang zu Gott. Und das ist gut so und auch bereichernd. Meine Eltern lesen noch heute gemeinsam die Bibel und beten zusammen. Das machen wir nicht, wir machen es anders. Das Coole daran ist, dass es viele Varianten und Optionen gibt, gemeinsam Gott in der Beziehung zu erleben.
Was ratet ihr prinzipiell Eheleuten oder jung verheirateten Paaren?
Susanna: Ein Geheimnis ist, an einem freien Tag pro Woche etwas gemeinsam zu unternehmen. Das bildet ein Fundament in der Beziehung. Und wenn Kinder da sind, sollte man früh damit anfangen.
Leo: Wichtig ist, eine Schnittmenge von Hobbies zu finden. Bei uns sind das wie gesagt die Outdoor-Aktivitäten. Wenn jeder nur seinem eigenen Hobby nachgeht, lebt man sich unweigerlich auseinander. Diese Dinge muss man früh anfangen zu entdecken. Eheleute sind wie zwei Boote: Wenn sie nicht aneinander angebunden sind, bewegen sie sich automatisch auseinander. Wichtig ist mir auch, dass wir ständig die Übung mit den drei Stärken und drei Schwächen machen. Dies bringt uns weiter und immer wieder näher zueinander.
Susanna: Leo muss mich immer wieder darauf ansprechen, dass wir Dinge jetzt gemeinsam tun. Daher höre ich auch nicht auf, Ski zu fahren. Denn das grössere Ziel ist es, dass wir gemeinsam Zeit verbringen und nicht, dass ich Ski fahren cool finde. Wenn die ganze Familie in ein Hobby involviert ist, motiviert mich das zum Weitermachen. Ich müsste nicht mehr Ski fahren, aber ich mache es gerne der gemeinsamen Zeit wegen.
Leo: Man muss eine Kultur entwickeln, um Sachen gemeinsam zu tun. Für Samstagsausflüge musste früher jedes Familienmitglied einzeln einen Ausflug planen, so dass jeder seine Wünsche einbringen und verwirklichen konnte. Innovativ bleiben ist wichtig. Genauso ist es in der Smallgroup: Wenn immer der Gleiche alles vorbereitet, bleibt es immer gleich. Aber zusammen etwas zu machen, ist letztendlich immer wichtiger als das, was man macht.
Was bedeutet Treue für euch?
Leo: Wenn du dich für einen Partner entschieden hast, dann ist er der Einzige, den du hast. Es ist auch eine egoistische Investition, denn für den Partner gilt dasselbe. Du kannst auch passiv treu sein, weil du musst. Aus Faulheit, so im Stile von: ich mache ja nichts. – Ich will aber aktiv treu sein.
Susanna: Treu sein, dass es Spass macht.
Leo: Ich will innovativ bleiben, kreativ sein, damit es Spass macht. Auch soll man hungrig sein nach Ideen, interessiert sein, weil man sich ständig weiterentwickeln will. Das ist ja auch so bei der Sexualität: Das soll kein Stress sein, kein Druck. Wenn es nicht gut gegangen ist, haben wir darüber gelacht: Das war jetzt saumässig schlecht.
Ihr nehmt Gott in alle Lebensbereiche hinein; Gott in die Sexualität hineinnehmen, ist für viele eine schräge Vorstellung.
Leo: Überhaupt nicht, Gott hat den Sex kreiert. Aber wir beten nicht vor dem Sex. Natürlich kann man beten: «Gott, mach mich wieder spitz, oder zeige mir die Schönheiten meiner Frau.»
Susanna: Wir haben gemeinsam Richtlinien kreiert: Wir entziehen uns beim Sex nicht. Das gibt es nicht.
Leo: Niemand bockt. Wenn der andere Lust hat, dann macht man es. So dienen wir einander. Bei uns gibt es keine Bestrafung durch Sexentzug. Selbst, wenn wir uns zuvor gestritten haben, haben wir dennoch Sex gehabt. Das ist ganz wichtig: Wir dienen einander, ohne den andern in irgendeiner Form zu missbrauchen, denn das ist eine Einstellung im Herzen. Ich entziehe mich nicht, denn wenn ich mich entziehe, öffne ich eine andere Box, lasse andere Gedanken in mich hinein.
Webseiten:
Zum Thema:
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Autor: Lili Vogel / Detlev Reich
Quelle: ICF Church Magazin
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