Theologie & Glaubensleben
Spiritualität senkt Heilungskosten
Durch eine begleitende geistliche Betreuung von Patienten können langfristig Heilungskosten gesenkt werden. Das zeigte sich am Symposium «Spiritual Care - von der Erkenntnis zur Wirklichkeit» in der Klinik SMG in Langenthal.
75 Prozent der Patienten der Klinik SGM vertrauten jedoch auf deren heilende Wirkung und seien deshalb hier. Schäfer sprach von einer Pionierleistung, dass die Privatklinik vor 25 Jahren gegründet wurde. Heute ist sie fest etabliert, nicht zuletzt dank der Definition für Gesundheit, in welche die Weltgesundheitsorganisation WHO 1995 auch Spiritualität aufgenommen hatte: «Gesundheit ist ein Bestimmungsfaktor für Lebensqualität einschliesslich des psychischen und spirituellen Wohlbefindens.»
Schäfer wies jedoch auf eine mögliche Rollenkonfusion zwischen Therapie und Seelsorge hin: «Wenn mir ein Mann erzählt, er sei verheiratet, pflege daneben zwei Aussenbeziehungen und fühle sich dabei wunderbar, muss ich als Therapeut nichts weiter unternehmen. Als Seelsorger sieht das anders aus.»
Spirituelle Anamnese
Der Psychoanalytiker, Priester und Jesuit Eckhard Frick ist am interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin der Ludwig Maximilian Universität München Mitinhaber der Professur «Spiritual Care».
Neben einer Einführung in dieses Thema liess er einen Teil der Teilnehmer an einer Studie mitwirken, die aufzeigen soll, wie Spiritualität in der medizinischen Landschaft der Schweiz und Deutschlands vorhanden ist. Er plädierte dafür, zur medizinischen auch eine spirituelle Anamnese (Vorgeschichte) zu erstellen. «Studien zeigen, dass es die meisten Ärzte als ihre Aufgabe ansehen, spirituelle Ressourcen und Ziele ihrer Patienten zu erfassen.
Eine Minderheit sieht das nicht so, besonders wenn es 'Religion' betrifft», führte er aus. Allerdings scheuten nicht nur Mediziner, sondern auch Patienten vor dem Thema zurück, da religiöse Fragen als sehr intim empfunden würden und immer noch ein Tabu darstellten. Andererseits zeigten weitere Erhebungen, dass spirituell gut betreute Patienten weniger Kosten verursachen.
Wer durch seinen Glauben Kraft und Hoffnung empfängt oder zu einer tragenden Gemeinschaft gehört, sei zum Beispiel am Lebensende eher bereit, der Verlegung in ein Hospiz zuzustimmen anstatt auf Intensivpflege zu bestehen.
Der Psychologe und Theologe Constantin Klein aus Bielefeld belegte anhand diverser Statistiken, dass es auch aus wirtschaftlichen Gründen Sinn macht, Spiritualität in die Therapie mit einzubeziehen. Sobald dieser Faktor gesichert ist, werde das Thema für viele Anbieter interessant.
Warmherzige Beziehung
Samuel Pfeifer, Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Sonnenhalde in Riehen, beschrieb die Herausforderungen bei hochreligiösen Patienten in der Psychotherapie.
«Fundamentalistische Christen wie auch Jüdinnen oder Muslime fragen sich, ob ein Arzt ihren Glauben versteht und respektiert», so Pfeifer. Es gibt Hindus, welche von Heiligenschreinen eine heilende Wirkung erwarten. Orthodoxe Juden hielten sich an unzählige Gebote, um ihrer Religion zu genügen.
«Solange sie innerhalb ihres Systems bleiben, kann es ihnen gut gehen. Schwierig wird es bei den Übergängen in eine andere Lebensform.» Für den Umgang mit diesen Menschen gelte daher: «Eine warmherzige, fürsorgliche Beziehung ist in der Therapie wichtiger als religiöse Übereinstimmung.»
Wichtige Vernetzung
Sarah Böhm-Aebersold, christkatholische Priesterin, arbeitet als Spital- und Heimseelsorgerin in Solothurn. «Mir wurde am Symposium bewusst, wie wichtig die Vernetzung ist und dass ein interdisziplinärer Austausch viel bringt. Wenn ich dem Pflegepersonal mitteile, dass sich eine Patientin durch ein Gebet beruhigt, könnte es darauf zurückgreifen, wenn ich nicht da bin. So können wir einander ergänzen.»
Mario R. Mainetti, Kunsttherapeut in Biel, ist begeistert, dass Spiritualität endlich enttabuisiert wird. «Viele Institutionen sind offen dafür, es fehlen aber die Finanzen. Wenn sich Gesundheitskosten senken lassen, ist das ein Anreiz, die Auswirkungen von Spiritualität wissenschaftlich zu erforschen. Und damit werden Gelder frei für entsprechende Therapieformen.»
Diesen Artikel hat uns freundlicherweise «Idea Spektrum Schweiz» zu Verfügung gestellt.
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: ideaSpektrum Schweiz
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