World Economic Forum
Was würde Jesus am WEF tun?
Alex Kurz, Buchautor und evangelischer Pfarrer, leuchtet in unserem Hintergrundgespräch aus, wie sich Jesus wohl unter den Mächtigen und Reichen von heute verhalten hätte.
Livenet.ch: Alex Kurz, am WEF geht es vorwiegend um Wirtschaft, um Geld und Jesus ging es vor allem um den Geist. Hätte er am WEF überhaupt etwas verloren?
Alex Kurz: Jesus hätte am WEF wohl weder Geld noch Geist gesucht – sondern Menschen. Das hat er immer getan. Und wahrscheinlich hätte er in unseren Tagen vor allem Menschen gesucht, bei denen er das Gefühl hätte, dass sie vom Geld gebunden sind und die Sehnsucht nach dem echten Leben haben.
Was würde er am WEF tun?
Ich denke, er würde nicht das WEF reformieren. Er lebte damit, dass es einen Markt gibt. Er lebte damit, dass es Geld gibt. Ich denke, er würde Menschen begegnen und schauen, wo er Menschen findet, bei denen nicht das Geld ihnen gehört, sondern sie dem Geld gehören.
Wie würde er auf die Leute zugehen?
Menschen, die dem Geld gehören, sind Menschen, die das Geld als Gott ansehen. Und davor hat Jesus gewarnt. Und wahrscheinlich würde er Fragen stellen wie: «Wenn du echtes, erfülltes, ewiges Leben willst, dann gib etwas von deinem Geld.» Dann würde er schauen, was passiert. Wenn das jemand tun und sich sagen würde, dass es den Einsatz wert ist, dann wäre der Mensch auf der Suche und würde wohl auch das Echte finden. Und wenn jemand sagen würde: «Geld weggeben, das geht gar nicht!», dann würde Jesus sagen: «Dann gehört das Geld nicht dir, sondern du dem Geld.»
Hatte sich Jesus zum Thema Geld geäussert?
Im Zusammenhang mit den Steuern für die Römer wurde er immer wieder gefragt. Er pflegte da einen sehr lockeren Umgang und sagte, dass man den Römern Steuern zahlen kann, das sei kein Problem. Er hat aber im Zusammenhang mit dem Geld auch vom «Mammon» gesprochen. Das ist die Form des Geldes, die mich in den Klauen hält. Geld als Zahlungsmittel war für ihn immer etwas anderes, als Geld als Machtmittel und Gottersatz, das Menschen binden kann.
Hat Jesus auch Gleichnisse zu Wirtschaftsthemen verwendet?
Jesus hatte einen unverkrampften Zugang zum Geld. Er sah die Gefahr und erklärte gleichzeitig auch mit Beispielen aus dem Handel und dem Markt, wie der Glaube funktioniert. Er erläuterte dadurch, wie Menschen sich einsetzen und investieren. Zum Beispiel erzählte er von einem Kaufmann, der Perlen suchte. Und es ist logisch, dass er, sobald er die ultimative Perle gefunden hat, die anderen dafür preisgibt. Jesus wollte damit sagen: Wenn ihr das Wirkliche gefunden habt, gebt ihr alles andere dafür her.
Grosse Bühne auf dem WEF, Jesus von Nazareth wird angekündigt. Er geht ans Rednerpult und beginnt zu sprechen. Was würde er sagen?
Er würde das Publikum vielleicht mit eine seiner zentralen Aussagen herausfordern, zum Beispiel: «Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber Schaden an seiner Seele nimmt und seine Seele verliert?» Jesus hat mit Fragen oft viel mehr erreicht hat, als wenn er Antworten oder Statements abgegeben hätte. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige WEF-Besucher mit dieser Frage heimgehen und anders handeln würden.
Würde er mit seiner Anwesenheit auch die Welt ein wenig verbessern?
Das Spannende ist, dass Jesus nie die Welt verbessern wollte. Er sprach von einer neuen Welt, vom Reich Gottes. Allerdings – das muss man immer wieder sagen: Jene Menschen, die vom Gedanken des Reiches Gottes angesteckt wurden, haben in ihrem Umfeld manchmal einen Unterschied zum Besseren ausgemacht. Es wäre also nach seinem fiktiven Auftritt am WEF nicht auszuschliessen, dass es danach an verschiedenen Orten anders zu und hergehen würde.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet
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