König Salomo

Er würde am WEF mit Logik überzeugen

König Salomo erlangte durch seine Geistesblitze Weltruhm. Seine Genialität fände am Weltwirtschaftsforum WEF in Davos interessierte Zuhörer. Salomo war einer der grossen Denker, seine Weisheit prägte eine ganze Epoche und noch heute zitieren wir ihn regelmässig; etwa mit Wendungen wie «Wer andern eine Grube gräbt …» oder «Hochmut kommt vor dem Fall …». Alex Kurz, Buchautor und evangelischer Pfarrer, ist ein Kenner des Weisen aus der Bibel.

Alex Kurz, wer war König Salomo?
Alex Kurz
: Er war der Nachfolger des grossen Königs David. An seinem Hof bildete sich eine eigenständige geistige Kultur, die man heute unter dem Begriff «jüdische Weisheit» kennt. Es war eine Art zu denken, die probiert, den Glauben an Gott so zu fassen, dass er logisch verständlich wird. Das ist ein ehrgeiziges Unternehmen, aber ich würde mal sagen, dass das relativ gut gelungen ist.

Was ist das für eine Weisheit, was muss man darüber wissen?
Die jüdische Weisheit hat gemerkt, dass Logik an verschiedenen Orten aufgemacht sein kann, es gibt nicht nur eine Logik. Und die Logik, die wir kennen – und die wohl auch am WEF vielfach verwendet wird – ist eine «Aber»-Logik. Man weiss zwar, dass es gut wäre auf eine bestimmte Art zu handeln, aber dann kommt alles andere dazwischen und schlussendlich bleibt nicht viel übrig.

Salomo und die Gelehrten um ihn herum kehren das um und machen eine «Abereigentlich»-Logik. Das heisst: «Du kannst das und das erreichen, du kannst so und so leben – aber eigentlich, wenn du es genau durchdenkst, auch von Gott her durchdenkst, merkst du, dass du so nicht weiterkommst, sondern anders.»

Das Spannende ist, dass es einem nicht auf der Gefühlsebene abholt. Es überzeugt nicht auf der Glaubensebene, sondern es überzeugt auf der Verstandesebene, auf der Vernunftsebene. Man muss ihm recht geben, weil das was er sagt einleuchtet.

Können Sie dazu ein Beispiel nennen?
Von dieser «Abereigentlich»-Logik kommt mir etwa der Satz in den Sinn, in dem er sagt: «Es ist besser, ein Stück trockenes Brot mit Freunden zu essen, als ein Festmahl im Streit.» Jeder hat gern ein Essen, jeder hat gerne ein Festmahl, dafür kämpft man, dass man sich etwas leisten kann, dass man weiterkommt, dass man sich etwas anschaffen kann – und er sagt, dass das alles schön und recht ist. Aber beim knallharten Profitdenken ist plötzlich Neid da, Konkurrenzdenken, dort verliert man den Frieden, und dort knüpft Salomo an Gott an und sagt: «Gott sagt, macht Frieden, denn dann ist sogar ein trockenes Stück Brot besser, als ein Festessen!» Und das ist logisch, das ist vernünftig und das nimmt ein.

Angenommen Salomo würde am WEF reden können, was würde er sagen?
Als erstes würde er wohl Gott ins Spiel bringen und dann würden die Leute wohl rasch denken, dass das Nichts mit ihnen zu tun hat, dass das nicht ihr Business ist. Salomo würde dann von diesem Gedanken, dass Gott Herr über alles ist, beginnen verschiedene Gedanken abzuleiten, logische Sätze, vernünftige Schlüsse, welche die Leute mehr und mehr rein nehmen würden und ich kann mir gut vorstellen, dass es eine grosse Aufregung und eine grosse Bewegung gäbe, weil man erstmals merken würde, dass man sich nicht nur vom Geld, vom Markt und dem eigenen Profitdenken aus logisch weiterentwickeln kann.

Er würde sich wohl auch zum EU-Raum äussern, wo die Völker mehr und mehr unter dem System zu darben beginnen. Wie würde er sich da äussern?
Er würde wohl sagen: «Leute, überlegt euch, was ihr wirklich wollt und was ihr wirklich erhaltet. Und wenn ihr nicht das erhaltet, was ihr wollt, dann müsst ihr umdenken. Dann müsst ihr einen anderen Ansatz zu pflegen beginnen, ansonsten seid ihr Ideologen.» Und ich merke, dass in der ganzen Debatte um Wohlstand, um die Vermehrung des Marktes eigentlich sehr viel Ideologie herrscht: man erwartet sehr viel und es erfüllt sich sehr wenig. Das überbrückt man eine Weile, in dem man sagt, dass dies Übergangsschwierigkeiten seien – und da bräuchte es wahrscheinlich einen, der sagt: «Da ist ein Fehler im Denksystem!»

Und ich habe das Gefühl, wenn wir Gott gegenüber die Verantwortung für das was wir tun wieder entdecken würden, wären wir da eingebunden in einen Rahmen, in welchem sich die Dinge, die wir uns von einem guten Leben versprechen, auch mehr erfüllen würden. Weil der Markt, das Geld und alle wirtschaftlichen Interessen nicht grenzenlos wären.

Irgendwann kann man nicht mehr wachsen. Wenn jeder Mensch täglich zwei Liter eines bestimmten Getränkeherrstellers trinkt, kann schliesslich auch dieser nicht mehr wachsen…
Oder es entsteht ein anderes wachsen, ein menschliches Wachsen, ein Wachsen in der Solidarität, ein Wachsen im Miteinander und nicht im Gegeneinander, ein Wachsen, das mehr bedeuten kann, als nur Konkurrenzkampf – und das sind die Dinge, die wirtschaftlich absolut zu Buche schlagen würden, aber dann muss man sich einbinden, in etwas grösseres. Salomo würde sagen, in eine Gottesbeziehung, in eine Gottesgeschichte und dort kann man diese Werte ableiten, die einem helfen, ein gesundes Wachstum zu fördern.

Neben Salomo umfasste diese Denkerhochkultur eine ganze Bewegung, die auch mit Jesus weitergezogen wurde, wie würden Sie das beschreiben?
Jesus greift die jüdische Weisheit ganz klar auf, in seinen Gleichnissen und in seinen Reden. Er entwickelt sie auch weiter und sagt, dass noch ein göttliches Reich auf uns zukommt. Das kannte die Weisheit noch nicht.
Jesus sagt zum Beispiel: Unsere Marktlogik sagt, fünf Brote und zwei Fische sind angesichts von 5000 Menschen nichts! Dann sage ich, als jemand der genauso logisch und genauso rational denken kann, fünf Brote und zwei Fische sind nie Nichts, es sind zwei Brote und zwei Fische. Und jetzt kommt es darauf an, wie man das beurteilt. Man kann auch sagen, dass dies ein Anfang sein kann. Wenn man zum Beispiel zu teilen beginnt, und diese Dynamik weitergeht, dann kann es sein, dass man in einem solchen Teilen und Gott danken für das Wenige, das man hat, plötzlich genug für alle hat. Und das ist genau diese weisheitliche Logik. Man merkt plötzlich: Eigentlich hat er ja recht – und schon ist man in einem neuen Denken drin, in einem neuen Glauben.

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Datum: 29.01.2011
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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