Herzogenbuchsee
«Das Läuten der Glocken wurde vermisst»
Am 24. Dezember 2019 stand in Herzogenbuchsee die Welt still. Ein Feuer zerstörte Teile des Kirchturms. Auch Menschen, die keine besondere Beziehung zur Kirche haben, vermissten mit der Zeit das Läuten der Glocken.
Wer heute über die Linde fährt, sieht den Kirchturm von Herzogenbuchsee schon von weitem in der Sonne kupferfarben schimmern. Im Sommer 2021 erfolgte die Einweihung mit dem 14-tägigen Programm «Die Kirche lebt». Dies um auszudrücken, «dass wir nicht nur einen schweren Einbruch erlebten mit dem Brand des Kirchenturms, sondern dass dies auch etwas geweckt hat und etwas Neues daraus wird», erinnert sich Hélène Ochsenbein Flück, Pfarrerin in Herzogenbuchsee.
«Am Anfang war es ein Schock», blickt Kirchgemeinde-Präsident Michel Vauthey zurück. «Wir fragten uns, ob wir den früheren Zustand wieder hinbekommen. Dank der Mithilfe von verschiedensten Menschen konnten wir es dennoch realisieren. Für die Beteiligten war es aber ein Weg mit mancher schlaflosen Nacht.» Zumindest konnten auch Ergänzungen gemacht werden, die in nächster Zeit ohnehin fällig geworden wären. «So konnte zum Beispiel die ganze Fassade neu gestrichen und saniert werden.»
Vom Mahnmal zur Widerherstellung
«Ich habe immer noch das Bild vor Augen, als nur noch der Turm da gestanden ist und die Spitze des Kirchturms fehlte», erinnert sich Hélène Ochsenbein Flück. «Es war wie ein Mahnmal. Zuerst waren noch die verkohlten Balken da und dann waren diese auch weg. Lange stand der Turm so.»
Zu Weihnachten 2019 war es für lange Zeit still geworden. «Mich berührte, dass unsere Glocken nicht mehr zu hören waren. Jene der katholischen Schwesterkirche läuteten und das war sehr schön, doch ich merkte, wie mir unser Geläut fehlte.» Das ist nun anders. «Jetzt leuchtet der Kirchturm und es ist kostbar, dass wir ihn wieder haben. Der Kontrast vom Mahnmal zum widerhergestellten Turm ist eindrücklich und berührend.»
Glocken wurden vermisst
«Viele Leute haben uns angerufen», erinnert sich Michel Vauthey. Zwar wird öfters Kritik wegen des Glockengeläuts geübt, aber nun drückten viele ein Bedauern aus, weil es nicht mehr zu hören war. «Viele sagten zum Beispiel, dass sie früher die Fenster öffneten und der Klang sie beruhigte. Es war schön, wie die Bevölkerung sich für das Ganze interessiert.»
Zwischenzeitlich wurden gar Führungen durchgeführt: Besuchende hatten die Möglichkeit, auf das Gerüst hochzugehen und zu schauen, wie es aussieht. «So konnten die Leute 'Buchsi' von oben anschauen.» Der Turm ist nun besser begehbar, weil die Treppe wieder instand gestellt werden konnte.
Verbundenheit war gross
Nach dem Brand war die Betroffenheit im Dorf riesig, erinnert sich Hélène Ochsenbein Flück. Auch bei Leuten, die nicht so oft in die Kirche kommen – die Verbundenheit war gross gewesen.
«Rasch kam danach auch ein Bewusstsein auf, dass die Kirche zwar stark versehrt ist, aber wir trotzdem Kirche sind und zusammen kommen können. Wir sind eine Gemeinschaft, etwas, das lebt. Corona warf dann alles etwas über den Haufen. Doch weil wir dieses Lebendige gespürt haben, kamen wir auf dieses Motto 'Die Kirche lebt'.»
Die Geschichte um den Brand und Wiederherstellung des Kirchturms ist auch in einem Buch namens «Brand und Wiederaufbau» festgehalten, welches beispielsweise bei der Reformierten Kirche oder bei der Gemeindeverwaltung Herzogenbuchsee erhältlich ist.
Zum Buch:
Brand und Wiederaufbau
Zum Thema:
Brand an Heiligabend: Kirchturmbrand hinterlässt Millionenschaden
Kirchturm-Brand mobilisiert: Mehr als ein Gebäude: Solidarität nach Kirchenbrand
Brand in US-Kirche: Fast alles zerstört, nur die Bibeln überlebten
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet
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