Kirche und Staat
Mehr Autonomie für Berner Landeskirchen
Der Kanton Bern lockert das traditionell enge Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Mit dem neuen Kirchengesetz können Landeskirchen ihre Pfarrer künftig selber anstellen. Ein Antrag auf Trennung von Kirche und Staat war im Grossen Rat chancenlos.
Die prägendste Änderung des neuen Kirchengesetzes ist, dass die Kirchen ihre Geistlichen in Zukunft selber anstellen und über ihre Entlöhnung entscheiden können. Damit verlieren die Pfarrleute im Kanton Bern nach 212 Jahren ihren Status als Staatsangestellte. Ein schweizerischer Einzelfall hat ein Ende. Zudem sind die Landeskirchen bei ihrer Organisation selbst verantwortlich. Das neue Gesetz soll ab 2020 gelten.
Kirche kann weiter auf Steuergelder zählen
Der Berner Grosse Rat hat am Mittwoch, 6. September 2017, in erster Lesung das totalrevidierte Gesetz über die Landeskirchen genehmigt. Einen vollen Tag lang diskutierte der Grosse Rat am Mittwoch über die Totalrevision des Landeskirchengesetzes, wie die Berner Zeitung BZ berichtete. Dabei blieb der Kernpunkt, die Anstellung und Entlöhnung der Pfarrpersonen, weitgehend unbestritten.
Der Grosse Rat stellte sich auch hinter das neue Finanzierungssystem: Dieses sieht einen jährlichen Sockelbeitrag des Kantons sowie Beiträge an die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Landeskirchen vor. Der Sockelbeitrag an die drei Landeskirchen umfasst 43,2 Millionen Franken, wovon 34,8 Millionen Franken an die evangelisch-reformierte Landeskirche fliessen. Ebenso honoriert der Kanton die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Kirchen mit jährlich 31,4 Millionen Franken.
Synodalratspräsident Andreas Zeller zeigte sich im Regionaljournal von SRF zufrieden mit dem Entscheid: «Wir konnten aufzeigen, was für eine lange, gemeinsame Geschichte der Kanton Bern und die Kirche haben. Und wir konnten auch zeigen, welche Leistungen die drei Landeskirchen für die Gesellschaft erbringen.»
Anerkennung von Freikirchen (noch) kein Thema
Der Einbezug weiterer Religionsgemeinschaften ist im vorliegenden Gesetz kein Thema. Freikirchen bleiben unabhängig, erhalten aber auch keine zusätzlichen Rechte für die Leistungen, die sie zu Gunsten der Gesellschaft erbringen. Dies möchten die EVP-Grossräte Marc Jost und Philippe Messerli gerne ändern. Sie haben dazu das Postulat für eine «kleine Anerkennung mit grosser Auswirkung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt» eingereicht. Ziel des Vorstosses ist, auch anderen Glaubensgemeinschaften, welche gesellschaftlich relevante Leistungen erbringen, die Chance auf eine öffentlich-rechtliche Anerkennung zu geben. Anerkannten Glaubensgemeinschaften müssten dann Rechte wie Zugang zu Spital-, Gefängnis- und Militärseelsorge, Möglichkeit von Religionsunterricht und Benutzung von Schullokalen oder Steuerbefreiung auf Grund von Gemeinnützigkeit gewährt werden.
Eine öffentlich-rechtliche Anerkennung für andere Glaubensgemeinschaften würde auch alle weiteren im Kanton vertretenen Religionen umfassen. EDU-Grossrat Johann-Ulrich Grädel sieht darin gewisse Risiken: «Das könnte bedeuten, dass auch muslimische Gemeinschaften eine öffentlich-rechtliche Anerkennung bekommen könnten. Ich denke nicht, dass wir das wirklich wollen.»
Antrag auf Trennung von Kirche und Staat chancenlos
Gescheitert ist ein Antrag des Grünliberalen Michael Köpfli auf Rückweisung des Gesetzes an den Regierungsrat. Köpfli forderte eine striktere Trennung von Kirche und Staat. Mit dem neuen Gesetz überweise der Staat den Kirchen gleich viel Geld wie bisher, nur in anderer Form. Dadurch bleibe alles beim Alten, argumentierte der Grünliberale. Nichts wissen wollte der Grosse Rat auch von der Forderung der SP, die Regierung solle das Gebiet der Kirchgemeinden so festlegen, dass jeder Kirchgemeinde mindestens 1'000 Mitglieder angehörten, wie die Berner Zeitung weiter berichtete.
Im März 2018 kommt es zu einer zweiten Lesung im Grossen Rat. Erst dann wird definitiv entschieden, ob das Gesetz verabschiedet wird.
Zum Thema:
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Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet
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