Provokative Evangelisation

Gratis-Einkauf in der Migros

Jemand bezahlt einem wildfremden Menschen den ganzen Einkauf – um zu symbolisieren, dass Jesus Christus die Rechnung für sie bezahlt hat. Es ist eine provokative Form der Evangelisation und nennt sich «Pay the Bill».

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Christoph Schum
«Ziel ist, den Menschen vor Augen zu führen, was Jesus für uns am Kreuz getan hat», nennt Christoph Schum den Hintergrund dieser Aktion. «Damit uns die Menschen zuhören, provozieren wir sie so, dass jeder die Botschaft hören will.» Dazu geht man in einen Laden oder ein Einkaufszentrum, spricht am Eingang eine Person an und bietet ihr an, an der Kasse auf sie zu warten und die Rechnung zu übernehmen.

Die kreative Idee kam während einem Brainstorming mit Theologiestudenten vom ISTL Zürich. Manchmal muss man eine freche Idee mutig ausprobieren. So kam es, dass wir an einem Dienstag in Oerlikon in Zweierteams loszogen. Wir setzten die Idee im Migros, Coop und Kiosk um. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch wurden die ersten Einkäufer angesprochen.

Beschenken, weil man beschenkt ist

Mutig war der Einsatz, weil die Kosten von den Studenten übernommen wurden. Wir waren unsicher ob es funktioniert. Wird es für uns teuer werden? Werden sich die Leute überhaupt interessieren, warum wir das tun?

Die grosse Erleichterung stellte sich ein, als die ersten Menschen an die Kasse kamen. Wir beobachteten, dass sie Ware für rund 50 Franken zur Kasse brachten. Wie versprochen gingen wir auf die Person zu und zahlten ihren Einkauf. Die Neugier war gross. Schon beim Einpacken fragten sie: «Warum macht ihr das?» Jetzt waren wir am Ball: «Weil Gott uns reich beschenkt hat.» Wir konnten erklären, dass Jesus uns das ewige Leben in seiner Gegenwart geschenkt hat. Dazu gehört auch die Gemeinschaft mit Gott und die Möglichkeit, ihn immer besser kennenzulernen.

«Ich betete mit jeder Person, der ich den Einkauf zahlte», erinnert sich Christoph Schum. «Es kam nicht direkt zu einer Umkehr zu Gott, aber die Menschen begegneten ihm. Die Aktion hat unsere Erwartungen übertroffen. Wir gingen davon aus, dass wir das Evangelium würden erklären können, aber es ging weiter: wir konnten sogar für die Menschen beten.»

Die Angst, eine nicht bezahlbare Rechnung zu erhalten, bestätigte sich bis heute nicht. «Die Menschen haben Respekt vor jemandem, der grosszügig ist. Es kann aber Weise sein, eine Limite von zum Beispiel hundert Franken zu nennen.»

Erster «Pay-the-Bill-Pastor»

Eine Woche später begegnete er einem Mann mit Migrationshintergrund vor einem Kiosk. «Ich ging auf ihn zu und sagte: 'Egal was du kaufst, ich zahl es dir!' Seine Reaktion: 'Was? so schön!' Er ging zur Kiosk-Frau und bestellte Zigaretten. Ganz unerwartet drehte er sich zu mir um und fragte: 'Auch Zigaretten?' Ich zögerte bis ich zusagte. Ich wurde unsicher, ob Zigaretten wirklich sinnvoll sind. Schlussendlich wollte auch er wissen, warum ich seine Rechnung bezahle. Auch er sagte, dass ihm so etwas noch nie wiederfahren sei, dass ihm jemand etwas gekauft hatte, erst recht kein Schweizer. Ich erklärte ihm, dass ich es getan habe, weil Gott auch ihn beschenken wolle. 'Dann kann ich diese Zigaretten aber nicht nehmen, weil Gott würde mir nie Zigaretten schenken.' Ich bestätigte, dass Gott das nicht tun würde, aber dass er ihm helfen würde, frei zu werden. Auch für ihn konnte ich beten. Eine Woche später begegnete ich ihm erneut vor dem Kiosk. Er kam auf mich zu und lachte. Diese Geschichte wird er nicht so schnell vergessen. Er hat erlebt, dass die Kirche ihr gewohntes Territorium verlassen hat und zu ihm gekommen ist.»

Unerreichte erreichen

Interessant an diesem Einsatz ist, dass man Menschen erreicht, die vielleicht denken, dass sie Gott nicht brauchen. Sie haben zwar eine schöne Wohnung und einen guten Job, eine Freundin, ein Auto und gehen jedes Jahr zweimal in die Ferien. Aber bei so einer kreativen Idee wollen die meisten Menschen wissen, warum man das tut. Da können wir Menschen von Jesus erzählen, bei denen das sonst nicht gehen würde. Eine solche Aktion ist in unserer Kultur ein geeigneter Türöffner für das Evangelium. Ich bin gerne bereit, wenn jemand eine Inspiration braucht, zu helfen, damit sie «Pay the Bill» umsetzen können.

Christoph Schum macht einen konkreten Vorschlag für junge Menschen, die wissen, wie man das Evangelium erklärt: «Zwei, drei junge Menschen können sich zusammen tun und im Gottesdienst die Idee von 'Pay the Bill' vorstellen. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sie so ein paar grosszügige Menschen finden, die für diesen Einsatz gerne 100 Franken spenden. Ich weiss von einem grosszügigen Unternehmer, der hat sogar mehrere tausend Franken investiert. Wer weiss, was für Leute so vom Evangelium hören, die sonst schlichtweg keinen Bezug zu jemandem haben, der Jesus persönlich kennt.»

Beschenken lassen

Interessant ist, dass viele Menschen dieses Geschenk fast nicht annehmen können. Ich kann mich an einen Mann erinnern, der hatte an der Kasse sein Portemonnaie selbst zum Zahlen gezückt. Aber einer der Studenten war schneller. Der Mann wollte den Betrag dann dem Studenten zurückzahlen. Vielleicht liegt es an der Kultur, dass man sich nicht beschenken lassen will. Der Schweizer will sein Leben selber finanzieren und im Griff haben.

Doch wenn man sich nicht von Gott beschenken lassen will, kann man auch nicht ewiges Leben geschenkt bekommen. «Auch das leuchtet vielen ein, die keine Beziehung zu Gott haben. Sogar der Mann, der es schliesslich zurückzahlte, merkte, dass sein Leben sonst nur 60-70 Jahre dauert und er danach von Gott getrennt ist.»

Das Wichtigste

Geholfen hat, dass alle Studenten von ISTL-Zürich mit «Evangelism Equipment» (EE) geschult sind. «Dabei lernt man das Evangelium so zu erklären, dass man fragen kann: 'Möchtest Du eine solche Beziehung zu Gott, wie ich sie habe?'» Diese Frage gehört zum Wichtigsten beim Evangelisieren. So realisieren die Menschen, dass da ein Angebot im Raum steht, ein Geschenk Gottes, das ich packen oder bleiben lassen kann. Wenn wir diese Frage stellen, können wir unerwartet oft für Menschen beten, weil sie das eigentlich wollen. Ab und zu kommt es dazu, dass jemand Jesus in sein Leben einlädt, allein darum, weil jemand den Mut hatte, diese Frage in den Raum zu stellen.

Über ISTL

Das theologische Seminar ISTL bildet eine neue Generation von Pastoren, Jugendpastoren, Evangelisten und Missionaren aus. Fundiertes theologisches Arbeiten, gelebter Glaube und die Dringlichkeit der Evangelisation bilden unverzichtbare Werte im Studium. Das Studium bei ISTL basiert auf einem Gemeinde-integrierten Ausbildungskonzept.

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Datum: 11.09.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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