Wilf Gasser
Der SEA-Präsident zur Homosexualität
Im Jahresbericht von Infosekta wurde die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) wegen ihrer Haltung zur Homosexualität kritisiert. Doch was sagt die SEA wirklich zum brisanten Thema? Wie positioniert sie sich? Wir fragten den SEA-Präsidenten Dr. Wilf Gasser.
Livenet: Wilf Gasser, im Jahresbericht von Infosekta wird die SEA wegen ihrer Haltung zur Homosexualität kritisiert. Fühlen Sie sich davon angegriffen?
Dr. Wilf Gasser: Infosekta ist offensichtlich sehr um die gesunde Entwicklung der Evangelischen Allianz bemüht, und eigentlich ehrt uns diese grosse Aufmerksamkeit. Der Zusammenhang von Sektenberatung und Umgang mit Homosexualität ist für mich fragwürdig. Aber bei näherer Betrachtung passt es in die grossen Bemühungen der letzten Jahrzehnte, Sexualität im Namen der Freiheit neu zu definieren. In der postmodernen Sichtweise hat offenbar jeder Mensch ein Recht darauf, sexuell aktiv sein zu dürfen. Egal mit wem, wie und wo und mit wie vielen Partnern. Hauptsache es macht Spass und man hat im entscheidenden Moment den Gummi drum. Und im Kinderschutz ist man sich offensichtlich auch noch einig. Die Verfechter eines 'Rechts auf Sex' geben sich aktuell aber noch keine Rechenschaft darüber, dass mit den heutigen Entwicklungen zwangsläufig auch die Schwachen unter die Räder kommen. Da prallen Weltanschauungen aufeinander, und ich bin froh, dass evangelische Christen überhaupt noch als Stimme wahrgenommen werden.
Die SEA hat zum Thema 2009 Stellung genommen. Wie aktuell ist diese Position der SEA noch?
Die ethischen Aussagen sind grundsätzlich nach wie vor aktuell. Die Stellungnahme genügt den heutigen Fragestellungen in den christlichen Gemeinden allerdings nicht mehr, und wir werden diese in dieser Hinsicht ergänzen. Die grosse Herausforderung liegt in der Frage, wie wir mit Menschen umgehen, die keine Veränderung wollen oder keine erfahren. Eine dem Leben dienende Sexualethik zu formulieren ist das eine. Den Menschen in der Gemeinde zu helfen, danach zu leben, ist eine ganz andere – wichtige – Sache.
Persönlich liegt mir viel daran, dass homosexuell empfindende Menschen in unseren Gemeinden weiterhin auch Annahme und Unterstützung finden, wenn sie einen Prozess der Veränderung suchen oder ihre gleichgeschlechtliche Anziehung nicht ausleben wollen. In der Gesellschaft fallen diese Betroffenen heute zwischen Stuhl und Bank. Natürlich weiss man nie, wohin die Reise führt. Aber dass eine Veränderung der sexuellen Orientierung nicht möglich sei, ist eine dogmatische Festlegung, die nicht klar belegt ist, so wie dies der Infosekta-Bericht glauben machen möchte. Selbst wenn es bei manchen nicht zu einer Schwarz-weiss-Veränderung kommt, so kann doch häufig der Leidensdruck massiv abnehmen. Und bei denjenigen, die wegen Suchtproblemen, häufig wechselnden Partnern etc. Hilfe suchen, kann selbst eine Verhaltensänderung positiv gewertet werden.
Welche Strategie fährt die SEA in dieser Frage? Was kann sie den Gemeinden anbieten?
Es gibt in diesen Fragen keine einfachen Antworten, sondern nur ein intensives Ringen um gute Hilfestellungen für Gemeinden, die mit Betroffenen seelsorgerlich immer einen ganz persönlichen Weg gehen müssen.
Dabei stehen wir im Austausch mit Theologen, Gemeindeverantwortlichen und Betroffenen. Bei diesem Thema ist die persönliche Verletzlichkeit oft riesengross. Gerade deshalb ist es mir ein Anliegen, dass wir nicht den Eindruck erwecken, wir hätten etwas gegen eine bestimmte Menschengruppe wie in diesem Fall Homosexuelle. So leben wir in einem Spannungsfeld. Die christliche Gemeinde will keinen Menschen ausgrenzen, gleichzeitig wird sie nicht jedes Verhalten gutheissen. Wenn unsere Familie an Weihnachten auch mal mit Prostituierten zusammen feierte, musste ich deswegen nicht käuflichen Sex rechtfertigen oder gar gutheissen...
Zum Thema:
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Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / ERF
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