Zu Ostern
Was zählt, ist das Leben
Viele denken, Ostern wäre heute nicht mehr so spannend wie beim ersten Mal. Immerhin steht es inzwischen im Kalender und jeder weiss, wie die Geschichte ausgeht. Doch in dem Moment, wo wir das Ganze auf uns beziehen, wird Ostern wieder spannend und relevant.
Kennen Sie diesen Menschen? Er war ziemlich bekannt, ist aber nicht besonders alt geworden. Er starb, aber nach seinem Tod wurde er von vielen Menschen gesehen. Die Lösung ist – Elvis Presley. Hätten Sie etwas anderes erwartet? Der «King des Rock 'n' Roll» gilt bis heute als erfolgreichster Solosänger aller Zeiten, obwohl er schon 1977 mit nur 42 Jahren starb. Direkt nach seinem Ende begannen die Gerüchte: Das FBI hätte seinen Tod vorgetäuscht und ihn in ein Zeugenschutzprogramm gesteckt, er sei auf der Flucht vor seinen Gläubigern oder Aliens hätten ihn entführt. Eine Frau sah ihn sogar in einem Fastfood-Restaurant und schrieb ein Buch darüber. Es wurde ein Bestseller.
Wie ist das eigentlich an Ostern? Ist die christliche Auferstehungsfeier auch nur ein schiefgegangener Trauerprozess? Die Verleugnung der harten Wirklichkeit, dass Jesus doch tot ist? Begleiten Sie Maria und Co doch einmal mit mir am Sonntag nach der Kreuzigung von Jesus.
Problem Ausweglosigkeit
«Ganz früh am Sonntagmorgen, dem ersten Tag der neuen Woche, nahmen die Frauen die wohlriechenden Öle mit, die sie zubereitet hatten, und gingen zum Grab. Dort angekommen sahen sie, dass der Stein, mit dem man es verschlossen hatte, zur Seite gerollt war. Als sie die Grabkammer betraten, fanden sie den Leichnam von Jesus, dem Herrn, nicht » (Lukas, Kapitel 24, Verse 1-3).
Manchmal gerate ich im Leben in eine Sackgasse. Es geht definitiv nicht voran und Umkehren ist mühsam. In solch einer Situation brauche ich alles mögliche, aber niemanden, der mir sagt: «Du, ich glaube, hier kommst du nicht weiter…» oder «Wie konntest du dich da bloss hinein manövrieren?» Solche Fragen stelle ich mir dann bereits selbst.
In einer ähnlich ausweglosen Sackgasse befanden sich Maria, Maria Magdalena und die Jünger. Drei Jahre lang hatten ihr Leben und ihre Hoffnung einen Namen: Jesus. Doch der war tot. Hingerichtet. Begraben. Niemand musste ihnen sagen: Ihr seid jetzt in einer Sackgasse. Wie soll es denn weitergehen? – Genau das war ja ihre Frage! Die Frauen versuchten, sich durch Arbeit abzulenken und wollten zum Weinen und Abschiednehmen auf den Friedhof gehen. Doch hier wurde ihre Rat- und Ausweglosigkeit noch grösser. Jetzt war nicht einmal mehr der Grabstein da, und Jesus fehlte auch noch.
Ausweglosigkeit ist wie eine Säure, die alles zersetzt. Sie lässt unser Leben zu nichts zerfallen. Alles, was vorher stabil war und funktioniert hat, gilt nicht mehr. Es ist wie weggewischt. Diese Ausweglosigkeit hat viele Namen: Scheidung, Krankheit, Mobbing, Arbeitslosigkeit, Depression, Einsamkeit oder einfach Routine. «Funktionieren» Sie als Christ nur noch? Sie wissen, wie Sie sich verhalten müssen und beherrschen Ihre Vokabeln? «Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden», aber das Leben fehlt? Offensichtlich ging es den Jüngern zur Zeit von Jesus ganz ähnlich.
Wieso schreibe ich an Ostern so ausführlich über Ausweglosigkeit? Nun, zum einen kommen noch mehr Punkte, zum anderen aber ist die Osterbotschaft der Bibel keine frohe Nachricht für fröhliche Menschen. Sie ist Gottes Ansprache mitten in Ihre und meine Ausweglosigkeit.
Baustelle Hoffnung
«Verwundert überlegten sie, was das alles zu bedeuten hatte. Plötzlich traten zwei Männer in glänzend weissen Kleidern zu ihnen. Die Frauen erschraken und wagten nicht, die beiden anzusehen. 'Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten?', fragten die Männer. 'Er ist nicht mehr hier. Er ist auferstanden! Denkt doch daran, was er euch damals in Galiläa gesagt hat: 'Der Menschensohn muss den gottlosen Menschen ausgeliefert werden. Sie werden ihn kreuzigen, aber am dritten Tag wird er von den Toten auferstehen›.' Da erinnerten sich die Frauen an diese Worte von Jesus.» (Lukas, Kapitel 24, Verse 4-8).
Hauptsache Hoffnung? Nein, ich glaube, das reicht nicht. Das wäre wie ein Hoffen auf haltbare Seifenblasen… Hoffnung ist kein Selbstzweck. Sonst wird Ostern zur blossen Idee und Sie können den Aufkleber «Jesus lebt» direkt neben «Elvis lebt» kleben.
Doch die Frauen und die Jünger damals hatten ein Ziel für ihre Hoffnung. Sie hofften auf die Auferstehung. Nur verstanden sie zunächst etwas anderes darunter. Als gläubige Juden war ihnen klar, dass Gott am Ende der Tage alle Gerechten auferwecken würde. Doch was hier geschehen war, hatte niemand so erwartet. Es hat in keiner Religion eine Entsprechung – die echte Auferstehung eines einzelnen Toten gab und gibt es nicht. Es ist unerklärlich, ein Wunder, nicht wissenschaftlich greifbar und schon gar nicht wiederholbar. Trotzdem ist die Auferstehung von Jesus eines der bestbezeugten Ereignisse der Antike mit Hunderten von Zeugen und leicht widersprüchlichen Berichten (was die Echtheit des Ganzen eher unterstreicht als widerlegt).
Der jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide hielt dazu fest: «Wenn eine geschlagene und zermürbte Jüngerschar sich über Nacht in eine siegreiche Glaubensbewegung verwandeln konnte, lediglich aufgrund von Autosuggestion ohne Selbstbetrug – ohne ein durchschlagendes Glaubenserlebnis –, so wäre das im Grunde ein weit grösseres Wunder als die Auferstehung selbst» (Idea 15/2001).
Ein anderer Theologe, der zeitlich näher dran ist an den Ereignissen, betonte die logischen Folgen der Auferstehung: Paulus. «Christus ist der Erste, der vom Tod zu einem unvergänglichen Leben auferstand» (Kolosser, Kapitel 1, Vers 18). Das heisst, Sie und ich werden ihm folgen. «Wenn der Glaube an Christus uns nur für dieses Leben Hoffnung gibt, sind wir die bedauernswertesten unter allen Menschen» (1. Korinther, Kapitel 15, Vers 19). Das heisst, Auferstehung ist keine Idee, kein Konstrukt. Wir werden nur leben, wenn Jesus lebt. «Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo bleibt nun deine Macht?» (1. Korinther, Kapitel 15, Vers 55). Das heisst, dass der Tod seinen Schrecken verliert, weil er nicht mehr die Grenzen setzt.
An keiner Stelle begründen und erklären Paulus oder andere biblische Autoren Ostern näher, aber sie alle stellen die Frage in den Raum: Wollen Sie darauf hoffen? Gleichzeitig scheint Gott mit dem Ostergeschehen zu behaupten: Ich konnte es einmal – ich kann es wieder!
Vorfahrt fürs Leben
«Diesen Jesus hat Gott auferweckt und damit die Macht des Todes gebrochen. Wie hätte auch der Tod über ihn Gewalt behalten können! Schon David sprach von ihm, und was er sagt, sind eigentlich die Worte von Jesus: 'Ich sehe immer auf den Herrn. Er steht mir zur Seite, damit ich nicht falle. Darüber freue ich mich von ganzem Herzen, mein Mund bricht in Jubel aus. Selbst dann, wenn mein Körper im Grab liegt, hoffe ich auf dich, Herr! Denn du wirst mich nicht dem Totenreich überlassen und mich nicht der Verwesung preisgeben, ich gehöre ja zu dir. Du zeigst mir den Weg, der zum Leben führt. Du beschenkst mich mit Freude, denn du bist bei mir'» (Apostelgeschichte, Kapitel 2, Verse 24-28).
Ich blende einmal vor zum zweiten Buch, das Lukas schrieb. Denn in unserer Geschichte dauert es noch eine ganze Weile, bis aus Ausweglosigkeit und Hoffnung Leben wird. Und dieses Leben – schreibt Lukas – kann der Tod nicht festhalten. Wie könnte auch der dauerhaft sterben, der selbst das Leben ist? Ostern – das ist Vorfahrt fürs Leben.
Gott bricht immer einmal wieder in unsere Realität ein. So wie in der Auferstehung. Aber ohne offene Augen verpasse ich dieses Eingreifen. Es geht mir dann wie Ludwig XVI. am 14. Juli 1789. Da soll er in sein Tagebuch geschrieben haben: «Nichts los!» – und das am Morgen, an dem die Französische Revolution begann.
Mit offenen Augen aber sehen wir, was Ostern beinhaltet:
Der Tod ist gestorben
Der Tod und all seine Begleiter und Folgen, die ganze Ausweglosigkeit des Lebens, machen deutlich, wie irreparabel beschädigt unser Menschsein ist. Wir bekommen es allein nicht in den Griff. Doch die Auferstehung von Jesus unterstreicht, dass derselbe Tod besiegt ist – er ist sozusagen verstorben, machtlos. Er ist am Ende, denn er kann einen Toten nicht festhalten. Und wenn er einen nicht halten kann, kann er keinen mehr halten.
Jesus ist der Prototyp des Lebens
Paulus sprach im Hinblick auf Jesus und seine Auferstehung vom «Erstling». Heute würden wir wohl Prototyp sagen: ein Blick auf die Möglichkeiten, auf die Zukunft, allerdings mit konkreten Auswirkungen auf das Heute. Jesus zeigt Ihnen und mir mehr als Gottes Möglichkeiten, er zeigt uns unsere reale Zukunft. Und die wird nicht länger von meinen Grenzen, sondern von Gottes Möglichkeiten bestimmt.
Dieses Leben beginnt jetzt
Beim Leben als Christ geht es tatsächlich weder um ein Streben nach dem vollkommenen Glück hier und jetzt. Aber auch nicht um Jenseitsvertröstung, die Menschen und Nöte unserer Umgebung ignoriert. Es geht vielmehr darum, Gottes ewiges Leben schon jetzt in uns zu entdecken und auszuleben – trotz allen Grenzen, Zweifeln, Krankheiten etc.
Das Einzige, was zählt, ist das Leben
Die Auferstehung ist nicht das Ende, sondern der Anfang der Geschichte. Sie klingt nicht nach «und sie lebten friedlich bis ans Ende ihrer Tage», sondern ist ein Auftrag zu leben:
Mit Ostern begegnet Jesus unserer
Ausweglosigkeit.
Mit Ostern gibt Jesus unserer
Hoffnung ein Fundament.
Mit Ostern schenkt Jesus uns sein
Leben – für immer.
Zum Thema:
Dossier: Ostern
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet
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