Talk mit Daniel Imboden
«Es gibt immer mehr Leute, die Not leiden»
Alle kennen die Heilsarmee – zumindest ein wenig. Im Livenet-Talk gibt der neue Chefsekretär Einblick ins Wirken der sozialen Werke, der Gemeinden und auch in sein persönliches Leben.
Die Heilsarmee von der Schweiz, Österreich und Ungarn hat einen neuen Chefsekretär. Im Livenet-Talk gibt Daniel Imboden (56) Einblick in sein Leben und berichtet von der verantwortungsvollen Aufgabe und seinen Anliegen für die Heilsarmee.
Wer ist eigentlich Daniel Imboden?
«Ursprünglich komme ich aus der Ostschweiz», stellt sich Daniel Imboden vor. «Aufgewachsen bin ich in St. Gallen, in einer christlichen Familie.» Zur Heilsarmee gekommen ist er aber erst später, durch seine Frau. Seit 1999 ist er Offizier. «Ich war in verschiedenen Bereichen innerhalb der Heilsarmee tätig: Zweimal als Gemeindeleiter, einmal leitete ich ein Kinderheim, arbeitete in der Jugendarbeit und drei Jahre in der Ausbildung der Heilsarmeeoffiziere.» Nachdem er im Hauptquartier in Bern HR-Abteilungsleiter war, ist Imboden seit Mai 2022 Chefsekretär.
«Ich weiss nicht, ob ich der typische Heilsarmeeoffizier bin, den sich die Leute vorstellen.» Damit meint Imboden eine dominante, befehlende Persönlichkeit. «Von meinem Charakter her bin ich eher der ruhige Typ und ich bin eher personen- als sachorientiert.» Teamarbeit ist ihm wichtig, auch in den Leitungsgremien.
Wertvolle Erfahrungen
Grundsätzlich liess sich Imboden zum Heilsarmeeoffizier ausbilden, um Gemeinden zu leiten. Dies tat er auch: Zuerst in Brienz, dann in Winterthur. Zwischen diesen Aufgaben wurde er als Leiter eines Kinderheimes berufen. «Anfänglich tat ich mich schwer damit», erzählt er ehrlich. Doch heute blickt er auf eine lehrreiche Zeit zurück. «Ich musste Angestellte führen und Vorgaben des Kantons erfüllen.» Diese Fähigkeiten sind für ihn heute äusserst wichtig.
Gemeindearbeit und gleichzeitig soziale Dienste zu leiten, ist nicht einfach. «Es ist eine Herausforderung, eine Balance zu finden und diese beiden Arbeitsgebiete miteinander zu verbinden.» In der 140-jährigen Geschichte der Heilsarmee Schweiz wurde sich um diese beiden Bereiche bemüht: «Einerseits der Glaubensaspekt, das Kirche-Sein und das Verkündigen des Evangeliums und andererseits der soziale Aspekt, notleidenden Menschen zu helfen – ich merke, wie sich dies gegenseitig immer wieder befruchtet.»
Wie die Heilsarmee in der Gesellschaft wahrgenommen wird
«In der Schweiz haben wir 53 Gemeinden – kleinere, aber auch grössere.» Imboden hält aber fest, dass, verglichen mit den sozialen Werken, die Gemeinden der Heilsarmee in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. Es sei oft die Topfkollekte in der Weihnachtszeit, wo die Heilsarmee erkannt wird. «Wir suchen die Nähe zu den Menschen und versuchen klarzumachen, dass wir Geld für die arme Bevölkerung sammeln.» Und dann sind es natürlich auch die Brockenstuben, die in der Gesellschaft wahrgenommen werden.
«Im kirchlichen Bereich habe ich nicht den Eindruck, dass wir in der Schweiz der grosse Player sind und eine bedeutende Funktion innehaben.» Natürlich würden sie viel Gutes bewirken, «aber vor allem im sozialen Bereich darf man uns nicht unterschätzen. Wir sind eine Organisation mit 1'900 Angestellten und im Bereich des betreuten Wohnens sind wir im privaten Sektor einer der grössten Anbieter. Doch dies ist wieder etwas, das in der Öffentlichkeit nicht gross wahrgenommen wird.»
Die Not nimmt zu – die Motivation bleibt
«Wir spüren die zunehmende Not der Menschen», sagt Imboden. Einerseits geschehe dies durch die Flüchtlinge, doch auch das zunehmende Gefälle zwischen arm und reich beschäftigt ihn. «Es gibt immer mehr Leute, die Not leiden.» Ganz allgemein nehme Imboden eine negative Stimmung wahr, eine Angst vor Mangel und Krisen.
Die Motivation der Mitarbeiter nimmt Imboden als sehr hoch wahr. Viele erkennen ihre Berufung darin, sich für Menschen in schwierigen Situationen einzusetzen. «Ich höre von vielen Leuten, die sagen, dass ihnen ein Arbeiten für die Heilsarmee Sinn gibt und sie dabei auch das Christliche leben dürfen.»
Ein Blick in die Zukunft
Imboden bezeichnet sich nicht als jemand, der kommt und alles umkrempelt. «Mir ist es wichtig, zuerst einmal hinzuschauen und zu hören.» Den Überblick über die Gesamtorganisation müsse er sich zuerst erarbeiten. Auf jeden Fall wünsche er sich, dass die Heilsarmee in zehn Jahren sichtbarer ist. Auch die Zusammenarbeit der sozialen Werke und der Gemeinden möchte er stärken. «Als Gemeinden dürfen wir noch etwas innovativer sein und neue Wege suchen, wie wir Menschen erreichen und das Evangelium auf verständliche Art und Weise zur Bevölkerung bringen können.» Dies sei ja schliesslich ganz in der Tradition der Heilsarmee.
Im Talk geht es auch um persönliche Fragen. Da kam Imbodens Liebe zu Schokolade gleichermassen zur Sprache, wie seine Gedanken über das Verhalten der Kirche in einer nachchristlichen Gesellschaft
Sehen Sie sich hier den gesamten Livenet-Talk an:
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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet-Talk
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