BILANZ mit Heilsarmee-Report
«Die friedlichste Armee der Welt»
Die 300 reichsten Schweizer und eine 10-seitige Reportage über die Heilsarmee in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift Bilanz. Wie passt das zusammen?
Die Dezember-Ausgabe der Wirtschaftszeitung «Bilanz» ist traditionell den 300 reichsten Schweizern (darunter zahlreiche Milliardäre) gewidmet und wird mit vergoldetem Titelblatt versehen. Diesmal setzt die Bilanz aber einen Kontrapunkt, indem sie eine «nicht gewinnorientierte Firma mit 2'000 Angestellten, 230 Mio. Franken Umsatz und einem gigantischen Immobilienbesitz» porträtiert, die Ende Jahr eine schwarze Null anstrebt. Hinter dem Report von Iris Kuhn-Spogat und Florence Vuichard spürt man Sympathie und Respekt für die spezielle Freikirche, die dem Credo folge, «im Namen von Jesus Christus menschliche Not ohne Ansehen der Person zu lindern».Transparenz gross geschrieben
Die Bilanz hebt natürlicherweise die Zahlen hervor: Umsatzzahlen, Vermögen, Mitgliederzahlen und Löhne. Aber sie befragt den aktuellen Territorialleiter Massimo Paone auch über die besonderen Dienstverständnisse in der Heilsarmee. Und sie sprach mit dem Finanzchef Andreas Stettler und Marketingchef Philipp Steiner. Da erfahren selbst gute Kenner der Heilsarmee noch Neues. Zum Beispiel dass die Heilsarmee weltweit 1.77 Mio. Mitglieder zählt, 111'859 Angestellte und 17'168 aktive Offiziere hat. Massimo Paone legt auch seinen Lohn offen (58'800 Franken jährlich plus GA und Dienstwagen).
Transparenz sei das oberste Gebot der Heilsarmee, und dies sei vor allem auf den letzten General, den schweizerisch-britischen Doppelbürger André Cox, zurückzuführen.
Keine Skandale
Auf die Frage, weshalb die Heilsarmee bislang von Skandalen verschont geblieben sei, sagt der Territorialleiter: «Vielleicht diszipliniert uns, dass wir versuchen, kohärent zu sein mit dem, was wir glauben.»Was die Heilsarmee von andern Sozialunternehmen unterscheidet, erklärt Marketingchef Philipp Steiner: «Wo Not ist, packt sie schon an, wenn andere über mögliche Problemlösungen erst zu reden anfangen.»
Klare Anlagepolitik
Von Andreas Stettler erfährt der Leser, woher die Einnahmen der Heilsarmee, darunter Spenden von 50 Mio. Franken jährlich, konkret kommen und welche Anlagestrategie die Heilsarmee verfolgt. Und wie die Heilsarmee ihre Fonds bewirtschaftet. Laut Stettler sind Anlagen für Unternehmen im Bereich Waffen, Alkohol, Tabak, Pornografie und nicht erneuerbaren Rohstoffen tabu!
Flexibilität ist wichtig und nötig
Sehr flexibel in der Heilsarmee müssen nicht nur Offiziere wie Massimo Paone sein, die alle paar Jahre wieder in einem andern Land arbeiten, sondern auch die Heilsarmee als Organisation insgesamt. So hat die Flüchtlingsbetreuung im Kanton Bern den Auftrag von 40 Mio. Franken, den sie der Heilsarmee übertragen hat, neu ausgeschrieben. Falls im kommenden Jahr eine andere Organisation den Zuschlag erhält, wird die Heilsarmee 200 Arbeitsplätze streichen müssen. Im schlimmsten Fall komme es zu Entlassungen, fürchtet Philipp Steiner. Er berichtet aber auch über ein neues Pilotprojekt. In Reinach AG soll bis Ende 2019 ein «Community Center» entstehen mit Sozialwerk, Arbeitsintegration und Kirche unter einem Dach. Steiner begründet das integrierte Projekt so: «Wir müssen aufpassen, dass der Graben zwischen dem Sozialwerk und dem kirchlichen Werk nicht zu gross wird.» Zur Begründung betont Steiner gegenüber der Bilanz: «Denn letztlich ist es der Glaube, der sie antreibt.»
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Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet