Weitere Radikalisierung
Syriens Christen im Visier der Islamisten-Rebellen
Der Konflikt um Krim und Ukraine hat den syrischen Bürgerkrieg aus dem internationalen Blickfeld gedrängt. Zum Nachteil der Christen.
Der neue Kalte Krieg in Osteuropa hat das Ende des amerikanisch-russischen Zusammenspiels für eine Befriedung in Syrien zur Folge. Nicht einmal die Achse zwischen Washington und Moskau zur Vernichtung von Präsident Assads chemischen Kampfstoffen funktioniert mehr. In unmittelbarer Nähe von Damaskus wurde wieder Giftgas versprüht. Ausserdem hat das Ende der Friedensverhandlungen zwischen dem Regime von Damaskus und der oppositionellen «Syrischen Nationalallianz» zu deren Radikalisierung geführt.Bei den Gesprächen in Montreux und Genf vom Januar und Februar war sie auch durch christliche Politiker vertreten. Nun wurden aber diese, mit dem profilierten Michel Kilo an der Spitze, aus dem Vorstand der Allianz entfernt. Radikale Politmuslime traten an ihre Stelle.
Kein Wunder, dass Syriens Christen jetzt vollends auf Baschar al-Assad als das kleinere Übel setzen. Bezeichnend dafür ist die vorösterliche Rückkehr des neuen syrisch-orthodoxen Patriarchen ins umkämpfte Damaskus. Nachdem sein im März verstorbener Vorgänger zuerst in den Libanon, dann in die Schweiz und zuletzt nach Deutschland geflohen war, hat Aphrem II. Karim ostentativ wieder das Patriarchat am Thomastor (Bab Touma) der syrischen Hauptstadt bezogen.
Die nun völlig politislamisch ausgerichteten Rebellen gegen Assad tun sich neuestens fast nur noch mit Angriffen auf Christen hervor. So mit Besetzung der Kleinstadt Kessab an der türkischen Grenze, wo bis Ende März noch rund 6'000 Armenier lebten. Fast alle wurden vertrieben, die Kirchen geschändet, Hab und Gut geplündert.
Damit fand eine christliche Präsenz ihr Ende, die bis weit ins Mittelalter zurückreicht. In den 1850er Jahren wurde Kessab ein Zentrum für die evangelische Orientmission von Amerikanern, Schweizern und Deutschen. Bis zum Abtransport von 1915 durch die Türken auf Todesmärsche und in die Hungerwüste von Deir ez-Zor am Euphrat gab es in Kessab nicht weniger als 20 christliche Schulen. Diese blühten zum Teil wieder auf, als die Stadt ab 1920 von den Franzosen verwaltet wurde. Als diese 1938 die ganze Umgebung samt der altchristlichen Metropole Antiochia an die Türkei zurückgaben, blieben wenigstens die Armenier von Kessab ausgespart. Aufgespart für ihre Austreibung vor Ostern 2014!
Dieselben Kämpfer für ein islamistisches Syrien haben in Homs auch den letzten Pfarrers dieser viel geprüften Stadt, den Holländer Frans van der Lugt, brutal ermordet.
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet
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