Wachsende Gemeinden in Zentralasien

Aufwind und Sturmwolken

Die Zahl der Christen in Zentralasien ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Die Gemeinden entwickeln sich trotz höheren Hürden seitens der Behörden.

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Baku, die Hauptstadt von Aserbaidschan
Die Turkvölker von Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan und die zahlreichen Minderheiten in ihren Ländern zählen etwa 70 Millionen. Das Wachstum der evangelischen Gemeinden ist bemerkenswert. Der Anteil der Christen dürfte allerdings noch unter zwei Promille der Bevölkerung liegen. Die Staaten der Weltgegend lassen keine Zivilgesellschaft zu; sie schüchtern Andersdenkende ein und greifen zu punktueller Verfolgung und offener Unterdrückung (v.a. Turkmenistan).

In der Grauzone

Schwerer machen es die Behörden den Christen mit schärferen Gesetzen, die etwa die Arbeit mit Kindern bedrohen oder alle Gemeinden zwingen, neu um staatliche Anerkennung nachzusuchen. So können Gemeinden in Kirgistan sich staatlich erst registrieren lassen, wenn 200 Mitglieder den Antrag unterzeichnen. Die meisten Gruppen und Gemeinden versammeln sich in einer Grauzone, in der sie vom Wohlwollen der Beamten abhängig sind. In Dörfern und Kleinstädten haben die Mullahs weiterhin grossen Einfluss. Verheissungsvoll sind die Bemühungen von Christen, mit Kleingewerbe und als Dienstleister zum Aufbau des Landes beizutragen.

Koreanische Präsenz

Die grösste Gemeinde Kasachstans, die Gnaden-Kirche in Almaty mit über 5000 Besuchern, wird von einem Koreaner geleitet. Schon in Sowjetzeiten lebten Zehntausende Koreaner in Zentralasien und sprachen Russisch. Die Christen aus Südkorea, die nach 1990 in die Region kamen, brachten ihnen zuerst die Botschaft von Christus, dem Erlöser der Menschen, wagten viel und erreichten mit ihrem Eifer Erstaunliches. In den Koreaner-Gemeinden finden sich zunehmend Einheimische, doch das Gepräge hindert manche, sich auf die einheimische Kultur einzulassen. Der ostasiatische Drang zu autoritärer Führung, in koreanischen Megakirchen kultiviert, steht im Kontrast zur natürlichen Autorität der einheimischen Leiter, die sich von der Untertanenmentalität ihrer Völker erst zu emanzipieren beginnen.

Isoliert – und verbunden

Der russlanddeutsche Einfluss geht nach der massenhaften Rückwanderung nach Deutschland zurück, der russische ist weiterhin beträchtlich, auch weil es in Zentralasien wenige theologischen Schulen und kaum einheimische Autoren gibt. Die meisten Lieder, welche die Christen singen, stammen aus dem Westen – damit bringen die Gemeinden in der Isolation ihre Zugehörigkeit zur weltweiten Christenheit zum Ausdruck. Sie stärken sich durch Gebetsnetzwerke, durch Kontakte unter dem Dach der Evangelischen Allianz und Verbindungen zu den Denominationen in anderen Weltteilen. Die Übersetzung der Bibel, auch alttestamentlicher Bücher, in die Landessprachen öffnet manchen gebildeten Zentralasiaten den Blick auf die orientalischen Ursprünge des Christentums.

Überwachung verstärkt

Um ihre autoritäre Herrschaft abzusichern (auch gegenüber Islamisten, die in neu errichteten Moscheen aktiv sind), haben die Regimes die Überwachung durch die Geheimpolizei verstärkt. Dies geschieht nach dem altvertrauten sowjetischen Muster, das unter dem ex-KGB-Mann Putin auch in Russland wieder ohne Hemmungen praktiziert wird. Nach dem Zerfall des kommunistischen Systems bauen Potentaten wie der Kasache Nasarbajew und der Usbeke Karimow auf ihre Clans und Seilschaften, um sich Moskaus Avancen gegenüber zu behaupten und die Schätze ihrer Länder auszubeuten. Wenige werden sehr reich; die meisten bleiben arm. Unabhängige Gerichte gibt es nicht – wer wollte sie einrichten, wenn auch in Moskau unter den Augen der Weltöffentlichkeit Dissidente und «asoziale» Punks hart angefasst und freiheitlich orientierte, mit dem Westen verbandelte NGOs unter Generalverdacht gestellt werden?

Datum: 08.10.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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