Hinterfragt
Was die Megachurches (nicht) leisten
Mit vielen tausend Besuchern ziehen Megakirchen in den USA die Aufmerksamkeit der Medien auf sich und lassen die kleinen Gemeinden alt aussehen. Über fünf Millionen Amerikaner besuchen wöchentlich ihre Gottesdienste. Eine grosse Studie zeigt, dass Junge und Singles stärker vertreten sind - und dass sich 45 Prozent nie ehrenamtlich engagieren.
Der Begriff Megachurch hat sich für Gemeinden mit über 2000 Gottesdienstbesuchern eingebürgert. Die öffentliche Wirkung dieser Kirchen ist nicht zuletzt wegen ihrer Medienarbeit überproportional. Das «Leadership Network» hat 2008 zwölf ausgewählte Megachurches untersucht und einen ersten Bericht veröffentlicht.
Mobile Kirchgänger
Dass Junge und Unverheiratete gern grosse Gemeinden besuchen, erstaunt nicht, wie das Online-Magazin ‚Christianity Today‘ (CT) in einem Editorial zur Studie festhält. 62 Prozent sind unter 45-jährig, gegenüber 35 Prozent in der Gesamtheit der Gemeinden. Die Tatsache dürfte mit dem städtischen Charakter der Megachurches und ihren beeindruckenden Multimedia-Leistungen zusammenhängen.Nach der Studie gibt es viele Abgänge: Fast zwei Drittel der 24‘900 Befragten waren noch nicht fünf Jahre dabei. Attraktiv sind für die neuen Besucher der Lobpreisstil, der leitende Pastor und der Ruf der Kirche. Langjährige Mitglieder schätzen die Sozialarbeit und Angebote für Erwachsene.
Wachstum über alles?
Das CT-Editorial hinterfragt die Marketing-Strategien und das quantitative Wachstumsdenken der Megachurches, welches sich in der Studie spiegle. Damit seien die Megakirchen erfolgreich in Amerika, «wo Geschäftsprinzipien und Organisationstechniken zuoberst auf dem Altar des Erfolgs stehen». Durch ihre Tätigkeit seien tatsächlich viele Menschen ins Reich Gottes gelangt, schreibt CT, doch müssten sich die Megakirchen, dem kulturellen Mainstream weitgehend angepasst, auch wieder an der Kultur des Evangeliums orientieren.«Im Amerika der Unternehmen mag es nötig sein, mit dem Ethos des Marketing dem Evangelium Gehör zu verschaffen. Doch sollten Megachurches nach einer Generation nicht beginnen wegzukommen von der Business- und Konsumenten-Sprache, wenn sie sich selbst beschreiben?» Der Apostel Paulus habe nie «innovative Wachstumsstrategien» verfasst...
Geschäft vor Gebet
Laut CT zeigt die Studie vor allem, dass das US-Konsum- und Marketingdenken für die Megachurches weiterhin den Rahmen abgibt. «Eine geistliche Konsummentalität ist ein Grund dafür, dass die Megakirche so viele anzieht - und ein Grund, warum sich viele fragen, in welchen Glauben die Menschen eingeführt werden.»Nach dem Editorial ist die Megachurch "«wie ein Megaphon» - «eine grosse, blinkende Ikone der amerikanischen Kirche». Zu viele evangelikale Leiter seien mehr am Geschäft als an der biblischen Kultur interessiert, sie brüteten mehr über Strategien und Effizienzmassnahmen und verbrächten wenig Zeit im Gebet. «Es muss kein Entweder-Oder sein, aber - geben wir‘s zu - oft ist es so.»
Das Editorial des renommierten Nachrichtendienstes schliesst mit einem doppelten Rat: Weder unkritischer Jubel noch anklagender Zeigefinger auf die Megakirchen führen weiter. Jede Gemeinde in den USA sei von der Kultur vereinnahmt worden und spiegle die Ehre Gottes ungenügend wider. «Wenn wir alle das zugeben, kann der Geist beginnen, mit uns eine Kultur des Evangeliums in unseren Kirchen zu schaffen.»
Quelle: Livenet/ Christianity Today
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