Mit Mut und Nächstenliebe
Christen in der Sahelzone wollen sich gewaltlos wehren
Mali, Burkina Faso und Niger im Süden der Sahara galten als christliche Hoffnungsgebiete in Afrika. Nun überlegen sich die Christen, wie sie sich gegen islamistischen Terror mit friedlichen Mitteln wehren können.Ein von «Lokalheiligen», Derwisch-Orden und afrikanischen Einflüssen geprägter «Schwarzer Islam» hatte sich bislang friedlich zu den christlichen Gemeinden verhalten. Die Angehörigen haben aus einheimischen Religionen, aber auch dem Islam zum christlichen Glauben gefunden. Doch dann haben radikale politislamische Strömungen und Waffenlieferungen aus Nahost eine christenfeindliche Gewalt gesät. Staatliche Ordnungskräfte versagen, jetzt wollen die Christen sich selbst helfen – gewaltlos.
Der Angriff auf die evangelische Kirche von Hantoukoura im Osten von Burkina Faso von Anfang Dezember hat ihren Pfarrer und ein Dutzend Knaben das Leben gekostet. Sie wurden nicht Opfer des Angriffs – wie viele Verletzte –, sondern einer regelrechten Hinrichtung. Staatspräsident Roch Marc Kabore sprach von einer «barbarischen Attacke», äusserte sein Bedauern über die Morde und wünschte den Verwundeten eine rasche Genesung. Das sind wenigstens freundliche Worte. In anderen Sahelländern, auch in Nigeria und Kamerun, sind nicht einmal solche von den politischen Führern zu hören, obwohl kaum eine Woche ohne blutige Anschläge vergeht. Von einem wirksamen Schutz durch Polizei und Armee gar nicht zu reden. Die Ordnungshüter treffen fast immer erst nachher oder gar nicht ein.
Auch Muslime zeigen sich besorgt
Diese Welle der Gewalt gegen Christen in der Sahelzone ist nicht spontan. Sie wird organisiert von der islamistischen Terrormiliz Boko Haram und dem so genannten «Islamischen Staat in der westafrikanischen Provinz» (ISWAP). Beide sind Ableger der in Nahost inzwischen besiegten Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS). Rund um den Tschadsee ist ihre Saat nun weiter aufgegangen und hat schon über zwei Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Das beunruhigt inzwischen auch die traditionellen «Afro-Muslime». Einer von ihnen ist in Nigerias Hauptstadt Abuja der Soziologe Dschibrin Ibrahim. Er sagt: «Die grösste Sorge macht mir, dass bei uns der Konflikt zur Normalität wird.»
Soziales Engagement als Schlüssel?
Ibrahim hat eine Denkfabrik «Für Demokratie und Entwicklung» aufgebaut: «Die Muslim-Milizen breiten ihre Macht nicht nur mit Gewalt und Einschüchterung aus.» Ihren einmal Unterworfenen bieten sie ein soziales Netz an, das vom Staat bisher völlig vernachlässigt wurde. Er erklärt: «Vor allem der ISWAP gelingt es, Strukturen eines Gesundheitswesens und der Versorgung mit Nahrungsmitteln auf die Beine zu stellen. In vielen Regionen kontrollieren die Terrorbosse alle Märkte. Das schafft Loyalität mit ihnen.»
Da sollten auch die christlichen Gemeinden tätig werden. In Zusammenarbeit mit friedensbereiten Muslimen. Natürlich wird das ohne Hilfe von Christen in reicheren Ländern nicht möglich sein.
Ein islamischer Staat in Afrika
Andere Fachleute sehen das nicht ganz so. Für den Pfingstkirchen-Experten Prof. Ebenezer Obadare lässt sich die islamistische Gewaltwelle nicht in den Griff bekommen, nur indem man ihr den sozialen Nährböden wie Hunger, Armut und Krankheit entzieht.
Der «Heilige Krieg» mit den Dschihadisten kann aber auch nicht einfach militärisch gewonnen werden. Das zeige der Zusammenbruch des IS-Kalifats im Irak und Syrien, dessen Kampfgeist sofort anderswo, eben auch in Afrika, neu und noch fanatischer auflebe. Obadare: «Wir haben es mit einer religiösen Begeisterung zu tun, die auf alles verzichtet und alles vernichtet, um die Weltherrschaft der Muslime aufzubauen.» Dieser Irrglauben könne nur im Glauben an die Welterlösung durch Jesus Christus besiegt werden.
Mutig bekennen und bereit sein, dafür zu sterben
Abd al-Basit Kassem, ein kritischer Muslim, hat das Buch «Die Boko-Haram-Doktrin» verfasst. Für ihn ist entscheidend, dass tief fromme Christen und Muslime aufeinander zu gehen und den Weg zu Jesus gehen. «Jesus wird vom Koran und der islamischen Überlieferung verkündet, wenn auch noch verschlüsselt und in der Praxis weitgehend verschüttet. Wenn sich Muslime und Christen schlicht an den Auftrag Jesu halten, wird es keine Gewalt mehr zwischen ihnen geben.» Allerdings müssen die ersten, die diese Frohe Botschaft verkünden und leben, bereit sein, für sie auch zu sterben.
Zum Thema:
«Beispiellose humanitäre Krise»: Burkina Faso: Hilferuf der Kirche
Burkina Faso: Evangelische wollen Muslim-Massakern kreativ begegnen
Christen in Nigeria: «Lasst Euch fallen in die Hände des Herrn!»
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet
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