Muslimbrüder-Pharao

Ägyptens Christen stehen nicht mehr allein im Regen

Ägyptens Präsident Mursi hat den neuen koptischen Patriarchen Tawadros II. am Wochenende zu sich bestellt, nachdem er der Amtseinführung in der Kairoer Markus-Kathedrale ferngeblieben war. Damit zeigte er dem geistlichen Oberhaupt von rund zwölf Millionen ägyptischen Christen unmissverständlich, wer am Nil Herr im Haus ist.

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Das Treffen zwischen Präsident Mursi und dem neuen koptischen Patriarchen Tawadros ll.
Beim Treffen überschüttete Mursi den Patriarchen mit Versprechungen für endlich gleiche Bürgerrechte von Kopten und Muslimen. Sie wurden von der noch halbwegs freien christlichen Presse Ägyptens nicht einmal registriert, da man den schon oft geäusserten Versprechungen nicht traut. Nur die vom Staatsoberhaupt aus den Reihen der Muslimbruderschaft gleichgeschalteten Medien sprachen von einer «Öffnung zu den Christen» im In- und Ausland.

Noch am Tag seiner Audienz für Tawadros II. dekretierte sich Mursi unbegrenzte politische Befugnisse zu. Damit degradiert Mursis neue Machtfülle sogar die ägyptischen Richter zu seinen Befehlsempfängern. Bisher hatte sich zumindest die Gerichtsbarkeit erfolgreich gegen ihre Unterwerfung unter den Mann der Muslimbrüder gewehrt. Jetzt ist Mursi absoluter Herrscher Ägyptens, weit mehr als es ein Nasser oder der 2011 gestürzte Mubarak je waren.

Der «Muslimbrüder-Pharao»

Der demokratische Oppositionsführer und Friedensnobelpreis-Träger Baradei spricht daher von einem «Muslimbrüder-Pharao“! Seitdem kommt Ägypten mit breiten Protesten von Liberalen und Linken gegen Mursi und militanten Treukundgebungen aller Islamisten nicht mehr zur Ruhe. Auch die noch radikaleren Salafisten haben einen neuen Schulterschluss mit den Muslimbrüdern vollzogen. Schon ist der erste Tote zu beklagen.

Für die Kopten bedeutet das wenigstens, dass sie nicht mehr auf sich allein gestellt sind. Die Konfrontationslinie verläuft jetzt zwischen den regierenden Politislamisten aller Schattierungen und einem in dieser Not geeinten Widerstand aller frei gesinnten Kräfte: Mitte- und Linksparteien, der von Mursi um ihre Revolution gebrachten Jugend des «Arabischen Frühlings», Journalistengewerkschaft, Richter- und Anwaltsverbände, Menschenrechtler und eben die besonders bedrängten Christen.

Kritik aus den eigenen Reihen

Dazu kommt, dass sich sogar aus den Reihen der Muslimbruderschaft Widerspruch gegen den immer autoritäreren Stil des Staatschefs regt. Kein Geringerer als Ahmed Fahmi, Präsident von Ägyptens Schura – zweiten Kammer des Parlaments – wirft Mursi vor, «das ägyptische Volk in Islamisten und die Zivilgesellschaft» zu spalten. Auch gebe es keine Rechtsgrundlage für seinen «Pharaonenputsch». Fahmis Kritik hat besonders Gewicht, da er selbst ein naher Verwandter des Präsidenten ist.

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Datum: 26.11.2012
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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