Abtreibung und Geburtenkontrolle
«Der Westen kolonialisiert Afrika neu»
Afrika wird heute wieder kolonialisiert – nicht durch Armeen, sondern durch westliche Regierungen und humanitäre Organisationen, die sexuelle Befreiung, Geburtenkontrolle und Abtreibung propagieren. Das ist die Überzeugung der Autorin und Aktivistin Obianju Ekeocha.
Diese neue Form der Kolonialisierung gründe in einem Herrschaftsdenken, wie Ekeocha in ihrem Buch «Target Africa: Ideologischer Neo-Kolonialismus im 21. Jahrhundert» beschreibt. Das Buch kam in diesem Jahr heraus und beschreibt unter anderem auch die obskuren Geldströme und politischen Absichten hinter viel westlicher Entwicklungshilfe.Es begann mit Melinda Gates
Ekeocha stammt aus Nigeria und lebt heute in London. Alles begann, als im Jahr 2012 Melinda Gates, die Gattin von Bill Gates, mit einem Entwurf für ein Fünf-Milliarden-Programm zur Empfängnisverhütung für Afrika auftrat. Ekeocha war wütend und schrieb Melinda Gates umgehend, dass sie als nigerianische Katholikin so etwas weder wolle noch nötig habe. Was Afrikaner brauchten, seien gute Gesundheitssysteme, Nahrungsprogramme für Kinder und bessere Bildungsmöglichkeiten.
Mythos Bevölkerungsexplosion
Fast alle «Hilfsprogramme», mit denen der Westen versuche, seine Lösungen für Afrika anzubringen, basierten auf dem Gedankengang «Klimakatastrophe – weniger Nahrung – immer mehr Menschen – Bevölkerungsreduktion ist nötig». Basierend auf dem Buch von Paul Ehrlich «Die Bevölkerungsbombe» aus dem Jahr 1968, dessen apokalyptische Voraussagen nie eingetroffen seien, setzten all diese Lösungsvorschläge bei der Wurzel der «Bevölkerungsexplosion», nämlich der weiblichen Fruchtbarkeit, an.
In dieser eindimensionalen Strategie «kämpfen westliche Nationen, Organisationen und Stiftungen gegen die Körper afrikanischer Frauen», ist Ekeocha überzeugt. Das alles habe 1994 begonnen, als an einer Konferenz in Kairo definiert wurde, dass auch Pillen und Mittel zur Geburtenkontrolle für afrikanische Länder als Entwicklungshilfe gelten.
Ökologischer Fussabdruck gegen Empfängnisverhütung
Spätestens seit dem Klimagipfel von Kopenhagen 2009 könnten nun westliche Individuen und Organisationen ihren eigenen «ökologischen Fussabdruck» abgelten, indem sie online für Empfängnisverhütung und Sterilisierung in afrikanischen Ländern spenden – «obwohl die Karbon-Emissionen in Grossbritannien etwa 135mal höher sind als in Äthiopien», wie die Autorin schreibt. Das gebe dem Westen einen Freibrief, «weiter zu verschwenden und sein eigenes ökologisches Gewissen zu beruhigen, indem man einfach einen armen Afrikaner daran hindert, geboren zu werden».
Abtreibung und der Überlegenheitkomplex
Obianiju Ekeocha ist Biomedizinerin und spezialisiert in Hämatologie. 2013 gründete sie «Culture of Life Africa», um die «toxische Verbindung zwischen der Abtreibungs- und Familienplanungsindustrie und Entwicklungshilfe zu dokumentieren». Auf einer Rede vor den Vereinigten Nationen 2016 liess sich eine dänische Teilnehmerin durch den Begriff «Kolonialisierung» provozieren und bemerkte, afrikanische Frauen sollten sich doch befreit fühlen durch die Möglichkeit, über ihren eigenen Körper entscheiden zu können.
Ekeocha antwortete, dass es in ihrer Sprache gar nicht möglich sei, auszudrücken, dass eine Frau entscheiden könne, was sie mit ihrem Körper machen wolle. «Unsere kulturellen Standards sagen uns, dass eine Abtreibung ein direkter Angriff auf das menschliche Leben ist», erklärte sie. «Wenn man also eine afrikanische Frau überzeugen will, dass Abtreibung etwas Gutes sein kann, muss man ihr zuerst sagen, dass das, was ihre Eltern und ihre Grosseltern und alle Generationen davor glaubten, falsch sei. Man muss ihr sagen, dass sie sich immer geirrt haben. Und das ist Kolonialisierung.»
Der Westen rede afrikanischen Ländern ein, unabhängig zu sein; aber sie seien heute gezwungen, Hilfsgelder anzunehmen, die an destruktive Motive und Botschaften gekoppelt sind. Im letzten Kapitel ihres Buches beschreibt sie, wie ihr Kontinent von gewissen westlichen Einflüssen entkolonialisiert und emanzipiert werden müsse, etwa vom Überlegenheitskomplex, den viele westliche Gruppen mitbringen, wenn sie mit «Geschenken» kommen.
Kaum Atheisten in Afrika
Die letzte Wurzel, die Afrikaner im Leben haben, sei Gott. Bevor sie nach England gekommen sei, habe sie nicht fünf Atheisten getroffen, beschreibt Ekeocha. «In Afrika haben wir keine grossen Gruppen von Atheisten. Die Leute wissen, dass ohne all die westlichen Sicherheitsnetze Gott ihre letzte Sicherheit ist. Selbst die reichen Nigerianer halten immer noch an Gott fest. Wir wissen nämlich, dass an jedem Punkt unseres Lebens unser Schutz, unsere Erhaltung, ja jeder Atemzug vom allmächtigen Gott kommt.» Und sie schliesst: «Und Afrikaner schämen sich nicht, an diesem kindlichen Glauben festzuhalten. Wir sind ohne Scham abhängig von ihm.»
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet
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