Alltagsrituale
Wie wär's mit einer Kaffee-Meditation?
«Jetzt einen Kaffee!» Diesen Gedanken kennen viele. Aber wie wäre es, ihn einfach mit einer kurzen Gottesbegegnung zu kombinieren, in einem alltäglichen Ritual?
Steve Kennedy Henkel ist Pfarrer. Als die Coronapandemie am ärgsten wütete und keinerlei soziale Kontakte zuliess, entwickelte er Alltagsrituale, die ihm halfen, dem Glauben in seinem Leben Raum zu geben. Er schrieb darüber als rev.stev bei Instagram – und ein paar Tausend Leute folgten ihm. Viele seiner Rituale sind sehr bodenständig und «normal» wie ein Morgen- bzw. Abendsegen. Aber er entwickelte auch Stau-Gebete für den täglichen Weg zur Arbeit oder eine Gin-Tonic-Agape für den Gründonnerstag, bei der die Kräuter im Gin in ihrer Symbolik einbezogen wurden.
Das war definitiv etwas Neues: Es war fromm und frech, hilfreich und heilsam. Im Endeffekt wurde ein Buch daraus: «Rituale. Für Hipster und Heilige und alles dazwischen».
Mehr als Kaffee
Kaffeetrinken ist mehr als Kaffeetrinken. Die eine zelebriert ihren in der Siebträgermaschine selbst aufgebrühten Espresso am Morgen, der andere braucht einfach das Koffein, um klar aus den Augen schauen zu können. Und dazwischen gibt es noch Tausend Varianten, seinen Kaffee zu trinken. Viele haben längst eine Art religiösen Charakter.
Steve Kennedy Henkel hält fest: «Kaffee trinken ist ein Ritual. Und das kann es für dich auch sein, wenn du nicht an Omas Kaffeetafel sitzt, sondern zu Hause oder im Büro. Das volle Potenzial einer Kaffeepause ist mehr als Druckbetankung mit Koffein – es ist die Pausentaste für dein Gedankenkreisen, die To-do-Liste und die Mails. Richtiger Kaffee – nicht das Instant-Zeug – fordert Zeit! Er muss eingefüllt werden. Das Wasser muss heiss werden. Es muss sich durch die gemahlenen Bohnen schleichen und ihnen Farbe und Geschmack abtrotzen, bevor es schliesslich als Kaffee in deine Tasse tropft. Diese Zeit ist ein Geschenk an dich.»
Geschenkte Zeit
Einige Unternehmen versuchen, die Wege ihrer Mitarbeitenden zur Kaffeemaschine zu optimieren, damit dort keine Zeit auf der Strecke bleibt. Aber sie bleibt nicht auf der Strecke – man kann sie investieren. Zum Beispiel, indem man die Momente, in denen der Kaffee aus der Maschine läuft oder man ihn trinkt, für eine kleine Meditation nutzt – eine Unterbrechung des Alltags – eine Begegnung mit Gott. Die folgende Meditation lässt sich auch neben der Kaffeemaschine aufhängen, wenn es zu Hause geschieht oder man in der Firma einen geeigneten Rahmen dafür hat.Meditation und Segen
Eröffnung
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Meditation
(Atme mehrmals langsam und tief durch.)
Gott, ich bin da.
Ich bin ganz da.
Gib du mir die Ruhe und die Kraft, die ich jetzt brauche.
Du hast die Bohnen in der Ferne wachsen lassen, jetzt bringen sie die Wärme des Südens zu mir.
Nur aufgebrochen zeigen sie ihr volles Aroma.
Wie auch unser Leben erst durch Brüche und Druck an Tiefe gewinnt.
Wie das heisse Wasser durch den Kaffee fliesst, so fliesst du mit deiner Kraft durch mich.
Mach mich stark und wach für diesen Tag.
Wie der Kaffee langsam die Tasse füllt, so füllst du mich mit Ruhe.
Mach mich ruhig und schenk mir Kraft.
Ich bin da.
Ganz da.
Gib du mir die Ruhe und die Kraft, die ich für jetzt brauche.
Amen.
Vaterunser
Anschliessend kann man noch ein Vaterunser beten.
Segen
Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; Wovor sollte mir grauen? (Psalm 27, Vers 1)
Heilige Unterbrechungen
Was sind eigentlich solche Kurzgebete und Besinnungen inmitten unseres Alltags? Sind es mehr als Unterbrechungen? Nein – genau das sind sie: Unterbrechungen. Aber es sind nicht die Unterbrechungen, die einfach so geschehen oder uns stören, es sind die Unterbrechungen, die wir suchen, weil wir sie brauchen. Mitten im Alltag.
Zum Buch:
Steve Kennedy Henkel: Rituale für Hipster & Heilige
und alles dazwischen
Zum Thema:
Interview mit Markus Spieker: Was bedeutet Jesus für dich?
«Wachgeküsst»: Sehnsucht nach Gottes Wirken
Praktische Lebenshilfe: «Leitplanken – Wie sollen wir denn leben?»
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet
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