Meinte Jesus das ernst?
Jesus bringt Streit ... wirklich?
Gerne glauben wir an einen möglichen Weltfrieden und hoffen, dass Gott den «Himmel auf Erden» aufrichten wird. Da kann die Aussage von Jesus, dass er nicht Frieden, sondern Auflehnung bringt, provozieren.
Es entspricht dem Wesen der Kirche, Frieden zu stiften und einen guten Einfluss in der Welt auszuüben. Christen sind friedfertig und es kann der Gedanke aufkommen, dass durch sie Frieden auf Erden hergestellt wird – wenn sie es doch nur richtig machen.
Weltfrieden war nicht das Ziel
Die jüdische Bevölkerung des ersten Jahrhunderts erwartete den Messias. Und die meisten sehnten sich dabei nach einem friedlichen Leben – frei von der römischen Besatzungsmacht. Ihre Hoffnung wurde enttäuscht, genauso wie die Hoffnung der Gläubigen in späterer Zeit, die glaubten, Jesus würde den Weltfrieden herstellen.
Um klar zu machen, dass er nicht gekommen war, um eine idyllische Welt zu errichten, wählte Jesus deutliche Worte: «Meint nur nicht, dass ich gekommen bin, um Frieden auf die Erde zu bringen! Nein, ich bringe Auseinandersetzung. Von jetzt an wird man sich in einer Familie um meinetwillen gegeneinander auflehnen» (Lukas Kapitel 12, Verse 51-52). Auf keinen Fall darf diese Aussage als Legitimation zum Streiten verstanden werden. Die Aufforderung von Paulus, das möglichste zu tun, um mit allen Menschen in Frieden zu leben (Römer Kapitel 12, Vers 18), unterstreicht dies. Die Aussage von Jesus war eine schlichte Feststellung. Konflikte waren nicht die Absicht, sondern vielmehr eine Konsequenz des Kommens von Jesus. Trotzdem wird klar, dass die Errichtung von Familienidylle und Weltfrieden nicht das primäre Ziel vom Kommen von Jesus war.
Konflikte trotz friedliebendem Charakter
Nach eigener Angabe ist Jesus gekommen, um den Menschen zu dienen und sein Leben für sie hinzugeben und sie mit seinem Vater zu versöhnen. In dieser Hinsicht brachte Jesus tatsächlich Frieden und das «Friedenstiften» soll auch den Charakter seiner Nachfolger bestimmen. Als Jesus sagte, dass er Auseinandersetzungen bringen würde, forderte er nicht etwa zum Streiten auf, sondern hielt fest, was auf sie wartete. Trotz ihres friedliebenden Charakters. Damit nahm er ihnen falsche Vorstellungen von einem «Himmel auf Erden». Wo verschiedene Wünsche, Ambitionen, Meinungen oder Wertvorstellungen aufeinandertreffen, entstehen Spannungen. Oder auch dann, wenn Menschen sich radikal verändern.
Johannes Kapitel 3, Vers 19 erklärt eine weitere Façette: Jesus kam als Licht in die Welt, doch die Welt liebte die Finsternis mehr als das Licht. An diesem Konflikt hat sich nichts geändert. Menschen wenden sich von Gott ab, um nicht mit dem Bösen in ihnen konfrontiert zu werden. Dieser innere Konflikt wirkt sich oft auch auf zwischenmenschliche Konflikte aus.
Jesusleute sind anders
Wer sich gewissen Machenschaften der Gesellschaft nicht beugt, wird diese provozieren. Und wer sich weigert, beim Tratsch über Vorgesetzte und Arbeitskollegen mitzumachen, dem wird plötzlich vorgeworfen, sich für etwas Besseres zu halten. Sollte jemand sogar die Tratschenden schelten, zieht er deren Zorn auf sich. So friedliebend Gläubige grundsätzlich sind, können sie doch als unliebsame Mitmenschen wahrgenommen und ihr Verhalten als Provokation verstanden werden. Deshalb: Wo Jesus Raum gewinnt, sind (auch) Konflikte vorprogrammiert.
Auch wenn Christen Frieden stiften und auf die Gesellschaft oft eine positive Auswirkung haben, sind sie in manchen Dingen anders. Es ist nicht ihr Ziel, sich bezüglich Wertvorstellungen und Lebensprioritäten der Welt gleichzumachen und auch nicht, Konflikten aus Harmoniesucht aus dem Weg zu gehen.
Tröstende Wirkung
Wir sind gut beraten, die Worte von Jesus ernst zu nehmen – gerade auch dann, wenn sie uns gegen den (theologischen) Strich gehen. So ist es auch hier. Auch wenn wir beim Lesen der Bibel auf den friedliebenden Charakter gläubiger Menschen stossen, sagt Jesus doch, dass durch ihn Auseinandersetzungen kommen.
In gewissen Situationen sind diese Worte äusserst hilfreich: Christen müssen nicht verzweifeln, wenn sich Menschen an uns ärgern. Es ist zwar gut, sich zu fragen, ob sie in ihrem Verhalten von Liebe geleitet waren und wirklich das Beste für den anderen gesucht haben. Gleichzeitig wissen sie aber, dass zum Christsein Konflikte gehören – auch dann, wenn wir selbstlos (ohne Bitterkeit oder Rechthaberei) für eine gute Sache einstehen.
Jesus richtet seine Worte an diejenigen, die sich schuldig fühlen, wenn sie in Konflikte verwickelt werden. Möglicherweise hat er auch Menschen vor Augen, die an Gott verzweifeln, wenn sie in Konflikte verwickelt sind und sich fragen, was da falsch läuft. Sie sollen wissen: Jesus ist nicht gekommen, um Weltfrieden aufzurichten. Es ist sogar normal, dass genau dort Konflikte entstehen, wo seine Herrschaft zunimmt. Deshalb folgen erwecklichen Aufbrüchen oft Widerstand und Verfolgung. Das war schon immer so und ist kein Grund zum Verzweifeln.
Zum Thema:
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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet
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