Wein zu Wasser?

Eine Kultur der Freude leben

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Es ist gut und richtig, wenn Christinnen und Christen betroffen sind von der Not in der Welt. Wenn das ihren Glauben bestimmt, stellen sie allerdings die Botschaft von Jesus auf den Kopf: Dann machen sie Wein zu Wasser.

Johannes ist ein Profi. Er baut sein Evangelium nach allen Regeln der Schreibkunst auf. Das bedeutet nicht, dass er etwas erfindet, aber er ordnet an und komponiert. Und ziemlich an den Anfang stellt er das erste Wunder, eine Zeichenhandlung, in der Jesus sich mit einem Paukenschlag vorstellt. Was wählt er dafür aus? Eine Heilung? Eine Totenauferweckung? Nein, er erzählt, dass Jesus eine Hochzeitsgesellschaft auf wunderbare Art und Weise mit Wein versorgt, damit diese weiterfeiern kann.

Heute haben wir uns daran gewöhnt, dass die Geschichte der Hochzeit von Kana in der Bibel steht, doch eigentlich war und ist sie ein Skandal!

Freude trotz der Umstände

Gerade rollen in der Ukraine die Panzer, und viele Menschen sorgen sich um die Betroffenen im Land und um die eigene Zukunft. Was wird werden? Ist es jetzt nicht dran, ernsthaft zu beten? Die Fastenzeit für ein gemeinsames «Erbarme dich, Gott» zu nutzen? Ja, absolut!

Zur Zeit von Jesus herrschen die Römer in Israel. Sie wollen zwar die Infrastruktur erhalten, damit sie genug Steuern aus dem Land herauspressen können, aber dafür gehen sie über Leichen. Als es nach dem Tod von Herodes dem Grossen einen Volksaufstand in Israel gibt, wird dieser blutig niedergeschlagen. Der Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet von 2'000 Kreuzigungen (Jüdischer Krieg, 2,75) im Land. Die Putins der damaligen Zeit sind Augustus und Tiberius.

In genau diesem Umfeld verlieben sich Menschen und heiraten. Sie tun das nicht still und heimlich, sondern mit einem fröhlichen Fest – und «auch Jesus wurde samt seinen Jüngern zur Hochzeit eingeladen» (Johannes Kapitel 2, Vers 2). Weil der Wein ausgeht, handelt Jesus und sorgt durch ein Wunder für reichlich Nachschub – immerhin 600 Liter. Die einen feiern begeistert weiter, anderen gefällt das schon damals nicht. Gehört sich so etwas? Für sie wäre es besser, wenn Jesus Wein in Wasser verwandeln und in Sack und Asche herumlaufen würde. Das würde für sie dem Ernst der Situation entsprechen. Doch genau das tut Jesus nicht. Er freut sich und feiert mit den Fröhlichen, und er klagt und weint mit den Traurigen. Glaube findet für ihn nicht in der «goldenen Mitte» statt, sondern in den Extremen, und mitten in katastrophalen Umständen findet er Raum zur Freude.

Freude trotz Kritik

Dieses Nebeneinander von Freude und Betroffenheit ist typisch für Krisen – sie ist typisch fürs Leben. Gerade ging es durch die Presse, dass eine junge Frau in Kiew in der Metrostation, in die sie vor den Luftangriffen floh, ein Kind zur Welt gebracht hat. Mia ist gesund und munter. Sollen wir jetzt die Mutter kritisieren, dass sie in solch unsicheren Zeiten ein Kind zur Welt bringt, oder sollen wir uns mit ihr über Mia freuen?

Auch Jesus kennt solche Kritik. Mal ist er den Menschen zu hart (direkt nach unserer Geschichte steht die von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel), mal zu fröhlich. Seine Feinde haben auch die Hochzeit von Kana im Sinn, als sie ihm vorwerfen, ein «Fresser und Weinsäufer» zu sein. Dabei werden die verschiedenen Festessen, an denen Jesus teilnimmt, nicht als Besäufnisse beschrieben, sondern als freudige Anlässe. Bei der Hochzeit steht nicht der Alkohol im Mittelpunkt, sondern «seine Herrlichkeit … und seine Jünger glaubten an ihn» (Johannes Kapitel 2, Vers 11).

Besonders im deutschsprachigen Europa wirkt Freude immer etwas «einfach» – im Sinne von: Da hat jemand nicht bis zu Ende nachgedacht. Falsch! Die Freude von Jesus, die Probleme weder ignoriert noch kleinredet, ist wesentlich substanzieller als Kritik – sie bleibt!

Die gute Nachricht bleibt gut!

Das seltsame erste Wunder von Jesus strahlt bis heute über diese Hochzeitsgesellschaft hinaus. In Kana freut sich das Brautpaar über die doch noch gelungene Feier. Bis heute zeigt sich daran, dass Jesus inmitten von weltweiten oder auch ganz persönlichen Katastrophen seine Freude schenkt. Er weint selbst. Er betet und fastet und fordert auch andere dazu auf. Aber Jesus lässt nicht zu, dass seine gute Nachricht eine Katastrophenmeldung wird.

Wenn sich Christinnen und Christen heute für die Not der Menschen engagieren, dann ist das ganz im Sinne von Jesus. Wenn sie darüber die Freude verlieren, dann machen sie allerdings Wein zu Wasser. Dann glauben sie nicht ernsthaft, sondern sie verwässern die gute Nachricht. Denn die ermöglicht trotz aller Schwierigkeiten eine Kultur der Freude.

Zum Thema:
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Tiefer graben: Das Wilde und die Freude

Datum: 07.03.2022
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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