Selten so gedacht
Hoffentlich ist bald Jüngstes Gericht
Der Gedanke an das Jüngste Gericht macht vielen Menschen Angst. Die Vorstellung, dass da am Ende der Zeit ein alter Mann mit weissem Bart mit der Welt abrechnet, ist keine angenehme...
Der Vorwurf ist alt: Mit solchen Dogmen machen sich die Kirchenoberen ihre Schäflein gefügig. Alles Angstmacherei. Und auch aus christlichen Kreisen ist manchmal zu hören: Mit dem gnädigen Jesus an unserer Seite könnten wir uns doch langsam von diesem überholten Bild des Richter-Gottes verabschieden.
Gerechtigkeit!
Da stutze ich jeweils. Wollen wir das wirklich? Wollen wir wirklich, dass Gott am Ende nicht richtet? Seit ich Vater bin, halte ich Nachrichten über Gewalt an Kindern fast nicht mehr aus. Ununterbrochen erreichen uns Schreckensnachrichten aus der Ukraine. Es ist schon schlimm genug, wenn Soldaten auf Soldaten schiessen. Doch wenn es Familien mit kleinen Kindern trifft, dann nehmen mich diese Bilder besonders mit. So etwas sollte nicht passieren.
Wir wünschen uns Gerechtigkeit. Ein anderes Beispiel dafür ist der laufende Prozess gegen den Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz. Er soll sich illegal bereichert haben. Das Urteil ist noch nicht gesprochen. Doch wenn man die Berichterstattung zum Prozessauftakt Ende Januar verfolgt hat, dann wollten da viele bereits Köpfe rollen sehen. Persönlich hat mich der Hass in den Kommentarspalte gewisser Medien erneut erschreckt. In solchen Momenten bin ich froh, dass Gerichtsurteile nicht demokratisch, sondern von professionellen Richtern gefällt werden.
Und ich?
Das Jüngste Gericht ist das Versprechen, dass es einmal Gerechtigkeit geben wird. Und zwar für alle. Für die Opfer des Ukraine-Konflikts genauso wie für meine Tochter, mit der ich nicht immer so geduldig bin, wie ich es gerne wäre. Genau da wird es persönlich. Du und ich, wir sind vielleicht keine Kriegsverbrecher. Doch du und ich, wir sind manchmal genervte Eltern, legen Graubereiche zu unseren Gunsten aus oder wünschen Herrn Vincenz stellvertretend für all die unersättlichen Abzocker-Bonzen insgeheim alles Wüste. Vieles ist verständlich, manches entschuldbar, doch alles verletzend.
Ich bin davon überzeugt, dass Gott alles Unrecht in der Welt sofort beenden könnte. Doch dann müsste er eben auch mich aus der Welt entfernen, denn ich kann nicht garantieren, dass ich nie mehr in irgendeiner Weise ungerecht handeln werde. Instinktiv spüre ich das, spüren wir alle das. Und wir bekommen Angst vor dem Jüngsten Gericht. Zu Recht.
Doch was ist die Alternative? Dass niemand die Verantwortung für den Krieg übernehmen muss? Darum: Jüngstes Gericht? Ja, bitte, selbst wenn es für mich nicht leicht wird. Denn wenn mein Leben schon beurteilt werden muss, dann doch lieber von einem allwissenden, allmächtigen, aber auch barmherzigen Richter als vom wütenden Mob in der Kommentarspalte.
Ich weiss schon jetzt: Jesus wird ein Urteil über mir aussprechen, dass angemessen ist. Trotzdem wird es mir nicht gefallen. Doch genau in diesem Moment wird er zeigen, dass er nicht nur gerecht, sondern auch gnädig ist: Er hält seinen Kopf hin für meine Ungerechtigkeit – und für Ihre.
Zum Thema:
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Selten so gedacht: Erschütterndes Beispiel von Gier und Stolz
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Autor: Pascal Götz
Quelle: Livenet
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