Priester Raphael Kronig
Keine Angst vor dem Tod
Der Walliser Priester Raphael Kronig, 38, erhielt im April 2018 die Diagnose Blutkrebs. Nun hat sich die Krankheit in eine akute Leukämie gewandelt. Die Ärzte können nichts mehr für ihn tun - er wird sterben. Bald. Der «Walliser Bote» hat ihn um ein letztes Gespräch in seinem Palliative-Zimmer gebeten.
Raphael Kronig, ist Priester, 38 Jahre alt und wird bald sterben. «Als Pfarrer bin ich schon davor oft mit dem Tod in Berührung gekommen. Sei es bei Beerdigungen, auf der Palliativabteilung oder bei Krankensalbungen. Wenn es einen selbst betrifft, ist es sicher noch mal anders», sagte er im seinem letzten Interview auf der Palliative-Station mit dem «Walliser Bote», das auch die «Aargauer Zeitung» publizierte. Er sei in die Situation hineingewachsen und musste sich schon vor drei Jahren darauf einstellen, dass seine Lebenserwartung sehr stark eingeschränkt ist. Dass sich der Krebs nochmals verschärft hat und mir noch weniger Zeit bleibt, habe ich im Januar zwar nicht erwartet, kam aber auch nicht völlig überraschend: «Es ist nicht so, dass mir die Nachricht den Teppich unter den Füssen weggezogen hätte.»
Christliche Erziehung
Geboren wurde Raphael Kronig 1982. Er wuchs zusammen mit drei Geschwistern in Visp auf. Nach dem Kollegium Spiritus Sanctus in Brig begann er sein Medizinstudium in Freiburg. Nach drei Jahren brach er dieses ab und entschied sich für das Theologiestudium. Bereits früh hatte Kronig einen Bezug zum Glauben: Einerseits durch die christliche Erziehung seiner Eltern, andrerseits durch den Ministrantendienst in der Pfarrei Visp. Als seine Vorbilder sieht Kronig Papst Johannes Paul II. und Bruder Klaus an. «Gott und den Menschen nah – Priester im Volk Gottes»: Dieser Satz hatte ihn angesprochen und hat seinem Leben eine neue Richtung gewiesen. «Gott und den Menschen nahe sein», das galt es in der Ausbildung zu lernen und in den verschiedenen Praktika und im Pastoraljahr zu vertiefen. Er war dann als Priester für die Walliser Pfarreien Ernen, Binn und Lax tätig.
Über das Sterben
Ende April 2018 zog er sich von der Bildfläche zurück und arbeitete unter anderem im Bildungshaus St Jodern. Wegen seiner Krebserkrankung war er auch lange Zeit im Spital. Raphael Kronig ist auch Autor des Buches «Gebete aus dem Leben». Die Gebete sind im Laufe der Jahre entstanden. Sie wollen dazu ermuntern, selbst mit einfachen Worten zu Gott zu sprechen. Er betont, dass er keine Angst vor dem Tod habe, aber Angst vor dem Moment des Sterbens. Vor den Schmerzen, die damit verbunden sein könnten: «Ich weiss, dass ich von Gott geliebt und angenommen werde. Das gibt mir eine unglaubliche Freiheit», sagte er im Interview weiter.
Wunder gibt es
Als er während der Behandlung vier Monate im Isolierzimmer war, habe er gemerkt, dass es im Leben sehr wenig braucht, um glücklich zu sein. Darum ist er auch hier in diesem Zimmer in dieser Situation zufrieden: «Ich glaube nicht nur an Wunder, ich bin fest überzeugt, dass es sie gibt und spüre es auch am eigenen Körper.» Zum Beispiel, als es im Inselspital zu Komplikationen kam und der Chefarzt Infektiologie meinte, die Chance sei gross, dass er die Nacht nicht überlebe. Als er am Morgen bei mir vorbeischaute, war er überrascht, dass er ihn derart fröhlich im Bett vorfand. Er meinte dann, dafür müsse man wohl katholischer Pfarrer sein. «Ich erlebe in meinem Leben so viele kleine Dinge, die ich mir nicht direkt erklären kann.»
Keine Zweifel
Den Glauben hinterfragt habe die Krankheit nicht, aber: «Ich darf ehrlicherweise sagen, dass ich pro Monat maximal ein bis zwei Tage ein kurzes Tief habe. Dann denke ich schon an den Herrgott und daran, dass es doch auch einfacher sein könnte. Mein Glaube hat durch die Krankheit aber noch an Tiefe gewonnen. Ich fühle mich vom Herrgott, meinem Glauben und dem Gebet vieler Mitmenschen getragen. Gerade in dieser schwierigen Phase merke ich enorm, wie mir der Herrgott hilft.» Gott habe uns nie versprochen, dass in unserem Leben immer alles perfekt läuft. Aber er hat uns versprochen, gerade in den schwierigen Situationen auch für uns da zu sein. Wenn er das Leiden in meiner Situation zulässt, dann tut er dies, um etwas anderes zu bewirken: «Ich hätte die Leute nie so berühren oder vom Glauben überzeugen können wie jetzt.» Eine Bibel aus Fleisch und Blut, das ist die Bibel, die die Menschen heutzutage noch lesen: «Wenn ich Zeugnis geben kann, dass es mir trotz der Krankheit gut geht, dass ich mich im Herrgott geborgen fühle, dann kann ich ein Werkzeug für ihn sein.»
Über den Himmel hat er keine konkrete Vorstellung. Er ist überzeugt, dass es ein Ort auf einer völlig anderen Ebene ist: «Wir stellen uns den Himmel immer auf menschliche Art und Weise vor. Unser Glauben sagt uns, dass der Körper zu Staub zerfällt und wir im Himmel einen neuen, einen verklärten Körper erhalten.» Daher ist er trotz unheilbarer Krankheit voller Hoffnung: Nicht eine Hoffnung darauf, gesund zu werden, sondern die Vorfreude, eines Tages vor den Schöpfer zu treten.
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Autor: Markus Baumgartner
Quelle: DienstagsMail / Walliser Bote
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