Ungewisse Lebenserwartung
«Den Blick auf Gott zu richten, ist immer möglich»
Plötzlich war die Diagnose da: Krebs! Für Stephan Bolliger und seine Familie begann eine nervenaufreibende Zeit. Dabei lernten sie: Der Blick auf Gott ist immer frei.Am 27. April 2018 litt Stephan Bolliger (Jg. 1975) zum ersten Mal unter Bauchschmerzen. Bis zum 10. Mai wurde der Schmerz immer schlimmer. Inzwischen liessen ihn seine Internet-Recherchen ahnen, dass er an einem Magengeschwür litt. Die entsprechenden Medikamente, die er sich in der Apotheke besorgte, zeigten gute Wirkung. Alles schien gut zu kommen.
Eskalation des gesundheitlichen Zustands
Als Stephan ein Gemeindewochenende leitete, bemerkte er, dass er inzwischen ohne schmerzlindernde Medikamente nicht mehr zurechtkam. Bei einem Familienausflug Anfang Juni hatte er einen ersten Zusammenbruch. «Ich muss jetzt endlich zum Arzt gehen», sah er ein und wollte dies am Folgetag tun. Das war am 3. Juni. In der darauffolgenden Nacht musste er von seiner Frau halb bewusstlos ins Krankenhaus gebracht werden.
Erste Untersuchungen auf ein Magengeschwür waren nicht schlüssig. Gleichzeitig brauchte Stephan riesige Dosen starker Schmerzmittel. «Irgendwann wurde klar, dass ich kein Magengeschwür hatte und kurz darauf stand die Diagnose fest: Geplatzter Blinddarm mit Bauchraumentzündung.» Zu diesem Zeitpunkt ahnte niemand, dass sich hinter diesen Problemen noch ein ganz anderes verbarg.
Den Boden unter den Füssen verloren
«Nach zehn Tagen im Spital konnte ich entlassen werden», berichtet Stephan. Endlich konnte er wieder bei seiner Familie sein und seine Tätigkeit in der FEG Thusis und EE-Schweiz wieder aufnehmen. Doch dann nahmen die Schmerzen wieder zu. Ärztliche Untersuchungen zeigten, dass in seinem Bauch irgendetwas zu wachsen schien. Nach seiner Verlegung ins Kantonsspital Chur wurde er erstmals mit der Möglichkeit konfrontiert, Krebs zu haben. Das war ein emotionaler Moment. «Zum ersten Mal in meiner Krankheitsgeschichte zog es mir regelrecht den Boden unter den Füssen weg. Wie lange hatte ich wohl noch zu leben?»Am 12. Juli, nach der Operation, kam Klarheit: Stephan hatte Krebs. Zwei grosse Tumore mussten aus dem Bauchraum entfernt werden. «Es waren zwei circa fünfzehn Zentimeter grosse, kokosnussgrosse Tumore, welche den Blinddarm zum Platzen gebracht hatten.» Es wurde gesagt, dies sei sein Glück gewesen, denn sonst wäre er wahrscheinlich erst später zum Arzt gegangen. Dieser Trost war aber klein, denn Stephan war nach der OP sehr geschwächt. Freunde waren geschockt, als sie ihn so verändert sahen. Für die Kinder im Alter zwischen sechs und sechzehn Jahren, war es beängstigend, ihren Vater im Spital geschwächt und an verschiedenen Schläuchen hängend zu sehen.
Ungewissheit in der Welt – Sicherheit bei Gott
Nach nur zwei Wochen Erholungszeit von der Operation musste auch schon mit der Chemotherapie begonnen werden. «Die Ärzte konnten nicht mehr Erholungszeit geben, damit man schnellst möglichst mit der Therapie gegen den aggressiven Krebs beginnen konnte.» Die Lage war nicht rosig. «Mit den Medikamenten, die ich verabreicht bekam, bestand ein grosses Risiko, in den folgenden Jahren an Leukämie zu erkranken.»
«Herr Bolliger, Sie stehen mit dem Rücken zur Wand», hatte ein Arzt gesagt. «Wenn sie weiterleben wollen, haben Sie keine andere Wahl, als diese intensive und ungewisse Therapie über sich ergehen zu lassen.» Zweifel und Selbstanklage setzten ihm zu. «In der ganzen Zeit hatte ich zwar nie Angst vor dem Tod, sorgte mich aber um meine Familie. Wie würde es mit ihnen weitergehen?» Es blieb nichts, als im Vertrauen an Gott festzuhalten. «Ich wusste, dass ich den Weg in die Therapie und all die Strapazen gehen musste. Doch dann lag alles nur noch an Gott.» Und genau in diesem Loslassen und Vertrauen auf Gott erfuhr er eine innere Zuversicht.
Eine wichtige Entscheidung
«Mein Leben lag überhaupt nicht mehr in meiner Hand. Ich wusste, dass ich mich völlig Gott anvertrauen musste.» Es war Sommer und niemand konnte garantieren, dass er Weihnachten noch einmal erlebte.
«Wir hatten kaum mehr Wahlmöglichkeiten. Aber zu einer Sache mussten ich und meine Familie uns immer wieder entscheiden. Nämlich, auf Gott zu schauen und unsere Sicherheit in ihm zu suchen.» Inmitten seiner unsicheren Zukunft hat Stephan eines gelernt: «Egal, welche Bedrohung auf uns zukommt und welchen Umständen wir ausgeliefert zu sein scheinen: Den Blick auf Gott zu richten, ist immer möglich, egal wie düster die Aussichten sind.»
Stephan ist dankbar für Familie, Gemeinde und Freunde, die gerade dann für ihn beteten, als ihm selbst die Kraft dazu fehlte. «Sobald der Blickwinkel auf Gott gerichtet ist, verändern sich auch unsere Gedanken. Wir können uns am Alltag freuen und die Krankheit oder unsere Probleme geraten in den Hintergrund.»
Über dem Berg
Die letzte Chemotherapie musste abgebrochen werden, da die Blutwerte keine weitere Therapie erlaubten. Stephans Überlebenschancen waren äusserst gering. Doch dann begann er, sich zu erholen, es ging aufwärts. Bis heute können Ärzte nicht vollständige Entwarnung geben, noch immer ist die Zukunft unsicher.
In dieser ganzen Sache ist Stephan eines wichtig geworden. «Wohin richte ich meine Augen? Blicke ich auf die unsicheren Umstände oder sind meine Augen auf Jesus gerichtet?» Menschen staunten, mit welcher Gelassenheit Stephan durch diese Zeit ging. «Immer wieder konnte ich bezeugen, dass ich Gott habe, der mich da durchträgt, selbst wenn der Ausgang ungewiss ist.»
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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch
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