Der Kampf um das Kind
Ein geniales Geschenk
„Als wir das erste Dossier eingereicht hatten, dachten wir, voilà, nun werden wir in ein paar Monaten stolze Eltern sein,“ sagt Francine Kuhn mit charmantem, welschem Akzent. Francine und Christian Kuhn wollten vor sechs Jahren ein Kind aus der Schweiz adoptieren. Verschiedene Tests hatten gezeigt, dass sie keine leiblichen Kinder haben können. „Wir wussten damals zum Glück nicht, wie schwierig es ist, ein Kind aus dem eigenen Land zu adoptieren“ meint Christian.
So machten sie sich mutig ans Werk, schrieben Briefe und erstellten umfangreiche Dossiers. Sie sind eins von vielen adoptionswilligen Schweizer Ehepaaren. 2007 konnte nur jedes Dritte der rund 1000 adoptionsberechtigten Paare ein Kind annehmen, und nur gerade 21 Kinder stammten aus der Schweiz.
Geduldsspiel
Bei Kuhns dauert es nach Abgabe des Dossiers zwei Jahre, bis sie zum ersten Mal benachrichtigt werden, dass sie gute Chancen hätten, bald Adoptiveltern zu werden. „Nach solch einer Meldung steigt die Hoffnung. Man denkt, wir sind sowieso das ideale Paar, man freut sich, dass man in drei bis vier Wochen Vater und Mutter sein könnte. Man kauft noch ein und bereitet alles vor. Und plötzlich ist alles wieder vorbei,“ meint Christian Kuhn. Ein anderes Ehepaar ist ausgewählt worden. „Es war ein harter Schlag und wir mussten erst lernen, damit fertig zu werden.“ Sie brauchen Zeit, um sich klar zu werden, ob sie weitermachen wollen.
Im Wechselbad der Gefühle
Dreimal in sechs Jahren kommen sie in die engere Wahl, dreimal erhalten sie schlussendlich doch noch eine Absage. Sie müssen während dieser Jahre lernen, ihr Leben weiterzuleben und nicht nur auf ein Kind zu warten. „In der Kirche haben wir weiterhin unsere Jugend betreut und waren vielseitig aktiv, haben auch zu zweit viel unternommen,“ so Christian Kuhn.
Kuhns engagieren sich in einer Freikirche, was von der Adoptionsstelle eher mit Skepsis betrachtet wird. Doch Christian und Francine hoffen weiterhin und viele Verwandte und Freunde unterstützen sie im Gebet. Als im Dezember 2006 wieder einmal ein Anruf kommt, ihr Dossier werde geprüft, nehmen sie es gelassen. „Wir wollten uns vor einer neuen Enttäuschung schützen,“ meint Francine Kuhn.
Nach sechs Jahren
Einen Monat später folgt dann die freudige Nachricht; sie sind als Adoptiveltern für das drei Monate alte Mädchen Mara Lisa ausgewählt worden. Erst können sie es kaum fassen, plötzlich geht alles schnell. Freude bricht auf, in wenigen Tagen wird das Kind bei ihnen einziehen. „Es war wie ein Vulkan, ich musste allen Freunden und Verwandten anrufen. Als ich meine Mutter anrief, um ihr zu sagen, dass ich auch Mutter werde, kamen mir die Tränen. Es war unglaublich,“ so Francine. Und Christian fügt an: „Ich war hin- und hergerissen, zwischen einer Riesenfreude und Verantwortung, die auf einmal kommt. Man hat viele Fragen, weiss nicht ob man das kann, was da gefordert wird. Aber die Freude war extrem.“
Das Warten hat sich gelohnt
„Ja es war ein langer Weg, aber das Warten hat sich gelohnt,“ meint Francine und lächelt: „Sogar für unsere Ehe war es gut, wir hatten viel Zeit, zusammen zu sprechen. Auch Christian ist überzeugt: Der Weg war stellenweise schwierig, aber sie haben dadurch gelernt, sich gegenseitig ihre Wünsche und Gefühle offen zulegen.
Kuhns haben damals kurz vor Weihnachten zum ersten Mal von Mara Lisa gehört. Nun ist sie seit zwei Jahren Teil der Familie. Christian Kuhns Freude ist geblieben: „Wenn ich sehe, wie schön wir es jetzt als Familie haben, bin ich Gott sehr dankbar. Er hat uns mit unserer Tochter Mara Lisa ein geniales Geschenk gemacht.“
Einen Beitrag über Familie Kuhn wurde ausgestrahlt in der TV-Sendung „Mein grösstes Geschenk“ am 13./14. Dezember. Die Sendung kann im Internet unter Sonntag angesehen werden oder auf DVD bestellt werden bei Fenster zum Sonntag, In der Ey 35, 4612 Wangen b. Olten
Autor: Willy Seelaus
Quelle: Livenet.ch
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