Überraschende Parallelen

Vom Tangotanzen und Glauben

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«Tango Argentino» (Bild: Pixabay)
Als wir uns entschlossen, einen Kurs für «Tango Argentino» zu besuchen, wären wir nie darauf gekommen, dass Tangotanzen nicht nur unsere Paarbeziehung, sondern auch unseren Glauben vertiefen könnte. Doch genau das ist passiert.

Tango kannten wir bis dahin nur als Standardtanz, bei dem die beiden Tanzpartner eine vorgegebene Schrittfolge absolvieren: «Links, rechts, links, Wie-ge-schritt, seit, kreuz, seit, drehn.» Tango Argentino dagegen ist ein gänzlich improvisierter Tanz, der eine intensive Kommunikation innerhalb des Tanzpaars erfordert. Von der Körperhaltung bis zur subtilen Interaktion drängten sich uns von Anfang an Vergleiche mit unserer Beziehung zu anderen Menschen und zu Gott auf. So sind reflektierte Erfahrungen aus dem Tangotanzen Bestandteil sowohl unserer seelsorgerlichen Tätigkeit als auch unserer eigenen Beziehungsarbeit geworden.

Sicheres Fundament

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Regula Studer Schafflützel
Der eigene, unabhängige und sichere Stand ist Voraussetzung für das Spiel mit Nähe und Distanz, das diesen Tanz so attraktiv macht. Entsprechend ist mein Standbein fest im Boden verankert. Für jeden Schritt suche ich Kraft und Sicherheit im Fundament. Ganz ähnlich erlebe ich Gott als Fundament für mein Leben, auf dem ich sicher stehen kann.

Zur Tangohaltung gehört ein gerader Rücken mit dem Kopf zum Himmel gestreckt: Ich bin von Gott geliebt und darf in dieser Identität aufrecht durchs Leben gehen. Gleichzeitig sind die Schultern gelöst. Ich überlasse meine Lasten Gott. So stehe ich als ganzer Mensch – mit Körper, Seele und Geist – in die Identität hinein, die Gott für mich bereit hat. Aus dieser eigenen, unabhängigen und sicheren Identität heraus kann ich mich in Freiheit auf die Begegnung und Beziehung mit anderen einlassen.

In der Umarmung zuhause

Die Umarmung im Tango Argentino bleibt fast immer gleich. Sie ist das konstante Zuhause, innerhalb dessen Kommunikation und Tanz stattfinden. Wie der Vater des «verlorenen Sohns» diesen mit offenen Armen empfing, lädt Gott auch uns Menschen im übertragenen Sinn zur Umarmung ein. Seine Umarmung kann zu unserem Zuhause werden.

Trotz ihrer Konstanz engt die Umarmung im Tango Argentino nicht ein. Im Gegenteil: Der Führende eröffnet mit der Umarmung einen Raum, den die Folgende auf ihre eigene Art und Weise einnehmen kann. Kein Schritt wird erzwungen, es werden immer nur Impulse gegeben. So erleben wir in unserem Alltag auch Gottes Führung. Gott zwingt nicht. Er gibt Impulse. Er lädt ein. Wir dürfen lernen, die feinen Impulse wahrzunehmen, die Einladung anzunehmen.

Konfrontiert mit sich selbst

Durch die Unmittelbarkeit der Begegnung im Tango kommen Beziehungs- und emotionale Muster rasch aufs Parkett. Regula wurde mit ihrer Tendenz konfrontiert, bei jedem Impuls gleich loszurennen. Durch das Tanzen lernte sie, besser bei sich selbst zu bleiben, den Impuls in seiner ganzen Tiefe wahrzunehmen und dann in Ruhe den nächsten Schritt zu tun – nicht nur im Tanzen selbst, sondern auch in ihrem Unterwegssein mit Menschen überhaupt und in ihrem Hören auf Gott. Peter dagegen musste sich mit seiner Schwäche auseinandersetzen, seine Bedürfnisse und Wünsche nicht klar auszudrücken. Im Tango lernt er, dies mit seinem ganzen Körper zu tun. Das hilft ihm, sich selbst auch im Alltag besser wahrzunehmen und sich Mensch und Gott auf heilsame Weise mitzuteilen.

Vorbereitung für den Himmel?

Wenn ich im Tango als Folgende einen Impuls nicht wahrnehme oder vorwegnehme oder als Führender zu unklar kommuniziere, verpassen wir zwar miteinander die schöne Bewegung, die daraus hätte entstehen können, aber es ist nicht das Ende des Tanzes. Ein geübter Führender holt die Folgende ab, wo sie ist, auch wenn sie mit ihrem Schritt ganz woanders gelandet ist, als er es erwartet oder intendiert hatte. Wenn er besonders geschickt ist, tut er dies sogar so, dass Zuschauer den Lapsus für eine interessante Figur halten. Das ist Gnade.

Gott ist spezialisiert auf den Umgang mit unseren Fehlern. In seinem Sohn Jesus, dessen Geburt wir in diesen Tagen feiern, hat er am Kreuz all unser Versagen auf sich genommen, damit kein Lapsus uns vom Tanzen mit ihm abhalten kann. Dazu auch die Sache mit der Auferstehung und dem ewigen Leben: Gottes Ziel ist, in Ewigkeit mit seinen geliebten Menschen zu tanzen. Augustinus soll sogar gesagt haben: «Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel nichts mit dir anzufangen.» So kann Tangotanzen zur Vorbereitung für den Himmel werden.

Regula Studer Schafflützel und Peter Schafflützel studierten evangelische Theologie in Zürich und Tübingen. Die beiden Pfarrer sind seit 1999 miteinander verheiratet. Ihr gemeinsames Buch «Tango mit Jesus», erschienen im Fromm Verlag, ist seit November 2021 im Buchhandel erhältlich.

Zur Webseite:
Tango mit Jesus

Zum Originalartikel von Zukunft CH

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Datum: 16.01.2022
Autor: Regula Studer Schafflützel / Peter Schafflützel
Quelle: Zukunft CH

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