Roland Bühlmann

Christ, Gitarrist und Autist

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Roland Bühlmann mit der Bernasconi-Gitarre (Bild: zVg)
Als empfindsamer Autist Progressiv-Rock machen, geht das? Roland Bühlmann hat eine leichte autistische Störung, die ihn im Alltag etwas beeinträchtigt. Menschenmengen meidet er eher. Musik ist für ihn Quelle zum Auftanken und Kreativsein.

Mal symphonisch-rockig, mal sphärisch ist sein Sound, und sogar ein Stück mit Bossa Nova Einfluss gibt es auf dem letzten Album. Die Gitarre spielt jeweils einen wichtigen Part. Doch genauso wie das Musizieren, begann der Glaube zu leben. 1978 sprach er auf einem «Bänkli» ein Gebet zu Gott, das sein Leben prägen sollte.

Die neu entdeckte Jugendgruppe war für Roland Bühlmann wichtig, da die Mitglieder jugendgerecht ihr Christsein lebten. Sie tauchten ab und zu mit weissen Hemden im Gottesdienst auf, und einige Jungs trugen lange Haare. Wiederum hatten sie mit dem Wunsch, sich taufen zu lassen, eine regelrechte Taufbewegung ausgelöst; denn zuvor war die Erwachsenentaufe kein grosses Thema in dieser Gemeinde.

Livenet traf den 61-jährigen Musiker, der auch mal gerne mit einer «Lochkamera» rumknipst.

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Roland Bühlmann mit seinen Söhnen Fabian und Cédric (v.r.n.l) (Bild: zVg)
Wie macht sich der Autismus in Ihrem Alltag bemerkbar?
Roland Bühlmann:
Ich bin, wie die meisten Autisten, ziemlich geräuschempfindlich. Ich tue mich schwer mit sozialen Kontakten, im Job dreht sich zum Glück meist alles um technische Sachen, was mir leichtfällt, und das ermöglicht mir, mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Die Diagnose Asperger-Autismus habe ich im Mai 2020 erhalten, nachdem ich dies vermutete. Den Begriff Asperger-Autismus sollte man eigentlich nicht mehr benutzen wegen der Rolle, die Dr. Hans Asperger während der Nazi-Zeit innehatte. Im neuesten Diagnosesystem gibts nur noch Autismus Spektrum Störungen, meine Diagnose wäre dann: «Spektrum autistischer Störungen ohne Störung der intellektuellen Entwicklung und milde oder keine Beeinträchtigung funktioneller Sprache». Tönt doch gut, oder? Übrigens verstehen die meisten Autisten keine Ironie…

Welche positiven Seiten und Gaben dadurch sehen Sie in Ihrem Leben?
Autisten haben eine andere Wahrnehmung als NT's (neurotypische = normale Menschen). Wir sehen detailorientiert, während normale Menschen das grosse Ganze im Blick haben. Das Befolgen von Regeln und Ritualen ist typisch für Autisten und kommt auch in meiner Musik vor: Meine Musik folgt bestimmten Regeln. Regeln, die ich anfangs unbewusst befolgt habe, zum Beispiel: Pro Album haben die Track-Titel nie den gleichen Anfangsbuchstaben. Die Titel suche ich in allen möglichen Sprachen wie Englisch, Althebräisch, dann kamen Fantasiewörter von mir, Französisch, Altkeltisch, Proto-Indoeuropäisch, Schweizerdeutsch und andere.

Wenn Ihre Musik anders wäre, wie wäre sie dann?
Ziemlich sicher würde ich Musik mit Gesang machen. Mit Worten kann ich meine Gefühle nicht ausdrücken, mit Musik schon. Ich habe das für mich so formuliert: Musik drückt Dinge aus, die Worte niemals ausdrücken.

Welchen besonderen Moment mit der Musik können Sie uns erzählen?
Die gibt es immer wieder, wenn mir etwas Cooles auf der Gitarre einfällt, oder wenn ich an der DAW (Digital Audio Workstation) sitze und mir etwas gelingt, das mir gefällt. Oder wenn ich von einem Musiker die bestellten Tracks bekomme und sie in meine Tracks einbauen kann, das haut mich jedesmal fast vom Stuhl. Unter diesen Musikern hats doch ein paar Namhafte: Terl Bryant (IONA), Yukiko Matsuyama oder David Cross.

Eine Geschichte noch, die nicht direkt mit Musik zu tun hat: Seit einigen Jahren gibts in Burgdorf das Guitar Fest. Ich hatte mich vorbereitet und die Gitarren von Marco Bernasconi auf seiner Webseite studiert. Am Guitar Fest sind wir an seinen Stand gegangen, haben die tollen Instrumente bewundert, und ich bin mit ihm ins Gespräch gekommen. Eine ist mir besonders aufgefallen, mit orangem Flammenahorn-Korpus, ich durfte sie sogar spielen, wow, einfach ein Traum! Eben ein Traum, dachte ich. Auf dem Weg nach draussen sagte meine Frau zu mir: «Ich kaufe sie dir!»

Gab es ein oder mehrere Schlüsselerlebnisse in Ihrem Glauben?
Vor ein paar Jahren hat mich ein Vorgesetzter mal gefragt, ob ich ein «Fischli» sei, also so jemand, der einen Fisch am Auto hat als Zeichen seines Glaubens (hatte ich übrigens damals nicht mehr, wegen meines Fahrstils…). Das hat mich sehr ermutigt: Man merkt, dass ich Christ bin, auch wenn ich nicht viel davon rede.

Einmal hat mich jemand angerufen, der in der gleichen Firma wie ich die Lehre machte, und sagte: «Erinnerst du dich an mich, ich bin der und der...». Ich wusste zuerst nicht, wer er war, dann sagte er weiter: «Du warst doch in der Lehre damals sehr gläubig, ich wollte dir nur sagen, dass ich mich jetzt auch für Jesus entschieden habe!»

Was ist Ihnen heute beim Glauben im Alltag wichtig?
Das Jesusgebet, das geht immer, und ich muss nicht überlegen, was sagen. Wenn Schwierigkeiten und Probleme in meinem Leben auftreten, bin ich meist sprachlos, wie erschlagen, ich kann keine Worte mehr formulieren, und gerade da hilft mir das Jesusgebet. Für mich etwa so: «Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarm di über mi. (Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich über mich.)»

Haben Sie noch Visionen oder Dinge, die Sie erleben möchten?
Das Nordlicht möchte ich mal sehen, so faszinierend. Dass der Schöpfer die ganzen Voraussetzungen geschaffen hat, die so etwas möglich machen! Überhaupt, die Natur und Schöpfung, die Wolken, die immer etwas anders aussehen, die Stimmungen und Farben, die es gibt oder die Weite, wenn man irgendwo aufs Meer blickt, vielleicht noch Delfine sieht. Toll wäre es, nur noch Musik zu machen, das wird sich in 3,5 Jahren erfüllen… Und ein neues Album ist auch geplant…

Zum Schluss möchte ich noch Prof. Dr. Temple Grandin zitieren, Autistin und Wissenschaftlerin: «I am different, not less.» Auf Deutsch: «Ich bin anders, nicht weniger.»

Zur Website:
www.kinor.net

Zum Thema:
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Datum: 05.01.2023
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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