Pionierin Sister Rosetta Tharpe
Sie machte den Gospel zum Rock’n Roll
Die Gospelmusik eroberte von Beginn weg die Herzen der Zuhörer und dies nicht nur bei Kirchgängern. Ein Beispiel dafür sind die Videos und Musik von Sister Rosetta Tharpe. Der feurige Gospel mit elektrisierender Gitarre fährt in Bein und Geist.
In einer Welt voller «Copy Paste» und Samples lohnt es sich, Originale zu würdigen. So schauen wir auf die Anfänge des Rock'n Roll, woraus der heutige Pop mit seinen mehrstimmigen Klängen entstand. Hier die gospelsingende «Godmother of Rock'n Roll».
Glaubensmusik prägt Musikwelt
Die Leidenschaft und das Leben, die aus der Gospelmusik heraussprühen sind unvergleichlich. Menschen erleben Göttliches. So ist es nicht erstaunlich, dass auch gerade dieser Stil am Anfang vieler Stilrichtungen stand – eine der grössten Inspirationsquellen aller Zeiten.
In diesen Stunden der Initialzündung, besonders in den 1930er-Jahren, spielte auch Sister Rosetta Tharpe einen wichtigen Beitrag ein. Mit viel Charisma, energiegeladenem Gesang und vor allem dem aussergewöhnlichen Gitarrenspiel eroberte sie die Musikwelt.
Baumwollfeld und Pfingstgemeinde
Sister Rosetta Tharpe, 1915 in Arkansas geboren, machte bereits mit vier Jahren erste musikalische Erfahrungen und mit sechs Jahren Gesangseinsätze mit ihrer Mutter in der Kirche. Als «Little Sister» erlernte sie das unbändige Gitarrenspielen, wofür sie in der späteren Karriere bekannt werden sollte. Auch ihre Mutter spielte Mandoline und ihr Vater sang, insofern dies die Arbeit auf den Bauwollfeldern zuliess.Die Mutter Katie war ebenso als weibliche Rednerin und Diakonin in den Kreisen einer Pfingstgemeinde unterwegs, wo auch Tanz, Lehrdienst von Frauen und moderne Musik gefördert wurden.
«Little Sister Thorpe» wird grösser
Mitte der 20er-Jahre wurde Sister Rosetta immer bekannter, da sie mit ihrer Mutter an regionalen christlichen Konferenzen sang und sie gelegentlich Einsätze über die ganzen USA hinweg hatten.
Zum Gründen einer eigenen Familie ging sie ihre erste Ehe mit Reverend Thomas A. Thorpe ein, von dem sie später ihren Künstlernamen kreierte. Der Liebesbund hielt jedoch nur einige Jahre. Auch bei weiteren Beziehungen war ihr das Eheglück nicht hold, es zerbrach jeweils wieder.
Gospel und Rock'n Roll, Kirche und Klub
Sister Tharpe katapultierte Lieder in die Billboard-Charts und so auch die erste Rock'n Roll-Platte, die überhaupt als diese bezeichnet wurde. Andererseits machte sie Gospelmusik mainstreamfähig.
1938 wurde sie für die berühmte Cotton-Club-Revue bei Cab Calloway engagiert, mit der sie auch Aufnahmen machte. Nach ihren Auftritten in Nachtclubs entschied sie sich für eine klare Ausrichtung und Karriere im Gospelmarkt; was nicht bedeutete, dass sie den weltlichen gänzlich verliess. Ihre Erfolge und das Ansehen feierte sie weitherum und genre-übergreifend.
Als einer von nur zwei Gospel-Acts nahm sie Lieder auf, welche während des Zweiten Weltkrieges zu den Überseetruppen der US-Armee gesandt wurden.
Gitarre nicht nur für Guys
Eine tragikomische Anekdote ist dies Kompliment, welches die begnadete Gitarristin öfters erhielt: «Sie spielen ja tatsächlich so gut wie ein Mann…»
Damals spektakulär war ihr Einsatz von heftigem Verzerrer-Sound für ihre elektrifizierte 6-Saiter. Sie begründete mit den Electric Blues. Mit dem berühmten Muddy Waters war sie beispielsweise 1964 auf seinem Blues- und Gospel-Caravan und beeinflusste auf ihrem Stop in Manchester britische Welt-Gitarristen wie Eric Clapton, Jeff Beck oder Keith Richards.
Zum Rock'n Roll-Hype meinte sie einmal: «Oh, diese Kids und Rock'n Roll – das ist ja nur Rhythm and Blues mit höherem Tempo. Das hab ich ja schon immer gemacht.»
Influencerin Teil 1
Die leidenschaftliche Sängerin beeinflusste Grössen wie Little Richard, Johnny Cash und selbst Elvis Presley, den «King of Rock'n Roll». Auch der eben verstorbene «Meatloaf» erwähnte sie als enormen Einfluss.
So lud sie beispielsweise Little Richard 1947 auf die Bühne ein, um mit ihm zu singen, nachdem sie ihn zuvor gehört hatte, und ermöglichte ihm so den ersten öffentlichen Auftritt ausserhalb der Kirche. Es war sein persönlicher Start als Entertainer, Richard, der selber einer der grössten Einflüsse für künftige Musiker sein würde.
Teil 2: Einflüsse für die Ewigkeit
Am 9. Oktober 1973 ging Sister Rosetta Tharpe in die ewigen Musiksphären über – zu ihrem geliebten Heiland. 1970 hatte sie einen folgeschweren Schlaganfall erlitten.
2007 wurde sie dann in die Blues Hall of Fame aufgenommen und im Dezember 2017 mit der Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame in der Kategorie «Frühe Einflüsse» geehrt.
Nicht nur Elvis Presley nahm Songs von Rosetta Tharpe auf, sondern auch Tina Turner und unzählige andere nannten sie als musikalischen Einfluss; auch die topaktuellen Mary J. Blige, Alicia Keys oder Pharrell Williams, die das heutige Erbe weiterführen.
Die Inspiration für die moderne Populärmusik ist unermesslich, ebenso wie Sister Rosetta Tharpe viele Brücken baute: musikalisch, zwischen Kulturen und nicht zuletzt eine Verbindung in den Himmel.
Das
bluesig-jazzige «This little light of mine» von Sister Rosetta Tharpe (1960):
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet
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