Einsatz für Leprapatienten
«Wir dürfen nicht aufgeben!»
30 Jahre lang hat sich Martha Gafafer für Leprapatienten eingesetzt. Sie
weiss, dass durch geduldige Aufklärung Infektionen vermieden und
Betroffene im Umgang mit der Krankheit geschult werden können.
«Eigentlich wollte ich nach Haiti», erzählt Martha Gafafer. Doch dort fand die Krankenschwester keine geeignete Stelle. «Wenn Gott eine Türe schliesst, öffnet er eine andere», wurde sie darauf von einer Bekannten getröstet. Stimmt dieser Satz? Der Pastor ihrer Gemeinde drückte ihr einen Flyer der Organisation SAM (damals: Schweizer Allianz Mission) in die Hand: «Schau das mal an, das könnte für dich passen», meinte er. Tatsächlich – ihr Profil entsprach genau den Anforderungen. Fünf Monate später, im März 1990, wurde die damals 33-Jährige vom EGW Langenthal nach Afrika – genauer nach Guinea – gesandt. Ihr erster Guinea-Einsatz mit SAM (heute: SAM global; serve and multiply) war für vier Jahre geplant. Es sollten 30 Jahre werden.
Einsatz im Spital CHRS Macenta
Ziel für ihren Dienst war die Stadt Macenta, 800 Kilometer südlich der Hauptstadt Conakry. 1981 hatten hier SAM-Missionare auf Anfrage des Staatspräsidenten eine Lepra- und Tuberkulosearbeit gestartet. Anfangs arbeitete Martha Gafafer in der Spitalapotheke. Danach wechselte sie in den Verbandsraum, weiter in den Operationssaal und anschliessend bildete sie viele Jahre lang Pflegepersonen aus für die Betreuung hospitalisierter Leprainfizierter und anderer Kranker. Heute heisst die medizinische Einrichtung Centre Hospitalier Régional Spécialisé (CHRS). Sie wird geführt von Pro Espoir und ist ein Projekt von SAM global.Behandeln, aufklären, sensibilisieren
Bis heute werden im CHRS neben HIV- und Tuberkulose- auch Leprapatienten behandelt. Die Lepramedikamente werden von der WHO finanziert und gratis abgegeben. Mitarbeitende des CHRS leisten Aufklärungsarbeit zu Prävention und Behandlung. Viele Betroffene tauchen leider erst hier auf, wenn eiternde Wunden bereits Behinderungen verursachen. Ambulante und hospitalisierte Patienten werden über Hygienemassnahmen und Vorbeugung von Krankheiten aufgeklärt. Auch können sie an der Andacht teilnehmen, die jeweils am Morgen gehalten wird. Das Pflegepersonal hört ebenfalls zu und wird so zweifach weitergebildet.Unterwegs in abgelegenste Dörfer
Später arbeitete Martha Gafafer auf der orthopädischen Abteilung, wo Wunden und Verstümmelungen behandelt werden. Doch ihr Herzensanliegen wurde die Sensibilisierung. 1999 begann eine Wiedereingliederungsarbeit von behinderten, geheilten Leprapatienten. 2003 stieg Martha dort ganz in die Sozialarbeit ein. Zusammen mit einheimischen Kollegen und Kolleginnen besuchte sie Kranke in den entlegensten Dörfern. Ihr Arbeitsgebiet weitete sich aus auf eine Fläche von der Grösse der Schweiz. Die Aufgabe war es, die Betroffenen und ihre Familien über die Symptome und den Verlauf von Lepra aufzuklären und zu zeigen, wie sie ihre gefühllosen Hände und Füsse bei sich zu Hause selber pflegen können.«Es berührte die Leute sehr, dass wir extra für sie lange Wege auf uns nahmen, um sie ganzheitlich zu betreuen, und das nicht nur einmal. Während 17 Jahren begleiteten wir mehr als 600 Betroffene.» Sie erfuhren durch Wort und praktische Tat, dass sie trotz ihren Beeinträchtigungen geliebte Geschöpfe Gottes sind. Zudem suchte das Team mit Genesenen nach Möglichkeiten, wie sie trotz ihrer Einschränkungen ihren Lebensunterhalt selber verdienen und sich wieder in die Gesellschaft integrieren können.
Die gute Nachricht: Lepra ist heilbar
Lepra ist heilbar. Erste Anzeichen sind helle Flecken auf der Haut, die auf leichte Berührung nicht reagieren. Eine Antibiotika-Kombination heilt die Befallenen und sie können ohne Behinderung leben. Wenn die Behandlung erst bei Wunden und Verstümmelungen einsetzt, werden die Patienten zwar auch geheilt, müssen aber fortan mit Behinderungen leben. Das ist oft ein Grund für soziale Ausgrenzung.In den letzten Jahren hat die Anzahl Erkrankter in der Region um Macenta abgenommen. Trotzdem leben in weit verstreuten Dörfern nach wie vor Menschen, die noch nie eine adäquate Behandlung erfahren haben.
«Man stirbt nicht an Lepra, aber an unbehandelten Infektionen durch nicht erkannte Verletzungen», erklärt Martha Gafafer. Sie ist inzwischen pensioniert und wohnt in Sargans SG. Aber das Anliegen zur Sensibilisierung bewegt sie weiter: «Lepra kann ausgerottet werden – wenn wir nicht aufgeben! Ich versuche auch von hier aus ab und zu, die Ärzte im CHRS zu ermutigen, dranzubleiben.»
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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: idea Schweiz
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