Stress – Motor oder Bremse?
Definition von Stress
Stress wird beschuldigt, Ursache für alle möglichen Übel zu sein: Angina pectoris, Herzinfarkt, Krebs, Depression, Kindsmisshandlung, Scheidung usw. Valium und Verwandte, sog. Tranquilizer, gehören heutzutage zu den am meisten verordneten Medikamenten. 50-70% aller beim Arzt vorgebrachten Beschwerden stehen in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Stress.
In den 20-iger Jahren erforschten Wissenschafter das «Fight-or-Flight-Syndrom», also «Kampf oder Flucht». Sie erkannten, dass sowohl Tiere wie Menschen auf eine Bedrohung oder Gefahr ganz typisch reagieren, nämlich körperlich, seelisch und chemisch mit bestimmten Stoffwechselprozessen.
Dieses Phänomen nannten sie Stress. Die Stress-Reaktion soll zuerst das Überleben in Gefahrensituationen ermöglichen, indem wir rasch und kräftig reagieren können, um die Gefahr abzuwenden. Die gleiche Reaktion ermöglicht es uns auch, körperliche Höchstleistungen zu vollbringen, beispielsweise im Sport. Ähnliches spielt sich ab, wenn wir am Morgen gut gelaunt aufstehen, in die Hände spucken und unser volles Tagespensum in Angriff nehmen. Unter etwas Druck sind wir viel leistungsfähiger und effizienter.
Optimales Maß an Stress
So gesehen, ist Stress eigentlich etwas Gesundes: er hilft, in Gefahren zu überleben, und ermöglicht, dass wir die Herausforderungen des Lebens annehmen können. Ein gewisses Maß an Stress ist für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit unerlässlich. Ohne den durch Stress bewirkten Antrieb bringen wir gar nichts zustande. Das optimale Maß an Stress ist definiert als das Maximum, das noch eine Steigerung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit bewirkt. Stressforscher nennen dies «Eustress», die positive Stressphase – Stress als Motor. Bei weiter zunehmendem Stress, dem «Distress», werden Gesundheit und Leistungsfähigkeit schlechter. Dies entspricht der negativen Stressphase – Stress als Bremse. Stress heißt auf Deutsch nichts anderes als Druck. Druck ist etwas Wertneutrales. Auf Druck reagiert man mit Gegendruck. Erst wenn man nicht mehr genug Gegendruck aufbringen kann, wird man erdrückt.
Amerikanische Wissenschaftler haben einen «Stressindex» erarbeitet. Verschiedene Lebenssituationen wurden im Hinblick auf ihr Stresspotenzial untersucht und mit Punkten bewertet: So bedeutet der Tod eines Ehepartners 100 Stresspunkte, der Verlust des Arbeitsplatzes 47, die Geburt eines Babys 39, Ferien 13, Weihnachten 12 Punkte. Wenn sich verschieden Stressoren innerhalb kurzer Zeit häufen und 200 oder mehr Punkte erreicht werden, läuft man Gefahr, körperlich oder seelisch krank zu werden.
Die Stress-Reaktion ist stark energiekonsumierend. Unser Energietank ist bald einmal leer und muss nachgefüllt werden. Es ist demzufolge nicht möglich, über längere Zeit einer Drucksituation standzuhalten, ohne seelisch und körperlich Schaden zu erleiden.
Unsere individuelle Stresstoleranz ist sehr unterschiedlich. Sie ist abhängig von unseren charakterlichen und lebensgeschichtlichen Eigenheiten. So sind auch die Energiereserven bei den einen Menschen viel rascher erschöpft als bei anderen. Es ist also verständlich, dass Stress nicht für alle Menschen dasselbe bedeutet. Krank machender Stress entsteht immer im Zusammenspiel von Umwelteinflüssen und unserer persönlichen Reaktion darauf.
Stressoren und deren Auswirkungen
Die moderne Technologie, die uns vor allem den Computer beschert hat, fordert von uns ein erhöhtes Arbeitstempo, während die zwischenmenschlichen Kontakte verarmen und die Kommunikation abnimmt. Entsprechend haben Menschen mit Computerarbeitsplätzen von sämtlichen Berufsgruppen am häufigsten stressbedingte Beschwerden. Lärm stimuliert unser Nervensystem und führt zu Irritation und Konzentrationsstörungen. Das häufig bei Führungskräften anzutreffende «Typ-A-Verhalten» beinhaltet Eigenschaften wie Aggressivität, Machtstreben, Ungeduld und Konkurrenzverhalten. Auch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Rauchen können unseren Organismus stressen.
Geraten wir von irgendeiner Seite unter Druck, so empfinden wir diesen zuerst einmal in der Seele. Wir verlieren die innere Ruhe, werden nervös und leiden unter Schlafstörungen. Je nach Charakter werden wir aggressiv oder depressiv. Hält die Spannung an, können körperliche Störungen oder Krankheiten die Folge sein.
Stress dürfte auch ein Auslöser für alle möglichen Suchtkrankheiten sein. Was ist denn der Stressfaktor, der Menschen in die Sucht treibt? Da ist der Leistungsdruck – unser Wert wird abhängig gemacht von dem, was wir erbringen – wertlos ist der, der diesem Druck nicht standhalten kann. Da sind die zahllosen Möglichkeiten, die uns offen stehen und uns täglich zu unzähligen Entscheidungen zwingen: Wehe dem, der nicht weiß, was er will! Da ist die Geschwindigkeit, in der unser Leben stattfindet: Manch einer bleibt auf der Strecke. Da ist die Sinnfrage: Was soll das alles, was ist mein Ziel? Dieser Druck löst beim einen oder andern einen Fluchtreflex aus: Die Flucht in die Sucht!
Stressmanagement
Stress im Übermaß kann unsere Lebensqualität also auf alle möglichen Arten vermindern, sei es auf seelischer oder auf körperlicher Ebene. Es ist an uns, Strategien zu entwickeln, um krankmachenden Stress soweit wie möglich zu vermeiden. Effizientes Stressmanagement beginnt mit der Erkenntnis, dass wir in vielen Bereichen unseres Lebens wählen können. Wir können uns für diesen oder jenen Weg entscheiden. Gott hat uns als Menschen mit freiem Willen geschaffen.
Es ist klar, dass eine ausgewogene Lebensweise unsere Stresstoleranz ganz erheblich erhöht. Auf Anspannung muss Entspannung folgen, damit unsere Energiereserven erneuert werden können. Genügend Schlaf, gesunde Ernährung, Mäßigung im Umgang mit Genussmitteln und chemischen Stoffen helfen mit, im täglichen Leben zu bestehen. Durch die Technisierung ist heute generell unser Intellekt gefordert, unser Körper aber unterfordert. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht, das sich sowohl in körperlichen (beispielsweise Rückenschmerzen) wie auch in seelischen Symptomen (Nervosität, Reizbarkeit, Depression) äußern kann.
Viele Wissenschaftliche Arbeiten haben bestätigt, dass das uralte lateinische Wort «mens sana in corpore sano» (in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist) tatsächlich wahr ist. So wird ein Körper, der auf gesunde Weise gefordert und trainiert wird, auch bessere intellektuelle Leistungen hervorbringen können, und die Belastungstoleranz wird ganz erheblich erhöht. Stress kann besser kompensiert werden – nach dem Prinzip «Druck-Gegendruck» – und es besteht ein Ventil für die nervöse Anspannung.
Es lohnt sich, unsere Lebenssituation von Zeit zu Zeit zu überprüfen und gegebenenfalls Kurskorrekturen vorzunehmen. Wir haben – Extremsituationen wie Krieg, Krankheit usw. natürlich ausgenommen – die freie Wahl. Niemand muss rauchen, übergewichtig oder untrainiert sein, in einer Mobbingsituation ausharren oder sich ausnützen lassen. Eine Veränderung mag Opfer erfordern und im Moment hart sein, aber es lohnt sich, langfristig die Kosten zu überschlagen und den kleineren Preis zu bezahlen!
So schnell ist die Zeit, die wir für Wichtiges brauchen, dahin. Auch Zeitfresser wie Fernsehen und Telefon lassen uns kaum Raum für eigene Gedanken. Vieles bleibt unverarbeitet liegen, Gespräche haben nicht stattgefunden, es ist spät geworden, keine Zeit zur Besinnung, nur Stress! Um unsere kostbare Zeit im Griff zu haben, müssen wir Prioritäten setzen! Auch hier gilt das Prinzip der freien Wahl – ich entscheide mich, bestimmte Dinge zu tun und andere zu lassen.
Die wichtigste Entscheidung
Nun gibt es aber Momente in jedem Leben, in denen sämtliche Bewältigungsstrategien ins Wanken geraten, in denen alles bisher Gewesene an Wichtigkeit verliert. Denken wir z.B. an den plötzlichen Ausbruch einer schweren Krankheit, an Krieg und Naturkatastrophen, wo alle Normen zusammenbrechen. Im der Bibel wird ein Mensch in einer solchen Lage beschrieben: «Meine Sorgen lassen mir keine Ruhe mehr; stöhnend irre ich umher und höre, wie die Feinde mich anpöbeln. Sie bedrängen mich und wollen mir schaden; voller Hass feinden sie mich an. Mein Herz krampft sich zusammen, Todesangst überfällt mich, Furcht und Zittern haben mich erfasst, und vor Schrecken bin ich wie gelähmt.»1
Ein Mensch in einer ausweglosen, extremen Stresssituation. David schrieb diese Zeilen, als sein Freund zum Feind wurde und ihn umbringen wollte. Was tut er in dieser Situation, in der alle seine üblichen Strategien versagen? Er schreibt: «Doch ich schreie zu Gott, und der Herr wird mir helfen.»2 Er wendet sich also an seinen Schöpfer. Wir alle sind wie David Geschöpfe dieses einen Gottes. Er hat uns mit Liebe geschaffen. Der Gott der Bibel ist ein persönlicher Gott. Er ist uns in der Person von Jesus Christus von Mensch zu Mensch begegnet. Er hat alles erlebt und erlitten, was wir in unserem Leben erleiden. Gott selbst hat die Trennung zwischen uns fehlerhaften Menschen und ihm, dem gerechten Gott, überwunden, indem sein Sohn Jesus Christus all unsere Schuld auf sich lud und am Kreuz dafür bezahlte. Die Bibel sagt: «Gott liebte die Menschen so sehr, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun wird jeder, der sein Vertrauen auf den Sohn Gottes setzt, nicht zu Grunde gehen, sondern ewig leben.»3
Antworten auf jede Lebensfrage
Jesus hat die Brücke zwischen Gott und uns geschlagen. Gott wartet darauf, uns beistehen zu können. Als Menschen mit freiem Willen müssen wir auch hier die Wahl treffen. Wollen wir unser Vertrauen auf Gott setzen? Keinem Schiffskapitän käme es je in den Sinn, ohne Kompass auf dem weiten Ozean unterwegs zu sein. Ohne die Ausrichtung auf einen unverrückbaren Punkt, den Nordpol, wäre er im Sturm hoffnungslos verloren. Genauso geht es uns in unserem Leben: Können wir uns nicht auf unseren ewig gleichen, unveränderlichen Gott ausrichten, wird unser Lebensschiff im Sturm sinken.
Die Bibel enthält Antworten auf jede Lebensfrage. Anhand der Bibel können wir unsere Lebensprioritäten richtig setzen. Gott möchte aber Priorität Nr. 1 in unserem Leben haben: «Sorgt euch vielmehr um Gottes Reich, dann wird euch Gott alles andere geben.»4 Wenn wir unseren Blick immer wieder neu auf Gott richten, der uns mit großer Liebe zugeneigt ist, statt auf unsere wechselnden Umstände und schwankenden Gefühle, dann können wir uns viel krank machenden Stress in unserm Leben ersparen!
Ich möchte Ihnen Mut machen, die Bibel zur Hand zu nehmen und darin die Schätze zu entdecken, die Gott für uns alle bereithält! Es ist an uns, das Angebot Gottes anzunehmen. Jesus spricht: «Merkst du es denn nicht? Noch stehe ich vor deiner Tür und klopfe an. Wer jetzt auf meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, bei dem werde ich einkehren. Gemeinsam werden wir das Festmahl essen.»5 Gott drückt keine Tür ein. Er lässt uns die Wahl.
Die Zusage gilt: Wirf deine Last ab, übergib sie dem Herrn, er selber wird sich um dich kümmern; niemals lässt er den im Stich, der ihm die Treue hält!
Fussnoten:
1) Psalm 55, Verse 3b-6
2) Psalm 55, Vers 17
3) Johannes, Kapitel 3, Vers 16
4) Lukas, Kapitel 12, Vers 31
5) Johannes, Kapitel 3, Vers 20
Dr. med. Ursula Köppel, CH-Oberweningen
verheiratet, Allgemeinärztin, Mutter von fünf Töchtern im Alter von 10-20,
Vorstandspräsidentin von World Vision Schweiz, Referentin bei IVCG
Autor: Dr. Ursula Köppel
Quelle: Reflexionen
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