Best Hope
Auf zu neuen Ufern!
In der Stiftung Best Hope beim Nieschberg in Herisau wohnen Menschen, die Unterstützung benötigen, um die eigenen Ressourcen zu nutzen. Sei dies nach einem Klinikaufenthalt oder für einen längeren Lebensabschnitt infolge einer Beeinträchtigung.
«Wir wollen unseren Bewohnerinnen und Bewohnern die Hoffnung auf ein sinnerfülltes, reichhaltiges und lebenswertes Leben zurückbringen. Wir vermitteln neue Perspektiven und Strategien zur Lebensbewältigung und fördern ihre individuellen Fähigkeiten», erklärt Thomas Ammann (53), Geschäftsleiter der Stiftung Best Hope. Die Institution bietet Wohn- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen, kognitiven und suchtbedingten Beeinträchtigungen. Dazu gehören auch Menschen in fortgeschrittenem Alter, die aufgrund ihrer früheren Sucht oder wegen einer chronischen psychischen Erkrankung nicht mehr selbständig wohnen können.
Im Moment leben neun Männer und zwei Frauen im Haus Sonnhalde in Waldstatt. Eigenständiges Wohnen ist auch im Buurehüsli in Herisau möglich. Zwei Wohnungen bieten Personen mit einem deutlich geringeren Betreuungsbedarf und einer höheren Selbst- und Sozialkompetenz ein Zuhause. Punktuell werden sie von Mitarbeitenden besucht, um auf Fragen und Anliegen einzugehen oder Hilfestellungen bei der Alltagsbewältigung zu bieten.
Das Haupthaus am Nieschberg bei Herisau wird zurzeit umfassend renoviert. In dem ehemaligen Herrenhaus entstehen in den 16 Einzelzimmern Nasszellen und die alte Ölheizung wird durch eine Wärmepumpe ersetzt. Nicht zu vergessen: der Lift. «Das Durchschnittsalter unserer Klienten hat sich in den letzten Jahren erhöht», erklärt Thomas Ammann. Ein fünfstöckiges Haus ohne Lift kann da zur Herausforderung werden. «Wir freuen uns sehr darauf, nächstes Jahr ins Hauptgebäude zurückzukehren.»
Paradigmenwechsel
Ende der 1970er-Jahre entstand durch die offene Drogenszene ein steigender Bedarf an Entzugs- und Rehabilitationsangeboten. Hanspeter Vogt und seine Frau Anita schufen am Nieschberg ein Zuhause und Therapiemöglichkeiten für Entzugswillige. Klare Regeln, kalter Entzug, Gebet und grosses persönliches Engagement der Mitarbeitenden waren Elemente, die jungen Menschen ein Leben nach der Sucht ermöglichten. Ziel war, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft und Arbeitswelt zu ermöglichen.
2017 entschied sich die Stiftung Best Hope, ihr Angebot an die veränderten Umstände in der Suchthilfe anzupassen. Gemäss den Ausführungen von Thomas Ammann kam die stärkere Konzentration auf die Schadensminderung und die Medizinalisierung der Suchttherapie einem Paradigmenwechsel gleich. Der Entzug durfte nur noch medizinisch überwacht in Kliniken durchgeführt werden. Hauptziel der Suchthilfe war nicht mehr Suchtfreiheit, sondern die Begrenzung von Langzeitschäden. Ammann sieht darin einen der Hauptgründe, weshalb ab 2010 immer weniger Menschen den Weg einer abstinenzorientierten Sozialtherapie wählten und verschiedene Einrichtungen schliessen mussten.
Weiter beobachtet Ammann eine Zunahme an Menschen, die unter einer Doppeldiagnose leiden: psychische Erkrankung und Suchterkrankung. Oft wird dann die Substanz als Selbstmedikation genutzt und eine Negativspirale setzt sich in Gang. Mit dem Angebotswechsel reagierte die Stiftung Best Hope auf die veränderten Bedürfnisse.
Ein sicheres Zuhause
Thomas Ammann ist Sozialpädagoge und seit 2015 Leiter der Institution. «Jeder ist bei uns willkommen», bekräftigt er. «Alle Menschen, insbesondere Menschen in schwierigen Lebenssituationen, brauchen Annahme und Sicherheit.» Dies bieten die Mitarbeitenden den Klienten auf den Grundlagen des christlichen Menschenbilds. Alle zwei Wochen findet ein Einzelgespräch mit jedem Bewohner statt, in dem es um sein Befinden, seine Ziele und allfällige weitere Schritte geht. Jede Woche gibt es eine Gruppensitzung, in welcher verschiedene Lebensthemen besprochen und diskutiert werden. Wer möchte, kann dreimal pro Woche an einer Andacht teilnehmen oder monatlich an einem internen Gottesdienst. Seelsorgerliche Gespräche sind auf Wunsch möglich.
«Wir leben unseren Glauben im Alltag, drängen aber niemandem etwas auf», stellt Ammann klar. Alle im Haus sollen sich wohlfühlen. Doch an einem christlichen Ritual wird festgehalten: «Vor dem gemeinsamen Essen wird ein Tischgebet gesprochen, das trauen wir allen zu», sagt der Vater von drei erwachsenen Kindern und schmunzelt.
Bedürfnisse erkennen
Das Haus wird strikt drogenfrei geführt. «Für uns ist der Konsum von Suchmitteln ein destruktiver Weg, Probleme zu lösen», erklärt Ammann. Die Klienten werden auf ihrem Weg zu möglichst grosser Abstinenz begleitet. Wo das nicht gelingt, suchen die Fachleute das Gespräch. Was braucht der Klient? Weshalb wurde der Suchtdruck so gross? Wie steht es mit dem Wunsch, suchtfrei zu werden?
«Mit seinem Eintritt gibt der Klient uns einen Auftrag», erklärt der Sozialpädagoge. «Den möchten wir erfüllen, auch wenn der Weg zum Ziel nicht immer ganz einfach ist.» Bewohner kommen auf verschiedenen Wegen in die Stiftung Best Hope. Einige wechseln nach einem Klinikaufenthalt in ein betreutes Wohnen oder werden von Beiständen aus verschiedenen Lebenssituationen zugewiesen. Die Aufenthaltsdauer ist sehr unterschiedlich: Die einen bleiben wenige Monate bis zu einem Jahr in der Stiftung Best Hope, andere über Jahre. Werkstatt, Krea-Atelier, Küche und Haushalt bieten Möglichkeiten, handwerklich tätig zu sein und fördern eine sinnbringende Tagesstruktur.
Der Bedarf steigt
Der Best-Hope-Geschäftsleiter rechnet damit, dass der Bedarf an betreuten Wohn- und Arbeitsplätzen steigen wird. Normen zerfallen, Ansprüche steigen, die Wahlmöglichkeiten in vielen Bereichen fordern laufend neue Entscheidungen. «Der psychische Druck wird immer grösser», hält Thomas Ammann fest. «Die Multioptionsgesellschaft verändert sich ständig und fordert grosse Flexibilität.»
Zudem sei die Coronakrise für psychisch instabile Menschen eine massive Belastung. Angststörungen werden verstärkt durch die Unsicherheit, welchen Nachrichten man glauben kann und welchen nicht. Hier biete das christliche Weltbild eine hilfreiche Grundlage. Der Glaube an Gott, die persönliche Beziehung zu ihm könne als Ressource genutzt werden auf dem Weg zum besseren Umgang mit psychischer Überlastung.
Freudenmomente
«Es gibt auch in sehr belasteten Leben gute Momente», weiss Thomas Ammann. Die Bewohner lachen miteinander, pflegen Beziehung, teilen Erfolg und Misserfolg. Manchmal entstehen in dieser Schicksalsgemeinschaft auch Freundschaften. Den Prozess vergleicht Ammann mit einer Treppe: «Wer oben ankommen will, muss jede Stufe einzeln erklimmen. Wenn wieder eine geschafft ist, soll das Erfolgserlebnis gefeiert werden!»
Dieser Artikel erschien zuerst in der Jesus.ch-Print «Hope-Stories» Appenzellerland.
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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Jesus.ch-Print
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