Kleine Füchse verderben den Weinberg

Dieses im Volksmund bekannte Sprichwort veranlasst mich, eine Fortsetzung zur letzten Füürposcht - “Ehe und Gebet“ von Kurt Bühlmann vorzunehmen. Meine Frau und ich feiern dieses Jahr - so Gott will - die goldene Hochzeit. 50 Jahre Gebet in der Ehe; 50 Jahre Kampf gegen kleine Füchse, 50 Jahre gemeinsame Arbeit im Weinberg des Herrn sind eine Kapitalanlage, Grund zum Staunen, zum Loben und Danken. Die Dynamik im gemeinsamen Gebet hat unserer Ehe eine ausgeprägte Tiefe verliehen und eine neue Sicht für Dinge und Menschen vermittelt.

Neue Dimension im Weinberg: Als wir heirateten, vertrauten wir unsere Zukunft dem Herrn an. Wir waren uns einig, die Arbeit im Weinberg des Herrn würde nicht einfach sein. Deshalb entschlossen wir zum vornherein, auf persönliche Wünsche zu verzichten. Der Traum meiner Frau, ihren Beruf auszuüben oder mein Hang, Güter und Finanzgeschäfte zu verwalten, legten wir gemeinsam dem Herrn auf den Altar. Diese Opferbereitschaft hat grossen Segen frei gesetzt. Im Laufe der Jahre wurden wir mit Aufgaben betraut, die all unsere Gaben und Fähigkeiten verlangten und manchmal menschlich gesehen überstiegen, die all unsere Träume erfüllten und noch viel mehr. Die Dimension des Weinberges hatte jegliche Vorstellung übertroffen.

Neue Sicht im Einswerden: Das gemeinsame Gebet hat Gottes Gegenwart in unsere Ehe gebracht. Daraus erwachte das tiefe Verlangen, ein verschiedenartiges Potenzial von Mann und Frau als Einheit zu investieren. Ein Vers aus dem Hohelied (4,16) muss bahnbrechend gewesen sein: „Kommt doch, ihr Winde, durchweht meinen Garten! Nordwind und Südwind, erweckt seine Düfte!“ Als uns eines Tages in Frankreich 44 Sozialinstitutionen anvertraut wurden, haben wir die Aufgabenbereiche so aufgeteilt, wie wir dies im gemeinsamen Gebet erkannt hatten. Ich war für die Verwaltung zuständig, meine Frau für den sozialpädagogischen Bereich. Der Weinberg begann Frucht zu tragen, welche sich multiplizierte.

Neue Sicht für Gefahren: Von einem Weinbauer haben wir folgende Erklärung gehört: Die grossen Füchse sind weniger gefährlich. Sie gelangen mühelos bis zu den Trauben und verzehren diese, ohne dem Weinstock Schaden zuzufügen. Die kleinen Füchse jedoch knacken den Weinstock am Boden ab, damit er fällt. Nur auf diese Weise gelangen kleine Füchse an die Trauben. Doch die Rebe bricht und stirbt.

50 Jahre Ehe sind nicht nur ein idyllischer Spaziergang durch blühende Rebberge. Das bedeutet auch harte Arbeit, ständige Wachsamkeit und intensive Kommunikation. Kommunikation war wohl für mich in der Ehe die schwierigste Lektion zum lernen. Es fiel mir leichter, wie ein Hirsch über Berge und Hügel zu eilen (Hl 8,2-14), als auf das natürliche Kommunikationsbedürfnis meiner Frau einzugehen oder die Mauer des Schweigens zu brechen. Doch eines Tages wollte meine Frau nicht mit mir beten, bevor wir miteinander über die kleinen Füchse (Gewohnheiten, Verstimmungen, Missverständnisse) gesprochen hatten. Da ist mir ein Licht aufgegangen. Hätten Adam und Eva besser kommuniziert und beispielsweise vorher miteinander über den Baum im Garten Eden gesprochen, wäre Eva nicht auf einen andern Gesprächspartner hereingefallen, erst noch in der stummen Gegenwart ihres Mannes. Hätte Adam nicht vergessen, welche Verantwortung er als Mann inne hat, dann wäre es mutmasslich nicht zum Sündenfall gekommen, und wir müssten heute den Weinberg nicht vor den kleinen Füchsen schützen.

Das Gebet zu zweit hat uns viele Geheimnisse im Reich Gottes offenbart, z.B. wenn wir nach allen Möglichkeiten streben, werden wir schliesslich alles verlieren. Wenn wir jedoch zuerst nach dem Reich Gottes suchen, wird uns alles andere zufallen.

Autor: Samuel Holland

Samuel Holland ist Vorstandsmitglied des Forum des Hommes, Nyon

Datum: 05.02.2003
Quelle: Männerforum

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