Gemeindeseminare als Lösung
Konflikte in der Gemeinde - wie damit umgehen?
Auslöser war ein Brief eines Mitgliedes der Gemeindeleitung, in dem dieser sein Amt niederlegte. Der Konflikt hatte sich an der Arbeits- und Vorgehensweise des jungen Predigers entzündet. Dieser sollte den beliebten alten Prediger ablösen, der zwölf Jahre segensreich in der Gemeinde gewirkt hatte und beabsichtigte, in zwei Jahren in den Ruhestand zu gehen. Als Reaktion auf diesen Brief wurde um eine Krisenbegleitung gebeten.
Der Krisensamstag
Nach genauer Abklärung schlug Gemeindeberater Gerd Quadflieg zwei Gemeindeseminare zum Thema «Konflikte: Ursachen und biblische Massstäbe zu ihrer Lösung» vor. Um das Ganze praktisch umzusetzen, wurde ein «Krisensamstag» geplant, an dem möglichst die ganze Gemeinde teilnehmen sollte. Zur Vorbereitung nahm Quadflieg brieflich und telefonisch Kontakt mit den Kritikern auf, die inzwischen die Gemeinde verlassen hatten. Er wollte ihre Vorwürfe sammeln und zur Verfügung haben. Der Samstag kam. Die Kerngemeinde war versammelt. Über dem Beginn lag eine gedrückte Atmosphäre.
Die Spielregeln
Der Gemeindeberater erklärte zuerst allen die Spielregeln des Treffens. Sein Weg sei es, die Fakten an die Oberfläche zu holen und dabei «Ross und Reiter» zu nennen. Dass dabei Gefühle frei würden, sei unvermeidbar. Es gehe aber darum, dass jeder vor unfairen Angriffen und auch vor eigenen Ausfällen geschützt werde (Epheser 4,26 a). Quadflieg erklärte, dass er auch bereit sei, im Extremfall Leute auszuschliessen. Das wurde durch einstimmiges Handzeichen angenommen. So wurden zu Beginn in freiwilligen Gruppen die Vorwürfe gesammelt. Dabei war es einerlei, ob man diese selbst vertrat oder nicht, berichtet Quadflieg. An einer grossen Wand wurden die Angriffe angeschlagen. Die allgemeine Reaktion war erstaunlich: : " Zwar habe der neue Prediger seine Schwächen, aber die Vorwürfe seien masslos übertrieben.», äusserte sich dazu die Gemeinde. Also wurden positive Erfahrungen gesammelt und aufgeschrieben.
Die Konsequenzen
Im nächsten Schritt musste jeder Teilnehmer die positiven und negativen Aussagen anonym bewerten. Jeder konnte zwölf Punkte verteilen: «Wie stark stehe ich hinter dieser Aussage?» Es zeigte sich laut Quadflieg, dass die extremen Vorwürfe nur von einer sehr kleinen Gruppe vertreten wurden. Es wurde aber auch deutlich, dass es Kritikpunkte gab, die eine breitere Basis fanden. Zu jedem Punkt wurden nun zwei typische Beispiele zusammen getragen.
Das brachte einige erhitzte Beiträge. Gut, dass es die Spielregeln gab! Anhand der Beispiele wurden dann erste Lösungsvorschläge erarbeitet. Dabei wurde auch gefragt, wie sich bis jetzt die anderen aus der Gemeindeleitung verhalten hätten. Es zeigte sich folgendes Bild: Sie hatten aus Angst vor der Dominanz der Kritiker zu viel geschwiegen. Nach der Kaffeepause wurden Konsequenzen für das nächste halbe Jahr besprochen. Gemäss Quadflieg musste der Betroffene zunächst mitteilen, welche Konsequenzen er daraus ziehen wolle. Dann kam jeder Gemeindeleiter dran. In Gruppen sollte nun die Gemeinde ihren weiteren Umgang in den betreffenden Punkten festlegen. Am Ende standen neue Leitlinien und praktische Schritte, zu denen man sich im Gebet vor Gott verpflichtete.
Nach zwei Jahren
Was geschah in den kommenden zwei Jahren? Die Kritiker, die die Gemeinde verlassen hatten, kamen nicht mehr zurück. Andere konnten die Klärungen nicht akzeptieren: Zwei Gemeindeglieder legten im nächsten Jahr ihre Mitarbeit nieder, und drei weitere gingen. Der Prediger nahm sich einige Kritikpunkte zu Herzen. Die Gemeindeleitung als Ganzes übernahm mehr Verantwortung in der Unterstützung und Korrektur des Predigers.
Beim letzten Besuch des Gemeindeberaters sagten die Gemeindeglieder so Quadflieg übereinstimmend: «Das war eine schwere Zeit. Aber wir haben viel gebetet, und wir sind jetzt Gott dankbar für unseren Prediger.»
Redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger
Autor: Gerd Quadflieg, Gemeindeberater im deutschen Chrischona-Werk
Quelle: Chrischona Magazin
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