Einstellungssache

Hör auf, deine Gemeinde zu kritisieren!

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Menschen sind chaotisch. Das hört nicht automatisch auf, wenn sie sich in Gemeinderäumen befinden und als Christen bezeichnen. Und diese chaotischen Menschen sorgen für «Herausforderungen», um es einmal positiv auszudrücken. Es ist richtig, solche Fragen und Probleme anzugehen, doch wie kann das auf eine konstruktive Art geschehen?

In jeder Nachrichtensendung wissen Sportkommentatoren, was die Fussballer auf dem Platz hätten besser machen sollen. Wirtschaftsexperten äussern sich kritisch zum Geschäftsklima und Filmkritiker verreissen die neueste Hollywood-Produktion. Auch im Privatbereich ist die Kritik längst angekommen. Amazon & Co haben uns darin geschult, alles um uns herum zu beurteilen und in Gedanken ein bis fünf Sterne zu verteilen. So sitzen wir im Gottesdienst und beurteilen die Qualität des Lobpreises, die Länge der Predigt, den Gesamteindruck im Saal. Fast sieht es so aus, als ob sich dabei eine neue «Geistesgabe» entwickelt: die Gabe des Kritisierens. Was uns vielerorts fehlt, sind dagegen Menschen, die an einer echten Veränderung mitarbeiten möchten. Zu diesem Schluss kommt der US-amerikanische Autor und Pastor Tyler Edwards. Er regt dazu an, dass wir uns vor dem Kritisieren Fragen stellen:

Hilft es weiter?

Muss dieses Problem überhaupt angesprochen werden? Oder ist es gar nicht so wichtig, dass das Klavier nicht vorne auf dem Podium steht? Bringt es die Gemeinde weiter, wenn wir es ansprechen, oder belastet es nur eine Situation, die ansonsten völlig in Ordnung ist?

Ist jetzt die richtige Zeit?

Jede Kirche und Gemeinde kennt Zeiten, in denen es extrem stressig zugeht: Die Gemeindeleitung sortiert sich neu, wichtige Projekte stehen zur Entscheidung an, die Kräfte sind gerade gebunden. Natürlich kommt der optimale Zeitpunkt nie, doch trotzdem können wir uns fragen: Ist das Problem, das wir sehen, wirklich dringend? Oder kann es warten, bis sich die Dinge beruhigt haben? Achtung: Hier geht es nicht um Aufschieberitis, sondern nur um sinnvolles Timing.

Geht es um unsere persönlichen Vorlieben?

Wir können auf ein bestehendes Problem hinweisen oder wir können es selbst verursachen. Wenn unsere Gemeinde Möglichkeiten zum Weitergeben des Evangeliums nicht nutzt oder Mitarbeiter den Glauben in Misskredit bringen, dann sollten wir darüber reden. Wenn es aber um Stilfragen geht – und das zu erkennen, ist definitiv nicht leicht! –, dann erzeugt unsere Kritik das Problem erst. Jeder von uns hat Vorlieben. Das ist gut so. Doch wenn wir lange Lobpreiszeiten lieben, dann hat unsere Gemeinde noch lange nichts falsch gemacht, wenn sie die Anbetung kürzt …

Engagieren wir uns selbst?

Nichts ist frustrierender als ein überkritischer Zuschauer in der vorletzten Reihe. Wir haben sie alle schon gehört. Sie wollen nur «unser Bestes» oder haben etwas mitzuteilen, «was du wissen solltest». Dabei ist es eine wichtige Regel für Beziehungen und Kritik: Wir haben kein Recht, in das Leben anderer Menschen hineinzusprechen, wenn wir nicht selbst in sie investieren. Die Kritik eines Unbeteiligten ist selten hilfreich, meist ist sie entmutigend und wenig konstruktiv. Wenn wir uns inhaltlich äussern wollen, dann müssen wir uns auch engagieren. Wer mitreden möchte, muss auch mitmachen.

Was ist unser Motiv?

Suchen wir eine Möglichkeit, Dampf abzulassen? Wollen wir Dinge zu unseren Gunsten ändern? Oder sprechen wir Probleme an, weil uns etwas an den beteiligten Personen, der ganzen Gemeinde und an Jesus und seiner Mission liegt? Bevor wir etwas zur Sprache bringen, sollten wir einen ehrlichen Blick in den Spiegel werfen: Warum ist uns die Kritik wichtig? Was wollen wir erreichen? Unser Motiv dafür kann entscheidend dafür sein, was unsere Kritik bewirkt. Und wenn es nicht um Gottes Ehre geht, dann ist es vielleicht besser, unsere Meinung erst einmal zurückzuhalten.

Sind wir bereit, selbst etwas zu tun?

Wenn unsere Antwort hier «Nein» ist, dann sind wir wahrscheinlich nicht die geeigneten Personen, das Problem zur Sprache zu bringen. Manche Firmen haben dies sogar als Unternehmensregel festgeschrieben: Niemand darf ein Problem benennen, der nicht wenigstens einen Lösungsvorschlag dafür anbietet. Die Welt braucht keine weiteren unbeweglichen Kritiker aus den Zuschauerreihen! Die Ernte ist gross. Die Arbeiter sind wenige. Und Kritiker sind keine Arbeiter. Aber Kirche ist kein Zuschauersport. Wenn wir ein Problem ansprechen wollen, gehören wir aufs Spielfeld, hinein ins Team.

Wir könnten die Lösung sein

Wenn wir ein Problem sehen und es uns am Herzen liegt, dann könnte dies daran liegen, dass Gott es uns aufs Herz gelegt hat. Dass er uns dazu beruft, Dinge zu ändern. Dazu müssen wir «Täter des Wortes werden, nicht allein Hörer». Und möglicherweise tragen wir dadurch zur Lösung von Schwierigkeiten bei. Gemeinden bestehen aus chaotischen Menschen. Allerdings immer aus Menschen, mit denen Gott etwas vorhat. Aus Menschen, die das Herz am rechten Fleck haben und höchstens etwas Hilfe brauchen. In dem Moment, wo wir die Zuschauerreihen verlassen und das Spielfeld betreten, sehen andere das. Einige werden ebenfalls aufstehen und uns folgen. Dabei geht es weniger um Vorbereitung, Organisationsformen, Drehbücher oder Zeitplanung. Es geht um unsere Haltung und unser Engagement. Sehen wir die Probleme unserer Gemeinden? Oder sind wir Teil ihrer Lösung?

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Datum: 24.02.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Relevant Magazine

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