Interessante Diskussion
Hat die Bibel heute noch eine Bedeutung?
Mit seiner 50-Minuten-Bibel bringt Pfarrer Fredy Staub eine Zusammenfassung des Buchs der Bücher auf den Markt. Er will so das Interesse wecken, auch die Gesamtausgabe zu lesen. «Wer überzeugt ist von einem Thema, will es weitergeben», hält er fest. Und er ist von der positiven Wirkung der Bibel überzeugt.
Ausserdem hatte er am vergangenen Donnerstag, 9. Dezember vier Fachpersonen zum Podiumsgespräch eingeladen zur Frage, welche Bedeutung die Bibel in der heutigen Zeit noch habe: Francesca Steinmann, Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie, Ruth Thomas, Atheistin, Ethikerin und Religionswissenschaftlerin, Ansgar Gmür, ehemaliger Direktor des Hauseigentümerverbands (HEV) Schweiz, sowie Thomas Schlag, Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich standen nun Rede und Antwort.
Ist die Bibel Gottes Wort?
«Ist die Bibel Gottes Wort?», fragte Diskussionsleiter Martin Diener die vier Fachleute als erstes. Durch Handerheben gaben sie zu seinen einleitenden Fragen Auskunft. «Haben Menschen sie geschrieben? Wurden diese von Gott inspiriert? Enthält sie Widersprüche? Muss sie, darf sie interpretiert werden?»
Bei keiner der Fragen waren die vier sich einig. Auch nutzen sie die Bibel nicht alle gleich. Thomas Schrag vertieft sich für seine Vorlesungen in ihre Texte und lässt sie so auf sich wirken. Er halte daher keine regelmässige morgendliche stille Zeit mit Gott. Bei Ansgar Gmür hat sie den ersten Platz. Schon als Direktor des HEV habe er sie regelmässig vor Arbeitsbeginn konsultiert. Er geht davon aus, dass sie Gottes Wort ist und erklärt, aber nicht zerpflückt werden darf. Als Theologiestudent führt er Trauungen und Abdankungen durch und bezieht sich dabei immer auf die Bibel und ihre Werte.
Wer daran glauben will…
Für Ruth Thomas dagegen spielt sie keine Rolle. Sie begleitet ebenfalls Trauernde mit Ritualen und findet es wichtig, ihnen menschlich feinfühlig zu begegnen. Biblische Werte sind ihr dabei nicht wichtig, sie plädiert jedoch dafür, dass die Menschenrechte umgesetzt werden und man auch hoch entwickelte Tiere anders behandeln solle. Sie lebt daher schon lange vegan. Wem es wichtig sei, der solle in der Bibel lesen. «Man kann es dann so oder so interpretieren.» Doch sie erlebt, dass auch das Aufzeigen des Lebenslaufs, schöne Musik und passende Gedichte Hinterbliebene am Grab tröste. Dazu brauche sie keine Religion und keine Bibel.Francesca Steinmann bekannte, dass sie während der Leidenszeit ihrer Mutter von einer überzeugten Atheistin zur Christin geworden sei. «Meine Mutter litt während ihrer Krebserkrankung unter enormen Schmerzen, die wir nicht in den Griff bekamen.» Trotzdem habe sie für einen Freund gebetet, der noch schlechter dran war als sie selbst. «Die Ruhe, die meine Mutter dank ihres Glaubens ausstrahlte, konnte ich nicht übersehen», gesteht die Psychiaterin. Und als ihre Mutter sich wieder so weit erholte, dass sie noch ein ganzes Jahr ein gutes Leben führen konnte, war das ein Wunder für ihre Tochter. «Ich habe die Zeichen des einsetzenden Todes gesehen», betont sie. Trotzdem sei ihre Mutter ins Leben zurückgekehrt und erst viel später gestorben. «Seither ist die Bibel mein Lebensretter, eine geliebte, täglich genutzte Lektüre.»
Als forensischer Gutachterin habe sie erstaunt gelesen, dass bereits die Autoren biblischer Bücher Psychopathen beschreiben, wie sie heute in Wirtschaft und Politik erkennbar sind. «Die Bibel ist brandaktuell!», hielt sie fest. Und sie sei durch das Lesen dieses Buches und ihre wachsende Beziehung zu Jesus empathischer geworden. «Ich schaue mir das Krankheitsbild an und schwinge mich nicht zum Richter auf.»
Keine Manipulation
Auf die Frage, welchen Stellenwert die Bibel in ihrer Arbeit habe, sagte Steinmann klar: «Keinen!» Diagnose und Therapie hätten nach den Richtlinien der ärztlichen Ausbildung zu geschehen. Wer hier den Glauben einbeziehe, laufe Gefahr, das Machtgefälle zwischen Mediziner und Patienten zu missbrauchen. «Wenn ein Klient Hilfe im Glauben sucht, ermutige ich ihn dazu», stellt sie klar. «Das Wort der Bibel ist stark, doch als Ärztin arbeite ich nicht damit.»
Ein Gast machte auf die Ressource des christlichen Glaubens aufmerksam. Er vermittle Hoffnung und schenke die Kraft zu einem Neuanfang. Dies bejahte die Ärztin, doch sie schickt Menschen mit dem Wunsch nach seelsorgerlicher Hilfe zu Theologen oder der Heilsarmee.
Martin Diener fasste zusammen, dass es noch viel zu besprechen gäbe zum Thema. So blieben die Anwesenden noch einige Zeit ins Gespräch vertieft, nachdem der offizielle Teil abgeschlossen worden war.
Zum Thema:
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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet
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