Alqosh-Bürgermeister abgesetzt
Christen sehen sich vor Kurden-Referendum bedrängt
Sie geht auf den Propheten Nahum zurück, die christliche Stadt Alqosh. Sie überlebte den IS. Doch nun sehen sich die Einwohner unter Druck von kurdischer Seite. Für den 25. September 2017 ist ein Unabhängigkeits-Referendum angekündigt – vor wenigen Tagen ist der christliche Bürgermeister von Alqosh abgesetzt und durch einen pro-kurdischen Vertreter ersetzt worden. Eine Handhabe, die derzeit in mehreren kurdisch-christlichen Orten geschieht.
Beobachter hatten es bereits in den letzten Jahren vermutet: Sobald der IS vertrieben ist, entbrennt der Zwist zwischen der Autonomen Region Kurdistan und dem übrigen Irak. Die Kurden, die grösste ethnische Minderheit in Irak, Syrien und der Türkei, wollen am 25. September über ihre Unabhängigkeit abstimmen.Für die Christen haben dadurch bereits erhebliche Nebengeräusche begonnen. Vor wenigen Tagen wurde der christliche Bürgermeister von Alqosh, einer Stadt mit chaldäisch-christlicher Mehrheit, die auf den biblischen Propheten Nahum zurückgeht, von seinem Amt abgesetzt.
IS überlebt – und nun?
Darin, dass Fayez Abed Jawahreh vom Leiter des Provinzrates von Ninive und Mitglied der Kurdisch-Demokratischen Partei (KDP), Bashar Al-Kekee, abgesetzt worden ist, sehen die Christen den Beweis einer kurdischen Agenda, die Kontrolle der nordirakischen Städte mit christlicher Mehrheit an sich zu reissen. KDP-Mitglied Adel Amin Omar soll nun als Bürgermeister von Alqosh eingesetzt werden.
2014 wurde Alqosh vom IS angegriffen, Jawahreh stellte sich ihnen mit assyrischen Milizen und kurdischer Peschmerga entgegen. Führer der kurdischen Regierung versuchen nun, Christen dazu zu bewegen, das Referendum zu unterstützen. Diese sind jedoch unschlüssig. Ein anderer christlicher Bürgermeister, Basim Ballo von Telkaif, befürchtet, dass er ebenfalls abgesetzt werden könnte. Er spricht davon, dass in ganz Ninive Christen in hohen Positionen aus ihren Ämtern verstossen werden sollen.
«Ein furchtbarer Fehler»
Sowohl sprachlich wie kulturell fühlen sich die Kurden gegenüber dem restlichen Irak eigenständig. Die Autonome Region Kurdistan wurde im Irak 1970 gegründet, um Spannungen abzubauen. Mittlerweile ist das Gebiet mehrheitlich selbstverwaltet, ein irakischer Soldat darf die Region nur mit Erlaubnis betreten. Die Region verfügt über ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung.
Ankara wie Bagdad lehnen das Referendum ab. Der türkische Aussenminister spricht von einem «furchtbaren Fehler» und ein Sprecher der irakischen Regierung sagte, dass keine Partei «allein über das Schicksal des Irak bestimmen kann». In der Türkei wird gefürchtet, dass ein solcher Staat dazu führen würde, dass türkische Kurden – etwa 20 Prozent der Bevölkerung – einen Teil der Türkei ebenfalls abspalten wollen würden.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Die Zeit / Handelsblatt / Open Doors
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