Abiy Ahmed

Äthiopischer Regierungschef erhält Friedensnobelpreis

Der äthiopische Ministerpräsident und evangelische Christ Abiy Ahmed wurde mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ahmed war es gelungen, Frieden mit dem Nachbarland Eritrea zu schliessen.

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Abiy Ahmed
Abiy Ahmed hat etwas geschafft, was während des jahrzehntelangen Konflikts zwischen Äthiopien und Eritrea undenkbar war – einen Friedensvertrag. Daher begründete das norwegische Nobelkomitee seine Entscheidung mit Ahmeds «Bemühungen um Frieden und internationaler Zusammenarbeit und insbesondere für seinen entschlossenen Einsatz zur Lösung des Grenzkonflikts mit dem benachbarten Eritrea». Via Twitter bedankte sich das Büro des reformierten Regierungschefs. Die Auszeichnung sei ein kollektiver Gewinn für die ganze Nation. Man wolle weiterhin gemeinsam als Äthiopier auf der Seite des Friedens stehen.

Gratulationen kamen aus aller Welt. So betonte der deutsche Aussenminister Heiko Maas den Mut und die Weitsicht Abiys. Auch Amnesty International würdigte die Regierung und deren «Einleitung von Menschenrechtsformen».

Tausende Gefangene entlassen

Unter Äthiopiens früheren postkommunistischen Führungen wurde das Land zwar ein enger Verbündeter des Westens. Doch mehrten sich die Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen. Die neue Regierung hat aber bereits Tausende politische Gefangene freigelassen, ins Exil Geflohenen die Heimkehr erlaubt, Terrorvorwürfe gegen prominente Oppositionelle zurückgezogen und den Medien mehr freien Spielraum gewährt.

Den alten Apparatschiks, die noch an vielen Schalthebeln der Macht sitzen, kommt das alles gar nicht gelegen. Nach einem ersten Anschlag im Juni 2018 wurde Mitte November des vergangenen Jahres eine regelrechte Verschwörung gegen den Wunderknaben des äthiopischen Wandels aufgedeckt, den erst 42-jährigen Regierungschef Abiy Ahmed.

Der besondere Revolutionär

Sein Name würde in ganz andere Richtungen weisen: Abiy bedeutet auf amharisch «Revolution». Das war nach dem Sturz von Kaiser Haile Selassie in den 1970er Jahren ein beliebter Vorname, für den sich auch die christliche Mutter und der Muslim-Vater des heutigen Ministerpräsidenten entschieden hatten. Nach islamischem Brauch musste er den Namen seines Vaters tragen und wurde zu dessen Glauben gezählt, bis sich der junge Abiy für das Christentum entschied. Allerdings nicht für dessen äthiopisch-orthodoxe Form, sondern die aufstrebende lutherische Kirche Mekane Yesus, was «Ort Jesu» bedeutet.

Während er eng seinem – früher Galla genannten – Oromo-Volk verbunden blieb, wurde die evangelische Kirche Abiys geistliche Heimat. Als Vermittler zwischen Christen und Muslimen machte er sich bald in seiner Heimatregion Kaffa einen Namen. «Mekane Yesus» bestimmte auch seine religionssoziologischen Studien in London, die er 2017 an der Universität Addis Abeba mit der Doktorarbeit «Sozialer Einsatz und seine Rolle zur Konfliktlösung in Äthiopien: Der Fall interreligiöser Konflikte in der Region Jimma» abschloss. Sofort darauf begann Abiy Ahmed seine politische Laufbahn als Senkrechtstarter.

Abiy gelang auch im Inland, was unmöglich schien

Dabei ist ihm noch etwas gelungen, um das sich Äthiopiens orthodoxer Patriarch Matias seit Jahren vergeblich bemüht hatte: die Wiedervereinigung der äthiopischen Ostchristen. Diese waren seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft gespalten, die in Addis Abeba von 1974 bis zum Mai 1991 gedauert hatte. Der 1988 von Machthaber Mengistu Hail Mariam eingesetzte Patriarch Merkurios war 1992 aus Äthiopien über Kenya in die USA geflohen, ohne zugunsten seines Nachfolgers Abuna Paulos abzudanken. Er baute zu diesem sogar seine eigene Gegenkirche auf, was sich ab 2013 auch unter dem derzeitigen Patriarchen fortsetzte. Keine Versöhnung schien möglich, bis Anfang August der evangelische Aussenseiter Abiye Ahmed eine Lösung fand, die nicht im orthodoxen Kirchenrecht vorgesehen und bisher undenkbar war: In Addis Abeba amtieren heute Seite an Seite zwei Patriarchen für ein und dieselbe Kirche!

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Datum: 11.10.2019
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof / Martin Schlorke
Quelle: Livenet / welt.de / FAZ

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